AwSV

AwSV Oh Schreck, ein Leck! Mit der AwSV sind nicht nur umfangreiche Dokumentations- und Prüfpflichten verbunden, sondern auch Nachrüstkosten. Unternehmen sollten die neue Bundesverordnung zum Anlass nehmen, zu prüfen, ob sie beim Umschlag wassergefährdender Stoffe alles richtig machen. Ein Fass schlägt Leck, ein Kontrolleur schlägt auf und der Spediteur schlägt die Hände über dem Kopf zusammen: ein Szenario mit Seltenheitswert. Denn die unteren Wasserbehörden der Bundesländer haben Umschlaganlagen derzeit kaum im Visier. Durch die neue Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) könnten Speditionen wieder stärker in den Fokus der Behörden rücken. Voraussichtlich zum 1. September 2014 gelten überall in Deutschland dieselben wasserrechtlichen Regelungen. Die bisherigen Landesverordnungen übernimmt der Bund weitestgehend und vereinheitlicht sie. Dabei kommt der eine oder andere Punkt hinzu und manche Vorgaben ändern sich. Damit die AwSV in Kraft treten kann, muss der Bundesrat zwar noch zustimmen. Spediteure sollten sich trotzdem frühzeitig mit den technischen und organisatorischen Anforderungen vertraut machen. Die folgenden Vorschriften gelten für speditionelle Umschlaganlagen außerhalb von Schutz- oder Überschwemmungsgebieten, in denen regelmäßig Behälter und Verpackungen mit einem Volumen über 220 Liter beziehungsweise 200 Kilogramm von einem Transportmittel auf das andere verladen werden. Betreiber muss Stoffe einstufen Grundvoraussetzung, um die AwSV umsetzen zu können, ist die Einstufung der Stoffe und Gemische, mit denen ein Betreiber in einer Anlage umgeht. Die Einordnung als nicht wassergefährdend oder in als wassergefährdend hat jeder Spediteur eigenverantwortlich durchzuführen und zu dokumentieren. Das ist heute schon der Fall. Abgesehen von namentlichen Anpassungen bleibt es bei drei Wassergefährdungsklassen (WGK): „schwach“, „deutlich“ und „stark“ wassergefährdend heißen sie. Neben den Gemischen und Stoffen, die als nicht wassergefährdend im Bundesanzeiger veröffentlicht worden sind, sollen auch diejenigen festen Gemische als „nicht wassergefährdend“ gelten, bei denen aufgrund ihrer Herkunft oder ihrer Zusammensetzung keine Wasserverschmutzung zu befürchten ist (Gesteine, Böden, Sägespäne, Verpackungskunststoffe, Glas, Papier). Zudem wird mit der AwSV die Kategorie „allgemein wassergefährdend“ eingeführt für Stoffe und Gemische, bei denen eine Einstufung in Wassergefährdungsklassen aufwendig und schwierig wäre. Darunter fallen zum Beispiel feste Abfälle. Die korrekte Selbsteinstufung ist für Betreiber von Umschlaganlagen in der Regel nicht möglich, weil aus den Frachtpapieren die Wassergefährdungsklassen der Güter nicht hervorgehen und anhand der Versandstückkennzeichnung man diese auch nicht erkennt. Deshalb muss der Spediteur immer von der höchsten Wassergefährdungsklasse (WGK 3) ausgehen, wenn er nicht nur gelegentlich Gebinde mit wassergefährdenden Stoffen umschlägt. Umweltbundesamt prüft Einstufung Einstufungen von Stoffen muss der Betreiber der Anlage wie gehabt dem Umweltbundesamt melden. Die Beamten überprüfen dessen Dokumentation auf Vollständigkeit und Plausibilität. Das Umweltbundesamt kontrolliert darüber hinaus stichprobenhaft, ob die Selbsteinstufung des Unternehmens tatsächlich stimmt. Den Nachweis der Einstufungen von Gemischen muss man dagegen der regional zuständigen Behörde (untere Wasserbehörde) im Rahmen einer Anlagenzulassung oder auf behördliches Verlangen im Rahmen der Anlagenüberwachung vorlegen. Bei bestehenden Umschlaganlagen müssen Spediteure die Dokumentation der Einstufung der Stoffe und Gemische unverzüglich nachholen. Die Wassergefährdungsklassen bilden später die Grundlage für eine risikoadäquate sicherheitstechnische Ausrüstung der Anlage. Betreiber haben Anlagen dafür einer Gefährdungsstufe zuzuordnen. Bei flüssigen Stoffen ist das für die jeweilige Anlage maßgebende Volumen zugrunde zu legen, bei gasförmigen und festen Stoffen die maßgebende Masse (siehe Tabelle unten). Bei Anlagen zum Umladen wassergefährdender Stoffe in Behältern oder Verpackungen von einem Transportmittel entspricht das maßgebende Volumen oder die maßgebende Masse der größten Umladeeinheit, für die die Anlage ausgelegt ist. Bei Anlagen, in denen Betreiber gleichzeitig mit Stoffen unterschiedlicher Wassergefährdungsklassen umgehen, sind die Stoffe