Schwerpunkt Windkrafttransporte

Schwerpunkt Windkrafttransporte Der Wind hat gedreht Die Schwerlastbranche erhält unterschiedliche Rückmeldungen aus dem Feld der Windkrafttransporte. Und entwickelt trotzdem weiteres Spezialequipment. Der Schwerpunkt Windkrafttransporte stellt die letzten Neuheiten vor. Die politischen Korrekturen in Sachen Energiewende schlagen bis auf die Hersteller für Schwerlastequipment durch: Gerade im Windkraftsegment sei das Geschäft teils erheblich abgeflaut, da die Kunden sich momentan schwer täten, langfristig zu planen, erklärt Patrick Spitznagel, der bei Doll die Sparte Schwerlast und Tieflader leitet. Auch Michael Schneider, der bei Es-Ge das Faymonville-Programm mit verantwortet, erklärt, dass sich das Windkraftsegment derzeit nur schleppend entwickle. Etwas positiver beurteilt Bernd Schwengsbier, Präsident der TII-Sales (Scheuerle und Nicolas) die Lage: „In manchen Bereichen ist die Nachfrage höher, in manchen niedriger – das hängt natürlich auch mit dem politischen Klima und der gesellschaftlichen Akzeptanz der erneuerbaren Energien zusammen. Durch unseren internationalen Kundenstamm betrifft uns dies jedoch in der Summe kaum – die Gesamtnachfrage steigt stetig.“ Auch für die Zukunft rechnet Schwengsbier mit einer stabilen bis steigenden Auftragslage. Ähnlich positiv äußert man sich bei Goldhofer, wo man ähnlich breit aufgestellt ist wie bei Scheuerle und Nicolas und neben den gezogenen Einheiten auch Selbstfahrer anbietet. Die werden verstärkt auch als Ersatz für Schwerlastzugmaschinen geordert und kommen viel im Offshore-Bereich zum Einsatz. Ein weiterer Wachstumsbereich ist das Segment der Rotorblattadapter. Hier hat die TII-Gruppe bereits die zweite Generation am Start, die bis zu 60 Grad Anstellwinkel ermöglicht und ihre Vorteile vor allem auf engen Bergstraßen ausspielen kann. Der maximale Drehwinkel des Flügels beträgt je 110 Grad. Ein hydraulisch längs und quer verschiebbares Kontergewicht sorgt für Standsicherheit. Dabei unterstützt die Funkfernsteuerung, die Windgeschwindigkeit, Querneigung, Rotorblattstellung und Ballastposition anzeigt. Strenge Auflagen des Naturschutzes Auch Goldhofer bietet diese 60 Grad Neigungswinkel an und verzeichnet in diesem Teilsegment steigenden Zuspruch. Der kommt natürlich vorrangig aus den Bergregionen. Zuletzt brachte unter anderem der österreichische Schwertransportspezialist Prangl mit sechsachsigen PST/SL-E-8 Selbstfahrern, auf denen er den neuen FTV 300-Flügeladapter montierte, die Rotorblätter von neun Windkraftanlagen auf 1500 Meter Seehöhe. Aufgrund strenger Auflagen der Naturschutzbehörden mussten die bis zu 46 Meter langen und 9,7 Tonnen schweren Rotorblätter geneigt und Steigungen von bis zu 17 Prozent bewältigt werden. Laut Prangl-Geschäftsführer Christian Prangl konnte der Auftraggeber so viel Geld sparen, da „weniger Wald gerodet und keine weiteren Flächen befestigt werden mussten.“ Blasen die Böen den Goldhofer-FTV zu stark entgegen, kann man die Blätter um die Längsachse drehen und so aus dem Wind nehmen. Dazu kamen die Maschinenhäuser, die in dem Fall je 69 Tonnen wogen. Die wurden mit Allrad-LKW und Goldhofer-Modulen zu den Montageplätzen gebracht, wobei an den 17-prozentigen Steigungen eine zweite Zugmaschine vorgespannt wurde. Die anhaltende Nachfrage sorgt auch dafür, das Goldhofer sein Windkraftprogramm weiter ausbaut: Zuletzt lieferten die Memminger ihre erste vierfach teleskopierbare Sattelpritsche namens Superhub aus, die sich bis auf 57,8 Meter ausziehen lässt. Um die technisch möglichen, maximalen 35 Tonnen Sattellast zu halten, kann man einen Einachsdolly oder eine Fünfachszugmaschine davor setzen. Dann reicht es laut Goldhofer für Flügellängen von gut 65 Metern. Um dann noch eine Art Restwendigkeit zu gewährleisten und den Flügel über Hindernisse wie zum Beispiel Leitplanken heben zu können, kann die Bodenfreiheit hinter dem Schwanenhals auf 1315 und vor dem Fahrwerk auf bis zu 700 Millimeter erhöht werden. Ein größeres Fragezeichen steht momentan hinter der Fahrwerkstechnologie. Zwar bieten viele Hersteller hier optional Einzelradaufhängungen an, allerdings sieht Schwengensbier von TII „derzeit keine Erfordernisse, die eine solche Entwicklung zwingend vorschreiben.