Hamburg. Der Umschlag von Transportgut im Hafen bildet keine eigenständige Teilstrecke bei einem Vertrag über einen Multimodaltransport, sondern wird der Seestrecke zugerechnet. Diese endet nicht schon mit dem Löschen der Ladung. Erst mit der Verladung des Gutes auf das Transportmittel, mit dem es aus dem Hafen entfernt werden soll, endet sie. Das entschied das Oberlandesgericht Hamburg im Fall eines Transportschadens, der 2008 bei der Beförderung von Bremerhaven zum Hafen Houston und weiter per Lkw nach Chihuahua in Mexiko entstanden war.
Nach der Ankunft im Hafen Houston wurde das Flat Rack mit einer 20 Tonnen schweren Maschine in einer Holzkiste aus dem Schiff gelöscht und auf ein Yard Chassis des dortigen Umschlagetriebes abgesetzt. Yard Chassis sind Trailer, die für den Umschlag von Containern auf dem Terminalgelände eingesetzt werden. Am nächsten Morgen entdeckte die Hafenpolizei das Flat Rack umgestürzt auf dem Gelände eines alten Ro-Ro-Terminals. Schaden: Rund 345.000 Euro. Im Anschluss ging es darum, wer dafür aufkommt. Der Versender war der Meinung, dass vom Kaibetrieb eingesetzte Yard Chassis sei gestürzt, weil es zum Transport von Gütern mit Übermaßen ungeeignet gewesen sei.
Für die Haftung auf der Seestrecke findet deutsches Recht Anwendung. Die Vertragsparteien hatten allerdings die Allgemeinen Deutsche Spediteurbedingungen (ADSp) alter Fassung vereinbart. Gemäß Ziffer 27.2 der ADSp gelten Haftungsbefreiungen und -begrenzungen nicht, wenn der Schaden durch den Spediteur vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein verursacht worden ist, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Dasselbe gilt bei einem qualifizierten Verschulden von Erfüllungsgehilfen.
Es galten lediglich die Haftungsgrenzen gemäß HGB
Von einem qualifizierten Verschulden sei aber nicht auszugehen, erklärte das Gericht, wenn der das Transportgut enthaltende Container im Hafen auf ein sogenanntes Yard-Chassis aufgesetzt worden ist. Denn ein solches sei nicht von vornherein ungeeignet zum Transport eines Containers ist. Ein Gutachten ergab zudem, dass die im Flat Rack verladende Maschine in der Holzkiste nicht ausreichend gesichert gewesen, so dass sie sich hätte hin und her bewegen können. Der Versender konnte Schadenersatz deshalb nur im Umfang der seehandelsrechtlichen Höchsthaftung von 2 Sonderziehungsrechten je Kilogramm beanspruchen. (ag)
Urteil vom 24. März 2016
Aktenzeichen 6 U 67/10