Stuttgart. Nach jahrelanger Verzögerung hat die Deutsche Bahn mit dem Bau am umstrittenen Tiefbahnhof Stuttgart 21 begonnen. Die zentrale Etappe des Milliarden-Projektes wurde am Dienstag von Protesten im Schlossgarten begleitet. Der Bahnhof mit unterirdischen Gleisen soll 2021 in Betrieb gehen, noch fehlen jedoch mehrere Genehmigungen etwa für den Brandschutz. Das Jahr 2015 sei „die Deadline für den Zeitplan“, sagte Projektsprecher Wolfgang Dietrich am Dienstagmorgen in Stuttgart. Auf eine offizielle Feier oder einen Spatenstich verzichtete die Bahn.
Bagger begannen am Dienstag damit, die Baugrube auszuheben. Projektsprecher Dietrich sagte, notwendige Vorarbeiten seien geleistet, jetzt könne der Trog für den Bahnhofsbau gegraben werden.
„Wo gebaut werden kann, ist die Bahn im Zeitplan.“ Laufe es im Sinne der Bahn, könne der Tiefbahnhof „selbstverständlich“ Ende 2021 starten. Das Projekt hatte sich wegen Planungsproblemen, politischer Querelen und einer Volksabstimmung nach massiven Protesten verzögert.
Das Projekt inklusive eines Systems mit Tunneln soll laut Bahn maximal 6,5 Milliarden Euro kosten, eine daran anschließende Neubaustrecke bis Ulm weitere 3,3 Milliarden. Im Schlossgarten, wo jetzt die Baugrube entsteht, war vor vier Jahren der Protest gegen das Großprojekt eskaliert. Bei einem Polizeieinsatz mit Wasserwerfer hatte es im Herbst 2010 laut Innenministerium mehr als 160 Verletzte gegeben.
Ausstehende Genehmigungen gefährden den Zeitplan
Ausstehende Genehmigungen könnten den Zeitplan des Milliardenprojekts Stuttgart 21 noch ins Wanken bringen. Bis zum Jahr 2015 müssten sowohl die von der Bahn beantragte Verdopplung der Grundwasserentnahme im Schlossgarten als auch das Brandschutzkonzept für den umstrittenen Tiefbahnhof genehmigt sein. Das Konzept muss überarbeitet werden und braucht die Zustimmung des Eisenbahn-Bundesamtes.
Hunderte Menschen protestierten am Dienstagmorgen mit Transparenten direkt am Bauzaun gegen den Tiefbahnhof. Die Polizei sprach von rund 500 Demonstranten. Bereits mehr als vier Jahre gibt es Proteste in der Innenstadt - inzwischen sind es mehr als 230 Montagsdemos. Die Demonstranten befürchten unter anderem eine Kostenexplosion und eine Gefahr für die Mineralwasservorkommen im Stuttgarter Talkessel. Aber auch politisch bleibt das Projekt umstritten. Vertreter der grün geführten Landesregierung äußerten sich am Dienstag nicht.
Die insgesamt 900 Meter lange Baugrube ist in mehrere Abschnitte unterteilt. Der Tiefbahnhof des Düsseldorfer Architekten Christoph Ingenhoven soll vier Bahnsteige und acht Gleise haben. Geplant sind große Lichtschächte mit überdimensionalen Bullaugen. Die Baugrube direkt am bestehenden Bahnhof wird 16 Meter tief sein, der künftige Bahnhof wird sechs Meter in die Höhe gebaut und wie ein Deich mit Erde überschüttet.
Die Auseinandersetzungen um das Projekt wird mit dem Baustart nicht zu Ende gehen. Der Einsatz von Wasserwerfen gegen die Demonstranten beschäftigt heute noch einen Untersuchungsausschuss und auch das Landgericht. Im Landtag geht es um eine mögliche Einflussnahme der damaligen CDU/FDP-Regierung um Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) auf die Polizei. Vor dem Landgericht müssen sich zwei leitende Polizisten verantworten, die damals im Schlossgarten Dienst taten. (dpa)