“ Ähnlich äußert man sich bei Es-Ge respektive Faymonville: Für die Windkraft ist die Einzelradaufhängung laut Schneider nicht unbedingt von Vorteil, zumal sie auch Geld kostet. Außerdem wird es nach seiner Meinung entscheidend sein, ob die Einzelradaufhängung „langfristig auf 12 Tonnen Achslast belassen wird“. Bei Doll verzeichnet Spitznagel dafür einen starken Anstieg eben jener Panther genannten Fahrwerkstechnologie. Die als Panther S bezeichnete Semisattelbaureihe ermöglicht Nutzlasten von bis zu 100 Tonnen. Während der Panther-Tieflader mittlerweile weitverbreitet und universal einsetzbar ist, tut man sich da mit dem Windturm-Adapter der Vario N-Baureihe schwerer, dessen Technologie samt Selbst-Lenkanhänger Doll von den Langholzfahrzeugen übernehmen konnte. Flexible Einsätze ermöglichen „Das ist generell ein Problem in dieser kleinen Branche. Sie benötigt teils hoch spezialisiertes Equipment, dass sich aber nicht für andere Einsätze nutzen lässt“, erklärt Spitznagel die Krux vieler Kunden. Entsprechend flexibel versuchen diese, ihr Equipment zu ordern: So entschied sich zum Beispiel das schwedische Unternehmen Uddevalla für einen Faymonville Variomax, mit dem hauptsächlich Generatoren und Turmelemente gefahren werden sollen. Alternativ kann Uddevalla die Maxxe auch zur Kessel- und Baggerbrücke umbauen. Ein Spezialträger ermöglicht den Schweden darüber hinaus die Beförderung von Trafos, was ihren Einsatzzweck erheblich erweitert. Trotzdem wächst andererseits das Angebot an Spezialequipment für die Branche: So hob Scheuerle einen neuen Windturmschemel ins Programm, der bis zu 80 Tonnen Nutzlast schafft und Turmdurchmesser von 2800 bis 5000 Millimeter aufnimmt. Die Turmsegmente können hier analog zu den Blättern um je 30 Grad nach links oder rechts geschwenkt werden. Außerdem lässt sich die Aufnahme in Längsrichtung um plus/minus 15 Grad neigen. Per Kabel- oder Funkfernsteuerung lässt sich so der Turm gleichzeitig in die richtige Richtung neigen und drehen. Adaptiert werden kann der Windturmschemel auf die Intercombis-Serien, den Intercombi SPE, SPMT oder auf den Scheuerle-Kamag K 25. Dazu kommt die Option, ihn auf Nicolas-Plattformwagen zu setzen. ➞ Flexibilität hat sich auch Es-Ge auf die Fahnen geschrieben: Die Essener bieten neben dem Faymonville-Vertrieb auch Eigenkonstruktionen an und betreiben eine auf Schwerlastfahrzeuge spezialisierte Mietflotte. Dazu gehören auch drei- bis fünfachsige Sattelauflieger und Semitieflader mit dreifacher Teleskopierbarkeit bis auf 56 Meter. Bei den Semitiefladern wurde jüngst der Schwanenhals geändert. Außerdem verfügen die Fahrzeuge über außen liegende Rahmenträger. Das erleichtert die Beladung über den Schwanenhals. Neben den reinen Miet- und Kaufangeboten bietet Es-Ge auch die „Zwischenvariante“ Mietkauf an, bei der ein kundenspezifisch konfiguriertes Fahrzeug gemietet und dann übernommen werden kann, wobei die Mietkosten in dem Fall anteilig auf den Kaufpreis angerechnet werden. Das Wachstum hält weiter an Neben dem hoch speziellen Equipment, das den Transporteuren zwar die Arbeit erleichtert, auf der anderen Seite aber Flexibilität nimmt, besteht eine weitere Herausforderung in weiter wachsenden Bauteilen, frei nach dem Motto: „Was gestern groß war, ist heute klein“, wie TII-Sales-Präsident Schwengsbier zu Protokoll gibt. „Anfang 2000 waren 33 Meter lange Rotorblätter noch groß – heute sind wir bei 60 Metern und Längen jenseits der 84 Meter zeichnen sich ab. Gleichzeitig wiegen die Turmsegmente heute bis zu 200 Tonnen und haben Durchmesser bis sieben Meter, das ist beinahe doppelt so viel wie noch vor 15 Jahren.“ Bis zu 70 Meter messen die meisten Flügel, die die A.M.