der höchsten Wassergefährdungsklasse maßgebend, sofern der Anteil dieser Stoffe mehr als drei Prozent des Gesamtinhalts der Anlage beträgt. Unterhalb dieses Prozentsatzes ist die nächstniedrigere Wassergefährdungsklasse entscheidend. Anlage ist rechtzeitig anzumelden Bis auf wenige Ausnahmen muss jeder, der eine prüfpflichtige Anlage errichten, eine bestehende Anlage wesentlich ändern oder Maßnahmen durchführen möchte, die zu einer Veränderung der Gefährdungsstufe der Anlage führen, künftig sein Vorhaben bei der zuständigen Behörde anzeigen. Dies muss mindestens sechs Wochen vorher und schriftlich passieren. Experten zufolge gehören in die Anzeige Angaben zum Betreiber, zum Standort und zur Abgrenzung der Anlage, zu den wassergefährdenden Stoffen in der Anlage und zu bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweisen. Zudem soll daraus hervorgehen, welche technischen und organisatorischen Maßnahmen, die für die Anlagensicherheit wichtig sind, vorgesehen sind. Für manche Bundesländer ist die Anzeigepflicht neu: In Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gibt es sie bisher nicht. Bestehende, anzeigebedürftige Anlagen sind mit Inkrafttreten der Bundesverordnung unverzüglich anzuzeigen, wenn sie der Behörde nicht schon bekannt sind. Anzeigepflichtig ist auch ein Betreiberwechsel. Unternehmen benötigen diverse Belege Weiterhin sieht die Bundesverordnung vor, dass Anlagenbetreiber eine Betriebsanweisung inklusive eines Überwachungs-, Instandhaltungs- und Notfallplans sowie festgelegte Sofortmaßnahmen zur Gefahrenabwehr vorhalten müssen, anhand derer das Betriebspersonal mindestens einmal pro Jahr unterwiesen wird. Mit der Festlegung der Sofortmaßnahmen sind in der Regel die Anschaffung einer mobilen Auffangwanne, Absorbermaterial, Kanalabdeckungen und Leckagematerial zum Erstabdichten undichter Versandstücke verbunden. Der Spediteur muss zudem über eine Anlagendokumentation verfügen, die die wichtigsten Informationen zur Anlage enthält. Das sind vor allem Angaben zum Aufbau und zur Abgrenzung der Anlage, zu den eingesetzten Stoffen, zur Bauart und zu den Werkstoffen der einzelnen Anlagenteile, zu Sicherheitseinrichtungen und Schutzvorkehrungen, zur Löschwasserrückhaltung und zur Standsicherheit. Ist die Anlage prüfpflichtig, hat der Betreiber neben der Dokumentation noch Unterlagen bereitzuhalten, die für die Prüfung der Anlage und für die Durchführung fachbetriebspflichtiger Tätigkeiten notwendig sind. Dazu zählen vor allem die Eignungsfeststellung, bauaufsichtliche Verwendbarkeitsnachweise und der letzte Prüfbericht. Diese Unterlagen muss er der zuständigen Behörde, Sachverständigen und Fachbetrieben auf Verlangen vorlegen. Intervalle für die Anlagenprüfung Wie gehabt, hat der Betreiber die Dichtheit der Anlage und die Funktionsfähigkeit der Sicherheitseinrichtungen regelmäßig zu kontrollieren. Die zuständige Behörde kann im Einzelfall anordnen, dass der Betreiber einen Überwachungsvertrag mit einem Fachbetrieb abschließt, wenn er selbst nicht die erforderliche Sachkunde besitzt und nicht über sachkundiges Personal verfügt. Analog zu den Landesverordnungen regelt die AwSV, welche Anlagen ein Betreiber in welchen Abständen von einem externen Sachverständigen prüfen zu lassen hat. Die Prüfverpflichtung besteht demnach vor Inbetriebnahme, nach einer wesentlichen Änderung der Anlage, bei der Stilllegung sowie bei bestimmten Anlagen in wiederkehrenden Abständen. Die Intervalle einer Sachverständigenprüfung ergeben sich wie gewohnt nach dem Grad der Gewässergefährdung (siehe Tabelle unten). Neu aufgenommen werden mussten unter anderem Anforderungen für Anlagen des intermodalen Verkehrs, da diese sich nicht in Gefährdungsstufen einstufen lassen. Für deren Betreiber ist die Tonnage maßgeblich. Wer mehr als 100 Tonnen wassergefährdende Stoffe pro Arbeitstag umschlägt, der unterliegt der Prüfpflicht durch einen externen Sachverständigen. Nachprüfung nach einem Betriebsjahr Zudem müssen künftig Abfüll- und Umschlaganlagen der Gefährdungsstufe B regelmäßig geprüft werden (alle zehn Jahre). Abfüll- und Umschlaganlagen der Gefährdungsstufe C und D sind laut AwSV alle fünf Jahren unter die Lupe zu nehmen. Ausdrücklich festgelegt worden sind aus Sicherheitsgründen nach Auskunft des Experten darüber hinaus zusätzliche Nachprüfungen der Abfüll- und Umschlagsflächen nach