Anwalt gibt Tipps für A1-Brücken-Opfer

Bei dem Gelsenkirchener Verkehrs-Anwalt Arndt Kempgens steht das Telefon nicht mehr still. Seitdem die Städte Köln und Leverkusen vor gut einem Monat die Bußgelder für Lkw-Fahrer reduziert haben, die trotz Verbots in oder durch die Schrankenanlage auf der A-1-Rheinbrücke gefahren sind, melden sich immer mehr Betroffene. Auslöser ist ein Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Köln, den Kempgens bereits am 1. Februar für einen seiner Mandanten erwirkt hat. Strafen für Lkw-Fahrer sind überzogen Seit 2014 ist die Rheinbrücke Leverkusen auf der Autobahn 1 wegen massiver Schäden dauerhaft für Lastwagen mit einem Gewicht von mehr als 3,5 Tonnen gesperrt. Weil sich viele Fahrer nicht an das Durchfahrtverbot gehalten haben, war die Strafe im Oktober 2017 deutlich von 150 Euro auf mindestens 500 Euro plus zwei Monate Fahrverbot verschärft worden. "Das fällt völlig aus dem Rahmen und ist für manche existenzbedrohend", sagt Kempgens. Zum Vergleich: Würden etwa Autofahrer alkoholisiert mit unter 1,1 Promille erwischt, drohten nur 500 Euro und ein Monat. Auch das OLG Köln hielt diese Strafen für unverhältnismäßig, woraufhin die Städte Köln und Leverkusen ihre Bußgelder wieder auf 150 Euro senken und auf Fahrverbote verzichten mussten. Begründung: Es sei nicht eindeutig, ob in dem Moment, in dem man die Warnbaken und Schwellen vor der A-1-Brücke erkennen kann, noch die Möglichkeit bestehe, die Brückenauffahrt zu verlassen. Die Lkw-Fahrer hätten anschließend keine Chance, sich korrekt zu verhalten. Sie müssen entweder in die Schrankenanlage oder sie überfahren eine durchgezogene Linie - beides rechtswidrig. Laut dem Landesbetrieb für Straßenbau in NRW fahren täglich Hunderte Lkw in die fünf Kontrollstellen der Leverkusener A-1-Rheinbrücke. Der jüngste Beschluss des OLG Köln wühlt nicht nur schätzungsweise rund 3400 Lkw-Fahrer in ganz Deutschland auf, die gegen das Durchfahrtsverbot vor Ort verstoßen und Post erhalten haben, sondern auch deren Chefs. Seit dem 1. März 2019 gibt es zwar geringere Geldbußen und keine Fahrverbote mehr. Aber diejenigen, die noch die alte, zu hohe Strafe zugestellt bekommen haben, sollen in diesen Tagen trotzdem den Führerschein abgeben. Angesichts des Fahrermangels können Güterverkehrsunternehmer diese personellen Ausfälle kaum verkraften. Diese rechtlichen Schritte sind möglich Eine Sprecherin der Stadt Köln sagte nach der Gerichtsentscheidung, dass alle noch nicht rechtskräftigen Bußgeldbescheide geändert werden. Genauso geht die Stadt Leverkusen vor, die dazu von der Staatsanwaltschaft Köln aufgefordert wurde. Das heißt: Lkw-Fahrer, bei denen die zweiwöchige Einspruchsfrist noch nicht abgelaufen war, erhalten den Betrag zurück, der über die zulässigen 150 Euro hinausgeht. Zudem droht ihnen kein Fahrverbot mehr. Relativ glimpflich geht die Sache auch für diejenigen aus, die einem Bußgeldbescheid aus Köln oder Leverkusen widersprochen oder sich mithilfe eines Anwalts sogar gerichtlich gewehrt hatten. "Die Schrankenanlage hatte auch bei uns zu zahlreichen Verfahren geführt", berichtet Kempgens. Diese Lkw-Fahrer erwartet ebenfalls das abgemilderte Strafmaß. Doch nicht alle profitieren automatisch von den Korrekturen, die von oben angeordnet worden sind: Lkw-Fahrer, die bereits Geldbußen bezahlt haben, müssen darauf hoffen, dass ihnen die Behörden freiwillig entgegenkommen. Sie sollten laut Kempgens unter Verweis auf den sogenannten NRW-Gnadenerlass eine Erstattung des