Stuttgart. Soll einem Frachtführer wegen eines Transportverlustschadens leichtfertiges Verhalten im Sinne von Paragraf 435 des Handelsgesetzbuches (HGB) vorgeworfen werden, muss es sich um eine besonders schwere Pflichtenverletzung handeln. Also um einen Verstoß gegen den Frachtvertrag, bei dem die Sicherheitsinteressen des Auftraggebers in besonderer Weise außer Acht gelassen wurden. Das entschied das Landgericht Stuttgart im Fall eines gestohlenen Sattelaufliegers, der vom Fahrer eines Subunternehmers mehr als zwei Tage auf einem unbewachten Parkplatz abgestellt worden war.
Die Richter wiesen darauf hin, dass leichtfertiges Verhalten dann anzunehmen ist, wenn sich dem Frachtführer oder dem beauftragten Fahrer aufdrängen muss, dass ein Schadenseintritt wahrscheinlich ist. Allein das Abstellen eines Lkw mit verschlossenem Kastenauflieger in einem unbewachten Gewerbegebiet erfüllt nicht die Voraussetzungen der Leichtfertigkeit. Der im vorliegenden Fall verwendete Kühlauflieger dürfte dabei mit den durch ein Bügelschloss gesicherten Türen unter Sicherheitsaspekten einem verschlossenen Kastenauflieger vergleichbar sein, erklärten die Richter.
Allerdings hatte der Fahrer des vom Frachtführer beauftragten Subunternehmers in dem Fall gegen die Anweisungen seines Fahrerhandbuches verstoßen, wonach nach Dienstende die Fahrzeuge generell auf dem Firmengelände abzustellen sind und Ausnahmen nur die Disposition in Abstimmung mit der Geschäftsleitung gestatten kann. Allein der Verstoß eines Fahrers gegen die Dienstanweisung könne bereits ein qualifiziertes Verschulden begründen, so die Urteilsbegründung.
Erschwerend kam hier hinzu, dass der das Sammelgut enthaltende Kühlauflieger in hohem Maße diebstahlsgefährdet war, weil der Fahrer abgesattelt und die Zugmaschine entfernt hatte, so dass der Kühlauflieger über das Wochenende dem Zugriff beliebiger Dritter preisgegeben war. Das Abstellen eines abgekoppelten und beladenen Trailers auf einem unbewachten Parkplatz sei generell als leichtfertig zu bewerten, erklärten die Richter. Deshalb konnte sich der Frachtführer nicht auf die in Parafrag 435 HGB genannte Haftungsbegrenzung berufen und musste den vollen Schaden zahlen. (ctw/ag)
Urteil vom 02.10.2017
Aktenzeichen: 44 O 27/17 KfH