München. Die Gewerkschaften haben seit einiger Zeit die Speditions- und Logistikbranche im Blick und fordern höhere Entgelte. Die Angst vor steigenden Lohnkosten bei gleichzeitigem Druck, immer günstiger anbieten zu müssen, führt dazu, dass gerade Mittelständler gewerkschaftliche Aktivitäten argwöhnisch beobachten. Mitgliederwerbung im Betrieb lässt sich jedoch nicht generell verhindern.
Möchte eine Gewerkschaft im Betrieb selbst und nicht nur vor dem Betriebstor Mitglieder werben, ist es nicht erforderlich, dass sie unter der Belegschaft bereits durch Mitglieder vertreten ist. Die Arbeitnehmervereinigung hat prinzipiell auch dann ein Recht auf Zutritt, wenn noch niemand im Betrieb ihr angehört. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Allerdings müssen sich die Gewerkschaften an gewisse Spielregeln halten. Innerbetriebliche Werbemaßnahmen sind nur zulässig, wenn sie weder das Interesse des Arbeitgebers an einem störungsfreien Arbeitsablauf noch bestehende Geheimhaltungs- und Sicherheitsinteressen beeinträchtigen. Was genau ein Arbeitgeber dabei dulden muss und was nicht, hängt vom Einzelfall ab.
So dürfen Flugblätter oder Zeitungen nur vor oder nach der Arbeit oder während der Pausen verteilt werden. Denn die Gewerkschaft darf grundsätzlich nicht die Arbeitszeit der Mitarbeiter durch Verteilaktionen in Anspruch nehmen. Erlaubt ist es ihr aber, Infomaterial am schwarzen Brett auszuhängen. Und sie darf Werbemails an betriebliche E-Mail-Adressen verschicken, selbst dann, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern den Gebrauch der E-Mail-Adresse zu privaten Zwecken ausdrücklich untersagt hat. Prinzipiell gilt: Erst wenn Aktionen zu nennenswerten Störungen im Betriebsablauf oder spürbaren, Belastungen führt, kann der Arbeitgeber von der Gewerkschaft Unterlassung verlangen. (ir)
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