Betrages über 150 Euro und Aussetzung des Fahrverbots beantragen - je nach Stand des Verfahrens bei ihrer Stadtverwaltung oder der Staatsanwaltschaft Köln. Der Verkehrsrechtler stellt Betroffenen dafür kostenlos einen Musterbrief zur Verfügung. Einen Anspruch auf Schadenersatz haben sie seiner Ansicht nach nicht, wenn sie den Führerschein schon abgegeben haben. Ob das Gnadengesuch zum Erfolg führt, ist ungewiss. "Wir befinden uns mit den zuständigen Stellen derzeit im Gespräch", sagt Kempgens. Es sei umstritten, ob tatsächlich Rückzahlungs- und Erlassansprüche bestehen und durchsetzbar seien. Je mehr der öffentliche Druck wächst, desto optimistischer ist er, dass Köln und Leverkusen die Strafen auch in älteren Fällen verringern. "Es ist schlichtweg unfair, dass Lkw-Fahrer, die vor dem 1. März wegen eines Verstoßes gegen das Durchfahrtsverbot auf der A-1-Brücke angeschrieben worden sind, die unberechtigten 500 Euro zahlen und den Führerschein abgeben müssen." Mehr zum Thema unter Straßenverkehrsrecht www.verkehrsrundschau.de/dossiers Musterbrief vom Rechtsanwalt So können Sie Ansprüche anmelden Dieses Musterschreiben können Betroffene nutzen, nachdem ein Bußgeldbescheid rechtskräftig geworden ist, weil sie während der Einspruchsfrist keine Rechtsmittel eingelegt haben. Sie sollten versuchen, damit eine noch nicht gezahlte Geldstrafe zu reduzieren und ein Fahrverbot abzuwenden. In diesen Fällen können sie beantragen, über 150 Euro hinausgehende Beträge unter Verweis auf den NRW-Gnadenerlass zu erlassen. Das Gleiche gilt für noch nicht absolvierte Fahrverbote.Hat ein Lkw-Fahrer die Geldbuße schon komplett gezahlt und das Fahrverbot abgesessen, kann er mit derselben Argumentation zumindest probieren, den über 150 Euro hinausgehenden Betrag zurückzuerhalten. Die Zeilen im Gnadengesuch zum Erlass des Fahrverbotes sind dann überflüssig. agArndt Kempgens, Fachanwalt für VerkehrsrechtMax MustermannMusterstraße 100000 MusterstadtStaatsanwaltschaft bzw. Stadt Köln(Staatsanwaltschaft, wenn zuvor Gerichtstermin, Stadt Köln, wenn zuvor kein Gerichtstermin)GnadengesuchIn dem Bußgeldverfahren (AZ:.................) bin ich mit Bußgeldbescheid/Urteil/ Beschluss vom .......... zu einer Geldbuße bzw. Geldbuße mit Fahrverbot verurteilt worden. Demnach beträgt die Geldbuße .... Euro, das Fahrverbot hat eine Dauer von .... Monaten (Bescheid/Urteil/Beschluss in Kopien anbei).Nach der Entscheidung des OLG Köln vom 01.02.2019 (III-I RBs 28/19) i.V.m der Rechtsprechung des Amtsgerichts Köln (z.B. 809 OWi 952 Js 1360/19-91/19) kommt an der dortigen Stelle (Schrankenanlage Industriestraße) eine Verurteilung nach §§ 41 Abs. 1 i.V.m. mit Anlage 2, 43 Abs. 3, 49 StVO, 24, 25 StVG, 250a BKat nicht mehr in Betracht.Unter Verweis auf den NRW-Gnadenerlass (Verfahren in Gnadensachen bei Verkehrsordnungswidrigkeiten, Runderlass des Innenministeriums vom 05.08.2002 - 44.3 - 277) beantrage ich daher: Erlass der über 150,00 Euro hinausgehenden Geldbuße sowie Erlass des sich aus der Entscheidung zu meinem Fall ergebenden Fahrverbotes.Zugleich beantrage ich: Vollstreckungsschutz und Aussetzung der Vollziehung.Hinsichtlich des Fahrverbots bitte ich um Eilentscheidung, da die nach dem Bußgeldbescheid/Urteil geltende Abgabefrist läuft. Die Erstattungen bitte ich vorzunehmen auf mein Konto:IBAN: ...........................Ich bitte um Erstattung innerhalb von zwei Wochen ab Zugang dieses Schreibens.Mit freundlichen Grüßen

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