Alains und Yves neuer Superbaukasten

Lange beobachteten Alain und Yves Faymonville die Entwicklung auf dem Trailermarkt. Dort zeigte sich klar, dass seriengefertigte, international vertriebene Produkte die regionale Auftragsfertigung nach Maß verdrängen. Entsprechend entschloss sich auch Faymonville, mit der Untermarke Max Trailer günstige, seriengefertigte Tieflader anzubieten, deren Varianten man streng begrenzte. Nachdem sich die "Maxe" zu einem kleinen Verkaufsschlager entwickelt haben, übertrugen die Brüder deren Prinzip jetzt sozusagen zurück auf die Hauptmarke. Dem kleinen Max-Baukasten folgt jetzt der große Faymonville-Superbaukasten. Heraus kam der Combimax, der sich theoretisch vom Ein- bis zum Zwanzigachser umbauen lässt. Das Herzstück ist der neue Universalhals, über den sich alle Achssysteme ansteuern lassen. "Es gibt nur noch einen Lenkgeber für alle bisher in den verschiedenen Aggregaten verwendeten Lenknehmer", erklärt Alain Faymonville. Der neue Schwanenhals korrespondiert mit vier- oder achtfach bereiften Pendelachsen ebenso wie mit Achsschenkellenkungen, egal, ob die hydraulisch oder pneumatisch gefedert sind, oder der bei Faymonville Twin Axle II genannten Einzelradaufhängung. "Wir rechnen damit, dass der Combimax zu 85 Prozent mit Pendelachsen bestellt wird, da die langen Kombinationen viel Bodenfreiheit benötigen. Da stößt die Einzelradaufhängung schneller an ihre Grenzen", erwartet Faymonvilles Technik-Chef Rainer Noe. Er kalkuliert, dass rund 13 Prozent der Bestellungen auf die Einzelradaufhängung entfallen, während die Achsschenkellenkungen mit zwei Prozent eher die Ausnahme bleiben dürften. Außerdem hat Faymonville die Kupplungssysteme vereinfacht und vereint die Bolzen-Laschen- mit der Hakenkupplung. Damit beschleunigt sich die Kupplungszeit enorm, was dem Unternehmer Zeit und Kosten spart. Zum Beweis lassen die Faymonville-Brüder ein Puzzle aus einem 2+4-Achser und einem 3+5-Achser, einem ausziehbaren Mittelteil und einem Endwagen zu einem verlängerbaren 5+9-Achser zusammensetzen. Theoretisch könnte man dabei sogar Pendelachsen und Einzelradaufhängung kombinieren, falls ein Auftrag drängt und nichts anderes auf dem Hof steht. Eine Neuheit ist auch die sogenannte Joker-Achse, die sich je nach Achslastbedarf vorn oder hinten "einflicken" lässt. Da die Tendenz, die Achslasten streng zwischen 12 und maximal 14 Tonnen zu limitieren, anhält, stellen die Belgier auch gleich einen Achslastkonfigurator ins Netz. Auch der ist vom Max-Programm abgeleitet, wo man erstmals einen Trailer online konfigurieren konnte. Das klappt jetzt auch beim Combimax, bei dem die Belgier 90 Prozent aller Fälle direkt am Rechner konfigurieren wollen, ohne dass man noch langwierig einen Techniker hinzuziehen muss. Der Kunde erhält dann die Datenbasis "seines Autos" ebenfalls auf den Rechner gespielt und kann dort dann auftragsbezogen digital beladen, wobei er sofort die Achslasten erhält. Am Schwanenhals selbst hat Faymonville die Bedienelemente aufgeräumt und klarer gestaltet. Damit können Profis mit Vorkenntnissen schon nach einem Tag Einweisung starten, das hochkomplexe Hebelwerk entfällt. Noe freut sich: "Früher benötigte man schon einen ganzen Tag, um allein die Gasfabrik am Schwanenhals zu erklären". Für die komplette Einweisung gingen dann schon mal drei, vier Tage ins Land. Der Vorteil des hochkompatiblen neuen Baukastens ist auch, dass sich die Unternehmer weniger Material auf den Hof stellen müssen, das dann oft nicht gebraucht wird. "Wir kennen Kunden, die dreimal so viele Trailer wie LKW auf dem Hof haben, um flexibel reagieren zu können - dieses Verhältnis lässt sich mit dem Combimax deutlich reduzieren." Da die Unternehmer nicht immer alles benötigen, kann es vorkommen, dass