40 Tonnen klimaschonend bewegen

Die Aufgabenstellung war für alle gleich: Ein auf 32 Tonnen ausgeladener Fliegl-Curtainsider war über unsere 353 Kilometer lange VerkehrsRundschau-Testrunde zu bewegen. Möglichst mit einem geringen Verbrauch, aber natürlich mit möglichst hoher Transportgeschwindigkeit. Dafür dass die Verbräuche und Geschwindigkeiten vergleichbar sind, sorgte wie immer unser redaktionseigener Mercedes-Benz Actros 1845 samt Schmitz-Curtainsider, der jede Testfahrt als Referenzzug begleitete. Weitere Bedingung für die Teilnahme: Die Testzugmaschine musste mindestens 500 PS aufweisen und über eine geräumige Hochdach-Kabine verfügen. Unverzichtbar: GPS-Tempomaten Vier Hersteller, die teilweise mit zwei Fahrzeugen antraten, folgten der VR-Einladung zum Wettstreit. Dabei setzten sie auf ähnliche Konfigurationen. 500 bis 540 PS, eine mittelgroße Kabine, die dem Fahrtwind nicht zu viel Angriffsfläche bietet, und selbstredend eine komplette Verspoilerung samt Seitenflaps, seitlichen Rahmenverkleidungen und Windabweisern auf dem Dach, um den Übergang zum Auflieger möglichst glatt zu gestalten. Besonders wichtig ist das auf der Autobahn, wo beim Test ein Marschtempo von 85 km/h vorgeschrieben ist. Dieses darf bergab um maximal fünf km/h überschritten werden, um Schwungspitzen besser nutzen zu können. Ebenfalls um fünf km/h darf das Autobahntempo unterschritten werden, und zwar von der mittlerweile wichtigsten technischen Spareinrichtung moderner Lastwagen, dem GPS-Tempomaten. Der intelligente Geschwindigkeitsregler nutzt jede der zahlreichen Steigungen auf unserer Testrunde, um den Dieselkonsum zu senken. Dafür aktiviert er kurz vor der Kuppe Ecoroll oder Schubbetrieb und lässt den Sattelzug so nahezu ohne Verbrauch den Rest der Steigung erklimmen. In anschließenden Gefällen nutzt das System die kinetische Energie der 40 Tonnen, um die Fuhre ökonomisch wieder auf Reisetempo zu beschleunigen. Auf diese Weise offenbaren die GPS-Systeme ein enormes Sparpotenzial, das allerdings in der Praxis kaum jemand zu nutzen scheint. Zumindest bei unseren Testfahrten treffen wir kaum "Artgenossen", deren Fahrprofil auf die Nutzung des Tempomaten schließen lässt. Stattdessen blasen die meisten Lkw weiterhin mit Bleifuß über die Kuppe und beschleunigen anschließend wieder möglichst schnell bis zum Tempobegrenzer. Entweder ist der Sprit aktuell einfach zu billig oder viele Transportunternehmen versäumen es schlicht und einfach, ihren Fahrern das Potenzial des GPS-Tempomaten zu vermitteln. Systeme von Scania und Daimler vorn Schade, denn die Systeme arbeiten immer besser. Allen voran CCAP (Cruise Control Active Prediction) von Scania und PPC (Predictive Powertrain Control) von Mercedes-Benz. Hier darf das Zusammenspiel von Tempomat, Motor und Getriebesteuerung als vorbildlich bezeichnet werden. Selbst vor gewagten Schaltmanövern wie dem Hochschalten um gleich zwei Gänge mitten in Steigungen schrecken die Systeme nicht zurück, treffen dabei aber niemals die falsche Entscheidung. Es zahlt sich eben aus, dass Mercedes und Scania alle Komponenten selbst entwickeln. Dadurch lässt sich die jeweilige Elektronik besser aufeinander abstimmen als bei zugelieferten Getrieben, wie sie mancher Konkurrent verbaut. Auch bei Volvo bleibt die Entwicklung in der eigenen Hand. Allerdings setzen die Göteborger bei ihrem GPS-Tempomaten "I-See" auf eine Cloud-Lösung, in die alle verbundenen Volvo- und auch Renault-Lkw ihre erfahrenen Topografiedaten senden. Die Aufrechterhaltung der Verbindung zur Datenwolke bereitete FH und FM in der Vergangenheit Probleme, weshalb I-See öfter blind unterwegs war. Allerdings hatten sowohl der zum Green Truck 2018 angetretene FH 500 als auch der FH 540 Dual Clutch dieses Problem im Griff. Da Volvo wie auch Mercedes-Benz ihre Motoren weltweit einsetzen, müssen sie auch die im Vergleich zu Euro 6 nochmals strengeren Abgasvorschriften in den USA erfüllen. Ohne Abgasrückführung sind die nach Aussage beider Hersteller nicht zu schaffen. Die Rückführung wird verwendet, um den Ausstoß von Stickoxiden (NOX) innermotorisch zu verringern. Dafür wird ein Teil der Abgase gekühlt und erneut der Ladeluft beigemischt, wodurch die Verbrennungstemperatur sinkt. Allerdings muss der Motor dafür auch größere Kühler antreiben, was sich nachteilig auf den Verbrauch auswirkt. Scania kann sich bei der Entwicklung seiner Motoren dagegen voll auf europäische Anforderungen konzentrieren. Abgesehen vom V8-Flaggschiff mit 730 PS arbeiten mittlerweile alle Motoren für die R- und S-Baureihe mit SCR-Only-Technik. Bei der werden die Euro-6-Grenzwerte nur mit SCR-Katalysator und Dieselpartikelfilter erreicht. Das hat allerdings einen höheren AdBlue-Verbrauch zur Folge, der fürs Green-Truck-Ranking allerdings keine Rolle spielt. Schließlich verbrennt die wasserklare Lösung CO2-neutral. Sie wird vor dem SCR-Kat in den Abgasstrom eingespritzt und führt im Kat zu einer selektiven katalytischen Reduktion (SCR), bei der Stickoxide und Ammoniak zu Wasser und Stickstoff reagieren. Und Only-SCR trägt außerdem dazu bei, dass der einzige V8-Motor im Testfeld einen respektablen vierten Platz einfahren kann. Trotzdem wird am Beispiel des Scania R 520 klar: Die beiden zusätzlichen Zylinder mögen für Fahrspaß sorgen, fordern beim Verbrauch aber ihren Tribut. Scania mit hohem Leergewicht Sein fast baugleicher Bruder R 500, in dem Scanias DC-13-Reihensechszylinder in seiner stärksten Form für Vortrieb sorgt, legte mit durchschnittlich 24,92 l/100 km einen neuen Verbrauchsrekord auf unserer Teststrecke hin und gehörte mit einem Tempo von 79,9 km/h auch noch zu den schnellsten Teilnehmern. Was man der neuen Scania-Generation allerdings vor allem mit acht, aber auch mit leichteren sechs Zylindern ankreiden muss, ist ihr hohes Leergewicht, das im Ranking ebenfalls berücksichtigt wird (siehe Ergebnis-Kasten Seite 43). Beim Gewicht vorne liegt der Volvo FH 500 und auch der Mercedes-Benz Actros gehört zu den leichteren Lkw. Um den Scania noch abzufangen, reicht es aber nicht mehr, deshalb herzliche Glückwünsche zum Green Truck 2018 nach Södertälje! Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Green Truck www.verkehrsrundschau.de/dossiers

40 Tonnen klimaschonend bewegen

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