einjähriger Betriebszeit. Als weiterer Baustein der Sicherheitsphilosophie dürfen sicherheitstechnisch bedeutsame Arbeiten (Innenreinigung, Instandsetzung, Stilllegung) an Anlagen zum Umgang mit flüssigen wassergefährdenden Stoffen weiterhin nur von Fachbetrieben durchgeführt werden, die entweder von den Sachverständigenorganisationen oder von Güte- und Überwachungsgemeinschaften überwacht werden. „Die Erfahrungen zeigen, dass viele Betreiber, insbesondere in mittelständischen Betrieben, nicht unbedingt selbst über die entsprechenden Kenntnisse verfügen, aber trotzdem eigenständig tätig werden“, so die Begründung im AwSV-Entwurf, der derzeit im Umweltausschuss des Bundesrates zur Abstimmung liegt. Fachbetriebspflichtig sind unter anderem oberirdische Anlagen der Gefährdungsstufen C und D sowie Umschlaganlagen des intermodalen Verkehrs. Rückhaltung von Löschwasser gefordert Grundsätzlich müssen Anlagen so geplant und errichtet werden, beschaffen sein und betrieben werden, dass wassergefährdende Stoffe nicht austreten können. Falls dennoch etwas schief geht, muss der Betreiber diese auf geeignete Weise zurückhalten können. Dazu sind die Anlagen mit einer flüssigkeitsundurchlässigen Rückhalteeinrichtung ohne Abläufe auszurüsten. Bei Umschlaganlagen muss das Rückhaltevolumen laut AwSV dem Volumen entsprechen, das aus der größten Umschlageinheit, in der sich wassergefährdende Stoffe befinden, freigesetzt werden kann. Für ein 1000 -Liter-Fass genügt zum Beispiel eine entsprechend dimensionierte Auffangwanne. Wirklicher Nachrüstbedarf besteht nur bezüglich der Rückhaltung von Löschwasser bei Brandereignissen. Löschwasser, durch eine automatische Anlage oder die Feuerwehr ausgebracht, muss ein Unternehmen, dass wassergefährdende Stoffe im größeren Umfang lagert oder umschlägt, künftig zurückhalten können. Speditionen kann die Abdichtung aller Tore und Türen daher teuer zu stehen kommen. Eine Bestandanlage muss man aber nur auf besondere Anordnung der Behörden nachrüsten. Bei Verstößen drohen Bußgelder Die meisten Anforderungen, die die AwSV stellt, bestehen heute schon. Die Bundesverordnung ist nach Experteneinschätzung für viele Anlagenbetreiber vor allem ein Anlass, sich ihrer Pflichten zu erinnern und möglichen Handlungsbedarf zu identifizieren, um das versicherungstechnische Haftungsrisiko zu begrenzen und zu verhindern, dass sie wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt werden. Denn wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Vorschriften der AwSV verstößt, muss mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro rechnen. Einzelne Spediteure haben es Sachverständigen zufolge mit dem Wasserrecht in der Vergangenheit mangels Kontrollen nicht so genau genommen. Diesen Betriebe sollten schleunigst nachbessern. Denn der materielle und bürokratische Aufwand wird mit Inkrafttreten der AwSV nicht weniger. ❙❚■ André Gieße Die Serie Das Wichtigste zur AwSV Die neue Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen hat einige Änderungen zur Folge VR 12: Für wen die AwSV künftig gilt und wo sie Anwendung findet VR 13: Welche Anforderung und Pflichten sich für Betriebe aus der AwSV ergeben Ausnahme: KV-Terminals Sonderregel für intermodalen Verkehr Betreiber einer Umschlaganlage im Kombinierten Verkehr (KV) müssen die flüssigen oder gasförmigen Gemische, die sie umladen, nicht einstufen. Denn ihnen gelingt vor allem beim Umschlagen von Containern in der Regel nur die Gefahrguteinstufung, nicht aber eine Einstufung in Wassergefährdungsklassen. Damit können die Gefährdungsstufen nicht abgeleitet werden. Zur genauen Einstufung in Wassergefährdungsklassen müssten die Betreiber die Container öffnen, was nicht erlaubt ist, oder nähere Daten über die Fracht beziehungsweise den Absender ermitteln, was aufwendig wäre. Zur Entscheidung über die Wassergefährdung kann man laut AwSV auf die gefahrgutrechtliche Kennzeichnung abheben. ag Gefährdungsstufen von Anlagen Ermittlung der Gefährdungsstufen Wassergefährdungsklasse (WGK) Volumen in Kubikmetern (m3) oder/bzw. Masse in Tonnen (t) 1 2 3 ≤ 0,22 oder 0,2 Stufe A Stufe A Stufe A > 0,22 oder 0,2 ≤ 1 Stufe A Stufe A Stufe B > 1 ≤ 10 Stufe A Stufe B Stufe C > 10 ≤ 100 Stufe A Stufe C Stufe D > 100 ≤ 1 000 Stufe B Stufe D Stufe D > 1 000 Stufe C Stufe D Stufe D Quelle: AwSV

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