einige Fahrer erst nach Monaten wieder das Equipment wechseln müssen. Das führt zwangsläufig dazu, dass man das eine oder andere Element falsch bedienen oder gar vergessen kann, was bei komplexen Mehrachsern teure Folgeschäden nach sich ziehen kann. Und dank des neuen Kupplungssystems geht auch der Umbau für die meist leere Rückfahrt viel schneller. "Es klingt zwar verrückt, aber wir haben uns sehr viele Gedanken über die Leerfahrt und den Rückbau gemacht", erläutert Noe. Das ist der Tatsache geschuldet, dass Leerfahrten kaum noch bezahlt werden. Für die nötige Flexibilität sorgt auch der sogenannte "Add-on-Beam", Faymonvilleintern auch "Brille" genannt. Die beinhaltet auch das ausziehbare Mittelteil, das sich ein-, zwei- oder dreifach verlängern lässt. Dahinter kann Faymonville einen Endwagen mit U-Profil in der Mitte setzen, in dem die Verlängerung verschwindet oder als Baggermulde verwendet werden kann. Allein im Pendelachsbereich mit vier 245/17,5- oder 285/19,5er-Rädern sowie acht 215/17,5er-Rädern ließen sich 250 Fahrwerksvarianten darstellen, wobei Faymonville diverse Front-, Mittel- und Endfahrwerke anbietet. Dabei lässt sich ein Mittel- auch zum Endfahrwerk umrüsten, indem man ihm an das flexibel gestaltete Heck einfach die Leuchteneinheit anhängt. Die Schnittstelle liegt hinter den Achsanbindungen. Wo Faymonville Grenzen zieht Mit dem Combimax zielt Faymonville auf das mittlere bis schwere Segment, heißt 50 bis 250 Tonnen Gesamtzuggewicht im Straßentransport bei mindestens 30 km/h. Entsprechend endet der "Superbaukasten" bei 20 Achslinien; darüber muss der Modulmax ran. Ähnlich begrenzt Faymonville nach eigener Erfahrung den Einsatz der Einzelradaufhängung, deren Grenze man bei zehn Achslinien sieht - dann gehen ihr Bodenfreiheit und Hub aus. "Die Welt ist einfach nicht flach genug für Achsen mit so wenig Hub", scherzt Noe. An Zubehör hält Faymonvilles Superbaukasten neben klassischen Tiefbetten Kessel- und Flachbett- und Baggerbrücken bereit, optional auch die Spacerplattform. Der schnelle und einfache Umbau ist auch der Tatsache geschuldet, dass die fitten "alten Hasen" schneller in Rente gehen, als neue Fahrprofis nachrücken - auch ein Grund für die Vereinfachung der Bedienung. Gleichzeitig erhöht die Standardisierung der Teile die Fertigungsqualität. Auch hier machten die Belgier gute Erfahrungen mit den günstigen Max-Serienfahrzeugen, die deutlich weniger Garantiefälle aufweisen als die teils nach Maß gefertigten Einzelstücke der Dachmarke. Weiter fiel Faymonville auf, dass im Straßentransport nur 45 Prozent der starken Dimensionierung überhaupt genutzt werden: 20 Prozent nutzen bei schwerer Last das Biegemoment, weitere 25 Prozent schöpfen die Achslast aus. Als Beispiel nennt Noe den klassischen 150-Tonnen-Transport, der weltweit durchgeführt wird. Den teilte man in Europa in der Regel in 16x12 Tonnen pro Trailerachse auf, 23 Tonnen packte man auf den Kingpin respektive die Zugmaschine. Der Combimax schultert das jetzt mit 14 Achslinien, was fünf bis sechs Meter Länge und einige Tonnen Eigengewicht spart. Auch die Kostenseite spricht für den Combimax: Setzt man den Variomax als Basisprodukt mit 100 Prozent Kosten an, muss einem die höhere Flexibilität des Megamax 50 Prozent mehr wert sein, während der Combimax nur 15 Prozent Aufpreis kostet. Die ersten Prototypen laufen bereits in Tests und sollen ab Frühherbst in Serie gebaut werden, wobei man die Produktion dann vom belgischen Büllingen ins luxemburgische Weiswampach verlagern wird. Ab 2016 plant Faymonville, jährlich rund 400 Combimax zu verkaufen, was angesichts des ausgeklügelten Baukastens auch gelingen könnte. Als einer der Ersten konnte sich Es-Ge schon während der Produktions- und Erprobungsphase detailliert