Bericht aus Berlin

Bericht aus Berlin Sein Herz schlägt für die Bahn Den neuen Vorsitzenden des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur im Bundestag stellt die SPD. Mit Martin Burkert aus Nürnberg tritt ein überzeugter Eisenbahngewerkschafter an. Wenn Martin Burkert über sein persönliches Stimmergebnis bei der Bundestagswahl 2013 spricht, kann der Nürnberger einen gewissen Stolz nicht verbergen. Mit 32,3 Prozent der Erststimmen lag der Sozialdemokrat immerhin knapp sieben Prozent über dem Zweitstimmenergebnis seiner Partei. Dass laut Statistik rund 50 Prozent der Bahn-Mitarbeiter für die CSU gestimmt haben, mag den gelernten Eisenbahner schmerzen, gehöre aber zur politischen Wirklichkeit in Bayern, stellt er nüchtern fest. Als Vorsitzender der bayerischen Landesgruppe seiner Fraktion versucht der umgänglich wirkende Franke der SPD in Bayern Gehör zu verschaffen. Dem neuen Vorsitzenden des Verkehrsausschusses ist unschwer anzumerken, welchem Verkehrsträger seine besondere Sympathie gilt: der Bahn. Was nicht verwundert, denn nach dem qualifizierten Hauptschulabschluss ging der heute 49-Jährige sogleich zur Bundesbahn, war nach dem Grundwehrdienst freigestellter Auszubildendenvertreter und ab 1990 Gewerkschaftsvertreter bei der GdED, wie die Eisenbahnergewerkschaft seinerzeit hieß. Da lag es nahe, dass ihn die SPD-Fraktion mit seinem Eintritt in den Bundestag 2005 sofort zu ihrem Bahnbeauftragten bestimmte. Keine Unterstützung für PKW-Maut Nach seiner Wahl zum Ausschusschef Mitte Januar war für Burkert erst einmal Kontaktpflege angesagt. Den Antrittsbesuch beim neuen Verkehrsminister Alexander Dobrindt hat er schon hinter sich. Der Ex-CSU-Generalsekretär könne nicht nur Wadenbeißer, er beherrsche auch den sachlich-fairen Dialog, berichtet Burkert. Der Austausch der Handy-Nummern mag als vertrauensbildende Maßnahme gelten. Bei allem Pragmatismus kann Dobrindt allerdings nicht auf SPD-Hilfe bei der PKW-Maut für Ausländer hoffen. Burkert hatte öffentlich über Alternativen nachgedacht und überraschend eine streckenbezogene Abgabe ins Gespräch gebracht. Zum Missfallen der Fraktionsspitze: Vizevorsitzender Sören Bartol kanzelte den Vorstoß sogleich als „Einzelmeinung“ ab. Seitdem ist Burkert beim Thema PKW-Maut wortkarg. Man warte auf den Gesetzesentwurf und sei im Übrigen „koalitionstreu“. Burkert lehnt den Lang-LKW ab Kein Hehl macht der Verkehrspolitiker aber aus seiner Ansicht, dass er die im Koalitionsvertrag vereinbarten zusätzlichen fünf Milliarden Euro für die Verkehrsinfrastruktur für zu wenig erachtet. Davon seien 1,5 Milliarden Euro bereits für die dringende Reparatur von Brückenschäden verplant. Die von seinem Parteifreund Kurt Bodewig geleitete Kommission zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur war einstimmig zu der Auffassung gelangt, jährlich seien zusätzlich zu den bisher und auch weiterhin veranschlagten zehn Milliarden weitere gut sieben Milliarden Euro jährlich erforderlich. Burkert hat die Hoffnung auf mehr Geld noch nicht aufgegeben und setzt auf den öffentlichen Druck aus Wirtschaft und Bevölkerung. Dass die von Union und SPD beschlossene Erweiterung – sprich Erhöhung – der LKW-Maut allenfalls am Ende der Wahlperiode Geld in die Bundeskasse spülen wird, weiß Burkert, der dem 41-köpfigen Verkehrsausschuss bereits in der letzten Legislaturperiode angehört hat. Den Beschluss hält er für richtig, da der Verkehrskostenanteil des LKW, der erhebliche Straßenschäden verursache, vergleichsweise gering sei. Den Einsatz von Lang-LKW lehnt Burkert wegen der Problematik bei Kreisverkehren und Bahnschranken ab. Der von der Vorgängerregierung beschlossene bis Ende 2016 laufende Feldversuch werde dennoch abgeschlossen, befindet er pragmatisch. Der kleinen Opposition aus Bündnis 90/Die Grünen und Linkspartei hat der neue Ausschussvorsitzende ein kollegiales Miteinander zugesagt. ❙❚■ Jörg Kürschner, VR-Korrespondent in Berlin Die Laufbahn Martin Burkert firmiert als Gewerkschaftssekretär im Handbuch des Bundestages. Er wurde am 14. Oktober 1964 in Würzburg geboren, ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Nach dem Hauptschulabschluss ging Burkert zur Bundesbahn, schlug die mittlere nichttechnische Beamtenlaufbahn ein und fand 1990 zur Gewerkschaft, in der er verschiedene Funktionen innehatte. Die Verbindung mit der Bahn drückt sich aus auch in Mitgliedschaften im Nürnberger Eisenbahnerverein 1903, im ESV-Nürnberg-Rangierbahnhof, im Zugführer- und Schaffnerverein sowie im Bahnsozialwerk. Burkert gehört der SPD seit 1985 an, 2005 wurde er erstmals in den Bundestag gewählt. Seit Mitte Januar ist Burkert Vorsitzender des „Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur“. jök