Stuttgart. Wenn ein Lkw ohne grüne Plakette in eine Umweltzone einfährt, darf die betroffene Kommune nicht nur ein Bußgeld verhängen, sondern auch dadurch ersparte Kosten oder erwirtschaftete Einnahmen mit einem Wertverfall beim bei Fuhrunternehmen abschöpfen. Das rechtswidrige Befahren der Umweltzone rechtfertigt aber nicht die Abschöpfung der theoretisch ersparten Aufwendungen für die Nachrüstung eines Partikelfilters. Das entschied jetzt das Oberlandesgericht Stuttgart im Fall eines Küchen- und Möbelmontage-Unternehmers und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Stuttgart.
Die Polizei hatte im Rahmen einer Verkehrskontrolle beanstandet, dass einer der Angestellten des Unternehmers in der – für Fahrzeuge mit grüner Plakette zugelassenen – Umweltzone Stuttgart mit einem Lkw fuhr, obwohl dieser nur über eine rote Plakette verfügte. Eine Ausnahmegenehmigung lag für das Fahrzeug nicht vor. Hätte der Fahrzeughalter einen Partikelfilter nachgerüstet, wären die Voraussetzungen für die Erteilung einer grünen Plakette gegeben gewesen. Die Stadtverwaltung hatte gegen ihn daraufhin einen Verfallsbetrag von 2500 Euro festgesetzt, um den Vermögensvorteil, der durch die mit Geldbuße bedrohte Handlung erlangt wird, zu bestrafen. So viel hätte die Nachrüstung des Lkw mit einem Partikelfilter laut einer Internetrecherche mindestens gekostet. Gegen den Lkw-Fahrer wurde keine Geldbuße festgesetzt.
Das Oberlandesgericht Stuttgart hielt die Abschöpfung des Vermögensvorteils zwar grundsätzlich für zulässig, nicht aber in Höhe der Nachrüstung eines Partikelfilters. Denn der Unternehmer habe durch den Ordnungswidrigkeitstatbestand des Fahrens eines Lkw mit roter Feinstaubplakette innerhalb der Umweltzone nicht die Kosten für die Nachrüstung eines Rußpartikelfilters gespart. Er erbringe seine Dienstleistungen nicht ausschließlich innerhalb der Umweltzone, außerhalb der Umweltzone hätte er das Fahrzeug zudem durchaus ohne Rußpartikelfilter fahren lassen können, hieß es zur Begründung. Die Richter schlugen vor, den Nutzungsvorteil für den einzelnen Verstoß durch Schätzung zu ermitteln, zumal sich für die Anmietung vergleichbarer Lkw ein Marktpreis ermitteln lasse. (ag)
Urteil vom 19.04.2017
Aktenzeichen: 4 Rb 24 Ss 163/17