Hannover. Für die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen bleibt die Verkehrspolitik ein schwieriger Kompromiss: Zwar steht die SPD hinter dem von Wirtschaft und Logistik geforderten Autobahnausbau, die Grünen aber sind gegen neue Trassen durch die Natur. Seit dem Regierungswechsel vor einem knappen Jahr wird daher aus Hannover leiser als früher nach dem Bau der Küstenautobahn A 20 sowie der A 39 durch die Lüneburger Heide gerufen.
CDU und FDP wollen der Regierung deshalb in der Landtagssitzung an diesem Donnerstag mit gleich vier Anträgen zur Verkehrspolitik Druck machen. Die Projekte seien gut auf Kurs, jede Unterstützung der Fraktionen hochwillkommen, kontert Verkehrsminister Olaf Lies (SPD). „Wir haben alle Projekte mit gleicher Dynamik fortgesetzt und bringen sie mit hoher Kraft voran.”
Die CDU moniert in ihrem Antrag mit dem Titel „"Ja" zum Ausbau der niedersächsischen Verkehrsinfrastruktur - "Nein" zur Verkehrspolitik von Rot-Grün in Niedersachsen!”, dass die SPD in ihrem Regierungsprogramm eine ordentliche Verkehrserschließung aller Regionen versprochen, im Bündnis mit den Grünen dann aber Planungsmittel für die A20 und A39 gekürzt habe. Damit riskiere Niedersachsen mehrjährige Verzögerungen beim Bau der wichtigen Autobahnprojekte. Insbesondere dem Bau der A39 greift die FDP in einem weiteren Antrag auf. Wichtig seien die neuen Asphalttrassen, um Niedersachsens Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, argumentiert die CDU in einem weiteren Antrag zur Stärkung des Logistikstandorts Niedersachsen.
12 Prozent aller Beschäftigten in Niedersachen arbeiten im Transport- und Logistikbereich
260.000 Menschen - rund 12 Prozent aller Beschäftigten im Land - arbeiteten im Logistik- und Transportbereich. Damit die Branche weiter floriert, seien neben neuen Autobahnen auch mehr LKW-Stellplätze, eine Stärkung des kombinierten Verkehrs auf Straße und Schiene und neue Fahrzeugkonzepte wie etwa der besonders lange LKW nötig. Diesen hat die FDP einen separaten Antrag gewidmet, in dem sie die Regierung aufruft, ihre kritische Position zu den Lang-LKW zu überdenken. Unfallfrei und unauffällig seien die Fahrzeuge auf Testverbindungen unterwegs und könnten das Verkehrsaufkommen und den Schadstoffausstoß reduzieren.
„Laut rufen alleine reicht nicht”, hält Lies der Oppositionskritik entgegen. Vielmehr habe er durch seine Teilnahme an den Verhandlungen zur großen Koalition in Berlin erreicht, dass Verkehrsprojekte künftig anders bewertet werden, nicht als Punkt-zu-Punkt-Verbindung sondern nach ihrem Nutzen für das gesamte Netz. „Wir haben gute Karten, dass die Bedeutung unserer Verbindungen steigt”, sagt Lies mit Blick auf die A20, die Polen mit Holland verbinden soll sowie die A39, die neben der Heide auch Ostdeutschland an Hamburg anbindet. „Ich bin sicher, dass sich die Interessen Niedersachsens deutlich besser wiederfinden können als vorher.”
Inwieweit sich dies bewahrheitet, wird sich während der Landtagsdebatte in dieser Woche noch kaum beurteilen lassen. Das neu formierte Bundesverkehrsministerium hat die Arbeit gerade erst aufgenommen, ein neuer Bundesverkehrswegeplan ist noch in Arbeit. Rot-Grün kann die Diskussion um Autobahntrassen derzeit daher kaum spalten, als Streitthema dient die Verkehrspolitik zunächst wohl nur Opposition und Regierung. (dpa)