Brüssel. Die EU-Verkehrsminister haben sich auf ihrem Treffen in Luxemburg auf neue Regeln für die Ausstellung von Sicherheits-Zertifikaten für Bahnunternehmen geeinigt. Künftig soll die Europäische Eisenbahnagentur (ERA) ein EU-Zertifikat ausstellen können, das in allen EU-Mitgliedsländern anerkannt wird. Zurzeit muss ein Bahnunternehmen in jedem Mitgliedsland das national gültige Sicherheitszertifikat erwerben. Unternehmen, die nur in einem EU-Land aktiv sind, sollen künftig zwischen einer Zertifizierung durch die ERA oder die nationale Behörde entscheiden können.
In diesem „dualen System“, wie die Verkehrsminister die Aufgabenverteilung zwischen ERA und nationalen Stellen nennen, bleiben zentrale Aufgaben wie Überwachung der Einhaltung aktueller Standards oder zeitlich begrenzte Sicherheitsmaßnahmen weiter in der Hand der nationalen Behörden. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, alle Kompetenzen bei ERA zu zentralisieren. Aus Sicht der Kommission wäre das Teil der Schaffung eines einheitlichen Europäischen Eisenbahnraums gewesen, den sie mit dem so genannten vierten Eisenbahnpaket erreichen möchte. Die Überarbeitung der Sicherheitsrichtlinie ist ein Teil dieses Paketes. Es muss gleichberechtigt vom EU-Ministerrat und dem EU-Parlament verabschiedet werden.
Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Michael Cramer (Grüne), kündigte den Widerstand der Abgeordneten gegen dieses „duale System“ an. „Der Vorschlag des Rates stößt im Europäischen Parlament auf breiten Widerstand“, schreibt Cramer in einer Pressemitteilung. Die Minister seien auf halbem Wege stehen geblieben, indem sie weiterhin entscheidende Kompetenzen in den Händen nationaler Behörden lassen wollen. Das würde das Zusammenwachsen des europäischen Eisenbahnraumes auf Jahre hinaus ausbremsen.
Verhalten ist die Reaktion des europäischen Eisenbahnverbandes CER. Zwar wertet Generalsekretär Libor Lochman die Kompetenzerweiterung von ERA als „einen bedeutenden Schritt hin zu einem einheitlichen europäischen Eisenbahnraum“. Aber er bedauert, dass die EU-Minister das Inkrafttreten der Vorschrift hinauszögern würden, indem die neuen Regeln erst fünf Jahre nach ihrer Verabschiedung gültig werden sollen.
Im Verkehrsausschuss des EU-Parlaments wird am kommenden Montag über das gesamte vierte Eisenbahnpaket diskutiert. Zu Abstimmungen im Ausschuss und anschließend im Plenum wird es voraussichtlich Anfang nächsten Jahres kommen. Erst danach kann eine gemeinsame Einigung mit der Position der EU-Verkehrsminister ausgehandelt werden. (kw)