-Kran Wind GmbH aus Schwedt OT Heinersdorf transportiert. Nachdem das 1997 in Polen gegründete Unternehmen seine Aktivitäten jetzt auch in Deutschland massiv ausweitet, wurden zuletzt drei dreiachsige Nooteboom, vierfach teleskopierbare Super Wing Carrier der neuesten Generation geordert und zugelassen. Zum Jahreswechsel folgte dann noch ein sogenannter Mega Windmill Transporter, mit dem Turmteile und Turbinen befördert werden. Für den Aufbau beschaffte sich das Unternehmen kürzlich einen Terex SL3800 Raupenkran. Mittlerweile hat Nooteboom nach eigenen Angaben mehr als 50 Super-Wing-Carrier ausgeliefert. Dem dreiachsigen Triple Tele-PX mit verschiebbarem Fahrgestell stellten die Niederländer den neuen 3-achsigen Quatro Tele-PX zur Seite. Der basiert auf der bewährten Technik des MCO-PX Semitiefladers und hat eine niedrige, vierfach teleskopierbare Ladefläche, was vor allem beim Unterqueren von Brücken zählt. Andererseits lässt sich die Bodenfreiheit bei Bedarf bis auf 1320 Millimeter erhöhen. Aus den Niederlanden ist neben Nooteboom noch Broshuis am Start. Auch hier stand zuletzt das Thema niedrige Fahrhöhe im Fokus: Speziell für den Transport der schweren V-112 Gondeln von Vestas hat das auf Windkraft spezialisierte Transportunternehmen Frank Norager & Co. A/S einen sechsachsigen Trailer der SL-Serie geordert. Der Grund für den Semi-Tieflader war die niedrige Fahrhöhe von 790 Millimetern bei Achslasten von zwölf Tonnen. Norager hat damit vor allem den Elbtunnel im Blick, den er so problemlos durchfahren kann. Für die Gondeln genügt dem Unternehmer die einfache Teleskopierung: Die Bettlänge von elf Metern kann man um gut acht Meter verlängern. In der Ladefläche sind diverse zertifizierte Verzurrösen befestigt. Neben den strengen Kontrollen ist der größte Feind des Windkrafttransport-Equipments nicht-fachgerechte Bedienung und zu wenig Wartung. Laut Michael Schneider von Es-Ge kommt es immer wieder vor, dass Spurstangen und Spurstangenköpfe zu spät oder gar nicht gewechselt werden. Auch die Drehschemel und -kränze brauchen ab und an etwas Wartung. Schwengsbier von TII-Sales sieht hier klare Vorteile für die Pendelachstechnologie. Die lässt sich bei entsprechender Schulung gut warten und reduziert auch die Unfallgefahr. Fortschritte gab es auch bei der Oberflächenbeschichtung: Denn dank der massiven Bauweise ecken die langen und schweren Geschütze gern einmal an, wobei es schnell zu Lackabplatzern kommt. Auch beim Hantieren mit Haken, Ketten und Lasiequipment wird gern die Oberfläche verletzt, was früher zu zahlreichen Rostblüten führte. Mittlerweile sorgen Spritzverzinkung und aufwendigere Lackierverfahren für Ruhe an dieser Front. Weltweite Internationalisierungswelle „Dieses Thema war in der Vergangenheit nicht so wichtig“, erklärt Spitznagel von Doll auf Nachfrage, doch die Branche hat mittlerweile entsprechend nachgelegt. Ein weiterer Punkt ist die zunehmende Globalisierung der Transporteure: Unternehmen wie die britische Ale-Heavylift haben längst Niederlassungen in Südafrika, Australien, Nord- und Südamerika sowie im Nahen und Mittleren Osten. Wer hier den entsprechenden Service bieten kann, dürfte von der einen oder anderen politischen Flaute weit weniger stark getroffen werden und weniger Probleme haben, sollte sich der Wind in der Windkraftbranche mal wieder drehen! ❙❚■ Gregor Soller Anbieter-Auswahl Broshuis www.broshuis.com Tel.: 01 70 / 3 20 65 73 (74) Doll www.doll-oppenau.com Tel.: 0 78 04 / 4 90 Es-Ge www.es-ge.de Tel.: 02 01 / 6 16 70 Faymonville www.faymonville.com Tel.: +32 / 80 64 01 55 Goldhofer www.goldhofer.de Tel.: 0 83 31 / 1 50 Nicolas www.nicolas.fr Tel.: +33 / 3 86 53 52 00 Nooteboom www.nooteboom.nl Tel.: +31 / 2 46 48 88 64 Scheuerle www.scheuerle.com Tel.: 0 79 41 / 69 10 Warnung zum Wegdrehen: Die Windgeschwindigkeit wird über die Fernsteuerung angezeigt Die Gewichte und Größen haben sich in den letzten 15 Jahren praktisch verdoppelt

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