Bericht aus Berlin

Bericht aus BerlinBürger mehr beteiligenÖffentlicher Dialog bei Großprojekten: Nach der SPD hat nun auch die Regierung Vorschläge für eine frühe Einbeziehung der Bürger gemacht.Das Bundesinnenministerium will die Planungen für große Bauvorhaben beschleunigen, ohne die Mitspracherechte von Bürgern zu beschneiden. Die Behörden sollen Antragsteller vor offiziellen Planfeststellungsverfahren dazu bewegen, freiwillig die Öffentlichkeit über Planungen und mögliche Auswirkungen zu informieren. Das geht aus einem Gesetzentwurf hervor, der noch im Januar in die Ressortabstimmung gehen soll, hieß es aus dem Innenministerium. Der Entwurf soll bis Ende März im Kabinett behandelt werden. Langwierige Klagen vermeidenEin erster Gesetzentwurf war vor einigen Monaten in der Ressortabstimmung wegen einer umstrittenen Passage gescheitert, nach der die öffentliche Erörterung im Planfeststellungsverfahren unter bestimmten Umständen wegfallen konnte. Vor dem Hintergrund der Bürgerproteste gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 und den Ausbau des Frankfurter Flughafens stieß die Passage auf große Kritik. Im neuen Gesetzentwurf werde diese Überlegung, den Erörterungstermin nicht mehr zwingend vorzuschreiben, nicht weiter verfolgt, hieß es jetzt. Mit dem neuen Gesetzentwurf hofft die Koalition, dass bereits vor dem offiziellen Planfeststellungsverfahren Knackpunkte eines Projektes bekannt werden und Bauherren frühzeitig reagieren können. Das Innenministerium erwartet ein schnelleres Planfeststellungsverfahren, weil langwierige Klagen vermieden werden könnten. Die bisher verankerten Rechte von betroffenen Bürgern im Verfahren würden mit der Gesetzesänderung aber nicht angetastet. Die Wirtschaft fordert seit Langem schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland. Besonders beim Neubau von bis zu rund 4450 Kilometern neuen Stromautobahnen dringt auch der Bund auf schnellere Verfahren. Sonst sei der Umbau der Energiewirtschaft auf eine weitgehende Versorgung mit erneuerbaren Energien nicht zu schaffen. Schon jetzt müssen häufiger Windparks zwangsweise abgeschaltet werden, weil die Leitungen überlastet sind und sonst zusammenbrechen könnten.Im vergangenen Herbst hatte bereits die SPD-Bundestagsfraktion ein Konzept für bessere Bürgerbeteiligung vorgelegt. Vor diesem Hintergrund sah sich der verkehrspolitische Sprecher der Fraktion, Sören Bartol, veranlasst, Verkehrs-Staatssekretär Klaus-Dieter Scheurle zu kritisieren. Dieser hatte letzte Woche die Veröffentlichung des Gutachtens zur Lärmbewertung des Hauptstadtflughafens Berlin-Schönefeld zunächst verhindert. Scheuerle hatte später eingeräumt, er habe das Umweltbundesamt (UBA) gebeten, die Untersuchung nicht auf einer Pressekonferenz zu veröffentlichen. Vorwurf: Lärmgutachten unterdrücktSeine Entscheidung hatte er damit begründet, dass keine Bundesbehörde vor Bekanntgabe der Flugrouten durch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung Inhalte aus dem Gutachten bekannt geben sollte. Er hatte dem Vorwurf widersprochen, er habe etwas unterdrücken wollen.„Ankündigungen von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer für mehr Transparenz bei Großprojekten sind offenbar ein leeres Versprechen“, reagierte Bartol. Zusammen mit den Grünen beantragte er für vergangenen Mittwoch die Befassung des Verkehrsausschusses des Bundestages mit dem Fluglärmgutachten. Zugleich verlangte er die Teilnahme Scheurles und eine schriftliche Stellungnahme der Bundesregierung. Bartols Grünen-Kollege Stephan Kühn nannte Scheurles Verhalten „skandalös“ und forderte eine bundesweite Regelung, die die Nachtruhe zwischen 22 und 6 Uhr sicherstellt. ❙❚■ Jörg Kürschner, VR-Korrespondent in BerlinBerliner Bürger demonstrieren für ein Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr am neuen Hauptstadtflughafen Schönefeld

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