Am langen Hebel

Jean-Claude Junckers Investitionsoffensive basiert auf einem komplizierten System von Garantien, Bürgschaften und Krediten. Über das Konstrukt will man in Brüssel aus einem Anfangskapital von 21 Milliarden Euro am Ende 315 Milliarden Euro aus der Privatwirtschaft mobilisieren. Das ist der Grundgedanke des "Europäischen Fonds für strategische Investitionen"(EFSI). Der EFSI soll das Risiko bei strategischen Investitionen abfedern. Der Fonds beteiligt sich beispielsweise mit einer Milliarde an einem Projekt mit einem Volumen von 20 Milliarden Euro. Etwaige Verluste werden dann zuerst vom EFSI getragen. Nur bei Verlusten über eine Milliarde Euro müssten auch die privaten Investoren bluten. Damit es dazu nicht kommt, sollen die Rahmenbedingungen für die Investoren verbessert werden. Die Kommission will daher den Reformdruck auf die Mitgliedstaaten erhöhen. Ziel des Programms sind Projekte, die der Weiterentwicklung Europas zugutekommen: Infrastruktur, Bildung, Forschung. Zur "strategischen Infrastruktur" rechnet die Kommission auch wichtige Verkehrsprojekte. Vorrang erhalten Vorhaben, die Mitgliedstaaten miteinander verbinden und wegen der hohen Kosten im Rückstand sind. Dazu zählen insbesondere "Ausbau und Modernisierung von Häfen und Flughäfen", die "Anbindung von Flughäfen an Ballungszentren", ein "umweltfreundlicherer Seetransport", der Aufbau einer "Infrastruktur für alternative Kraftstoffe entlang der wichtigsten Verkehrsachsen" und "Bioraffinerien der 3. Generation". Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Europäischen Parlament, Michael Cramer (Grüne), vermisst den innovativen Ansatz. "Clever statt Klotzen muss das Ziel der EU sein", sagt Cramer. "Die Erfahrung zeigt: Große Investitionen bringen nichts, wenn sie nicht mit einem politischen Umdenken verbunden sind." Für eine Förderung aus dem EFSI kommen grundsätzlich alle Verkehrsprojekte infrage, die auch Zuschüsse aus dem EU-Haushalt erhalten. In Deutschland sind das der Ausbau der großen europäischen Verkehrsachsen: die Nord-Ostsee-Verbindung, die Orient-Achse oder die Skandinavien-Mittelmeer-Verbindung. Für diese Projekte stehen im EU-Haushalt zwar acht Milliarden Euro weniger zur Verfügung. Dafür gibt es zusätzliche Mittel aus dem EFSI. Projekte müssen rentabel sein Aus dem EFSI werden allerdings nur Projekte gefördert, die im Grundsatz rentabel sind. Für TEN-Projekte könnte der EFSI eine interessante Ergänzung zur direkten Förderung sein. Schienen- oder Straßenabschnitte, die durch dünn besiedelte Gebiete führen, könnten weiter aus dem EU-Haushalt gefördert werden. Dort, wo hohes Verkehrsaufkommen zu erwarten ist, könnten private Investoren gewonnen werden. Sie müssten sich dann durch Mauteinnahmen refinanzieren. Sinnvoll an Junckers Investitionsprogramm sei alleine der Abbau bürokratischer Hürden, sagt der Europa-Abgeordnete Markus Ferber (CSU), die finanziellen Anreize seien jedoch nicht geeignet, zusätzliche Investitionen anzuschieben. "Wenn man solch einen Hebel ansetzt, dann geht das nur mit Projekten, die sowieso wirtschaftlich rentabel sind," sagt Ferber.

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