Berlin. Audi, BMW und Daimler wollen den für fast drei Milliarden Euro gekauften Nokia-Kartendienst Here für Konkurrenten offenhalten und auch außerhalb der Autoindustrie vermarkten. Here solle ein Service werden, „der weiß, was wo im konkreten Augenblick passiert”, sagte Audi-Chef Rupert Stadler am Montag in Berlin. Die drei Autokonzerne erwägen auch, Daten von Sensoren aus ihren vernetzten Fahrzeugen in Here einfließen zu lassen. Dabei sollen die Kunden um Erlaubnis gefragt werden.
Here soll die Autobauer in die Lage versetzen, mit hochpräzisen Daten auch selbstfahrende Fahrzeuge zu navigieren. Herkömmliche Navigationskarten für Autos sind bis auf wenige Meter genau, Hochpräzisionskarten für autonome Fahrzeuge stellen die Umgebung dagegen zentimetergenau dar. Die Here-Karten sollen genug Umgebungs-Informationen enthalten, damit ein Auto seine exakte Position auch ohne GPS-Satellitensignal feststellen kann. Diese Qualität hätten bereits einige Karten, mit denen selbstfahrende Fahrzeuge in den USA, Deutschland, Frankreich und Japan getestet würden, sagte Stadler.
Weltweit agierender Kartendienst
Nokias Here war eine seltene Gelegenheit, einen weltweit agierenden Kartendienst zu kaufen. Der Preis für das Unternehmen mit über 6000 Mitarbeitern erreichte in einer Auktion 2,8 Milliarden Euro. Die drei Partner halten jeweils ein Drittel der Anteile und wollen klar zwischen ihren Rollen als Investoren und Here-Kunden trennen. Auch die Konkurrenten der drei Eigentümer werden weiterhin als Kunden bedient, wie Here-Chef Sean Fernback unterstrich. Here werde unabhängig agieren.
Mit dem chinesischen Internet-Riesen Baidu, der sich zunächst gegen einen Einstieg bei Here entschied, gebe es noch Gespräche, sagte Fernback. „Wir haben Optionen in China.”
Unabhängigkeit von Google und TomTom
Die drei Autobauer sicherten sich mit Here mehr Unabhängigkeit von den wenigen anderen großen Karten-Anbietern wie Google oder TomTom. Das ist besonders wichtig, da Google seit Jahren auch ein führender Entwickler selbstfahrender Autos ist. Digitale Karten gelten als ein Schlüsselelement für das autonome Fahren. Der Kauf von Here sei eine beispiellose Kooperation von Rivalen, betonte Stadler. Here sei bereits profitabel, und die Autobauer erwarteten auch in Zukunft Rendite.
Bei den vernetzten Autos der drei Hersteller ginge es um eine Größenordnung von bereits zwei Millionen Fahrzeugen. Mit den anonymisierten Daten können in den Karten zum Beispiel die aktuelle Verkehrslage oder der Zustand der Straßen berücksichtigt werden. Dabei ist eine breite Datenbasis besonders wichtig: Je mehr Informationen in das System einfließen, desto präziser funktioniert es. BMW-Entwicklungschef Klaus Fröhlich betonte zugleich, man sammele Daten aus den Fahrzeugen, aber nicht über die Fahrer. Here hatte bereits vor der Übernahme eine Initiative für einen internationalen Standard für Fahrzeugdaten angestoßen. (dpa)