Bad Hersfeld. Im größten deutschen Verteilzentrum des Versandhändlers Amazon stehen die Zeichen auf Streik. Die Gewerkschaftsmitglieder im osthessischen Bad Hersfeld haben sich zu 97,6 Prozent für einen Arbeitskampf ausgesprochen, berichtete die Gewerkschaft Verdi vom Ergebnis der Urabstimmung aus der vergangenen Woche. Damit werde ein Streik bei Amazon in Bad Hersfeld immer wahrscheinlicher, sagte Verdi-Verhandlungsführer Bernhard Schiederig am Montagmorgen. Er kritisierte, dass sich Amazon gegen Tarifverhandlungen wehre. „Wenn die Geschäftsführung auch diese Zeichen nicht verstehen will, sind Streiks in absehbarer Zeit nicht mehr zu vermeiden.“
Eine Amazon-Sprecherin teilte am Montag mit, das Unternehmen sei zu weiteren informellen Gesprächen mit der Gewerkschaft bereit. Allerdings gebe es „derzeit zu wenige Gemeinsamkeiten, um Verhandlungen aufzunehmen“. Anfang April hatten schon die Amazon-Leute in Leipzig für einen Streik gestimmt, aber noch keinen Termin für einen Ausstand festgelegt. Verdi verlangt von dem Unternehmen, den Tarifvertrag für den Einzel- und Versandhandel anzuerkennen. Für die einzelnen Beschäftigten würde das laut Gewerkschaft bis zu 9000 Euro brutto im Jahr ausmachen. An den beiden Amazon-Standorten in Bad Hersfeld arbeiten rund 3300 Menschen.
Streit über die Branchen-Zugehörigkeit
Das amerikanische Unternehmen orientiert sich an der Bezahlung in der Logistikbranche. „Amazons Versandzentren sind Logistikunternehmen, die Kundenbestellungen ausführen. Mitarbeiter der deutschen Logistikzentren liegen mit ihrem Einkommen am oberen Ende dessen, was in der Logistikindustrie üblich ist“, betonte die Amazon-Sprecherin weiter. Bei dem Standort in Bad Hersfeld handle es sich um ein reines Versandzentrum. „Unsere Mitarbeiter dort leisten logistische Tätigkeiten – Kommissionierung, Verpackung und Versendung von Waren.“ Deshalb laufe die Verdi-Argumentation ins Leere. (dpa)