informieren. Der beratende Gesellschafter Helmut Sucko und Geschäftsführer Markus Hurdelhey, die auch andere Marken vertreiben und vermieten, waren überzeugt vom Combimax. Folglich bietet Es-Ge sämtliche Varianten ab sofort zur Miete und im Mietkauf an, wobei die Verfügbarkeit abhängig ist von der einzukalkulierenden Produktionszeit. Der Mietpool der Es-Ge Nutzfahrzeuge respektive die Mietkaufschiene versetzt die Unternehmer in die Lage, sich selbst ein Bild zu machen, wie und vor allem in welcher Variante sich der Combimax am besten für den eigenen Fuhrpark eignet: Es lebe der gut sortierte Baukasten! Fertigung bei Faymonville Bohrtürme mitten in Belgien "Immer, wenn wieder Geld da ist, bauen wir halt wieder an", erklärt Alain Faymonville lapidar die Erweiterung der Fertigung an drei Standorten. Außerdem erhöht man sukzessive die Fertigungsqualität, darunter die der Achsfertigung: Gerade errichtet Faymonville dafür eine vollautomatische Roboterschweißanlage. Faymonvilles Pendelachsen haben Turm- statt Drehkranzlager. Die bauen nach oben hin etwas höher, sollen aber deutlich stabiler ausfallen. Die Achsen standardisierte man: Die Ersatzteilnummern für 8x215/75 R17,5, 4x245/70 R 17,5 und 4x285/70 R19,5 sind identisch. Bei der Oberflächenbeschichtung gibt es ebenfalls keine Kompromisse mehr: Alle Fahrzeuge werden metallisiert, um Korrosion weitestgehend auszuschließen.Ebenfalls zur Verbesserung der Qualität beitragen soll der Prüfraum, in dem Teile bis zu einem Tausendstel Millimeter exakt vermessen werden können. Auch das Drehen und Fräsen geschieht jetzt in einem Ablauf. Dafür hat sich Faymonville auch einen eigenen"Bohrturm" gegönnt, auf dem die breiten Laufwagen senkrecht aufgespannt und spanend bearbeitet werden können.Große Investitionen tätigte Faymonville auch für die Fertigung des stabilen Mittelträgers, dem teuren Herzstück des Combimax. Eine lange Abkantbank bringt eine Blechtafel in U-Form. Hier läuft dann der Auszug oder liegt die Baggerschaufel, optional deckt die Mulde eine Platte ab und sorgt für eine ebene Fläche. Fertigungsoptimiert wurde auch die Koppellasche, die 750 Metertonnen Biegemoment bietet. Die fünffach ausgeführte Version stammt noch aus Zeiten, in denen mit weniger festen Stählen operiert werden musste und wurde von den Herstellern aus Stabilitätsgründen vorgegeben. Sie ließ sich allerdings nicht roboterschweißen. Anders bei der neuen Faymonville-Lasche, die nur noch aus drei Bögen besteht - einer stabilen Haupt- und zwei Hilfslaschen. Sie bietet immer noch 450 Metertonnen, lässt sich aber vollautomatisch und hoch präzise per Roboter schweißen. Für die Oberflächenreinigung sorgt eine Strahlkabine mit 16 Turbinen. Um das Metallisieren zu erleichtern, wird anschließend noch zusätzlich aufgeraut. Auch die Schweißnahtvorbereitung hat Faymonville optimiert. Für den Combimax entsteht in Polen eine weitere Vormontagehalle und in Luxemburg eine Endmontagelinie, der belgische Stammsitz wird weiter automatisiert. Außerdem eröffnet Faymonville nahe Moskau einen Reparatur- und Servicebetrieb."In Russland läuft viel Equipment, aber mit Service- und Wartungspunkten sieht es immer noch düster aus", erklärt Alain Faymonville die Entscheidung. Trotzdem agieren Faymonvilles vorsichtig. Im oberen Stockwerk ziert eine Fotoreihe mit Bildern aus der Fertigung die Wand. Zur Erinnerung und immerwährenden Mahnung ließ Alain Faymonville im Krisenjahr 2009 eine zweite schwarz-weiße Fotoserie der zu der Zeit fast leeren Hallen schießen, die direkt unter der ersten Serie hängt. Man hat aus der Krise gelernt und ist jetzt flexibler aufgestellt. Den Spaß an ihren riesigen Baukästen haben sich die Faymonville-Brüder aber nicht nehmen lassen. gs

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