München. Die kürzlich neu gefassten Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp 2017) sollen ältere ADSp-Versionen sowie die Deutschen Transport- und Logistikbedingungen (DTLB) und die Vertragsbedingungen für den Güterkraftverkehrs-, Speditions- und Logistikunternehmer (VBGL) ersetzen. Sofern die Anwender für ihr Geschäft darüber hinausgehende Sonderregelungen benötigen, können sie das neue Klauselwerk wie bisher auch in einzelnen Punkten ändern oder ergänzen. Der in kleiner Runde ausgearbeitete und nun beschlossene Kompromiss enthält Elemente aus den erwähnten DTLB und VBGL sowie vor allem den ADSp 2016.
Hier die wichtigsten Unterschiede
Grundsätzlich gelten die ADSp 2017 für alle Verkehrsverträge des Spediteurs als Auftragnehmer. Dazu zählen neben dem Speditions-, Fracht- und Lagervertrag sonstige üblicherweise zum Speditionsgewerbe gehörende Geschäfte (Zollabwicklung, Sendungsverfolgung oder Umschlag). Sie gelten auch für speditionsübliche logistische Leistungen, wenn diese mit der Beförderung oder Lagerung von Gütern im Zusammenhang stehen, vor allem Tätigkeiten wie das Bilden von Ladeeinheiten, Kommissionieren, Etikettieren und Wiegen von Gütern und die Retouren-Abwicklung. Zielgruppe sind also vor allem Frachtführer im Sinne von § 407 HGB, Spediteure im Sinne von § 453 HGB, Lagerhalter im Sinne von § 467 HGB und Verfrachter im Sinne von §§ 481 und 527 HGB.
- Bei den Pflichten des Auftraggebers bei Auftragserteilung spiegeln sich weitestgehend die bereits mit den ADSp 2016 im vergangenen Jahr erweiterten Informationspflichten wider. Verlangt werden unter anderem Daten über alle zollrechtlichen, außenwirtschaftsrechtlichen und sicherheitsrechtlichen Verpflichtungen, Informationen über bestehende gewerbliche Marken- und Lizenzrechte sowie Angaben über besondere technische Anforderungen an das Beförderungsmittel und spezielle Ladungssicherungsmittel, die der Spediteur stellen soll. Ausführlicher beschäftigt sich in diesem Zusammenhang auch die neueste Version der ADSp mit wertvollem und diebstahlgefährdetem Gut. Die Grenzwerte in den Definitionen wurden teilweise nach oben angepasst.
- Vorschriften, wonach Auftragnehmer ein Bewertungs- und Monitoringsystem entwickeln müssen, um die Qualität der Leistung feststellen zu können, finden sich in den ADSp 2017 nicht. Die DTLB hatten dies vorgesehen. Ebenso wenig haben andere DTLB-Anforderungen der Verlader darin Eingang gefunden – etwa in Bezug auf ein Notfallkonzept oder ein vorzuhaltendes Qualitäts-Management-System. Solche Details müssen beide Parteien individuell vereinbaren, wenn sie die ADSp 2017 verwenden.
- Die Rechte und Pflichten des Spediteurs konkretisieren wie schon in den ADSp 2016 durchweg die gesetzlichen Bestimmungen. Zudem findet sich hier laut dem DSLV der deutlich reduzierte Regelungsinhalt über zu vereinbarende Zusatzleistungen. Insbesondere die „spediteurfreundlichen“ Klauseln über den Palettentausch und über die Mithilfe des Fahrers bei Ladetätigkeit fanden demnach keine Akzeptanz bei den Verladerverbänden.
- Eine Abweichung von den ADSp 2016 weist die Neufassung hinsichtlich der Regelung zur Nichteinhaltung von Lade- und Entladezeiten auf. Ein Standgeld muss der Auftraggeber dem Auftragnehmer erst zahlen, wenn bei Fahrzeugen mit 40 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht eine Ver- oder Entladezeit von zwei Stunden aufgrund vertraglicher Vereinbarung oder aus anderen Gründen überschritten wird. Voraussetzung für die Berechnung von Standgeld ist nun also entweder eine Vereinbarung oder Avisierung über das Zeitfenster der Fahrzeuggestellung Diese Klausel gilt nur für Komplettladungen, nicht für schüttbare Massengüter. Die vorherige ADSp-Fassung schrieb eine maximale Ver- oder Entladezeit zwischen 30 und 90 Minuten vor. Angelehnt ist die neue Standgeld-Regelung an die VBGL. Die Differenzierung zwischen palettierter und nicht palettierter Ware ist ebenso entfallen wie die Standgeldregelung für Unterwegsaufenthalte.
- Ähnlich den DTLB sehen die ADSp 2017 vor, dass mit der vereinbarten Vergütung, die die Kosten der Beförderung und Lagerung einschließt, alle nach dem Verkehrsvertrag zu erbringenden Leistungen abgegolten sind. Das bedeutet, dass Frachtführer, Spediteure und Lagerhalter Darlehen, Vorschüsse, Auslagen und andere Aufwendungen, die sie bei der Ausübung ihrer Dienste wegen vorhersehbarer Ereignisse haben, nicht mehr nachfordern können. Dies geht lediglich dann, wenn es zuvor individuell vereinbart worden ist.
- Anders als die offener formulierten ADSp 2016 verpflichten die ADSp 2017 den Spediteur unter bestimmten Umständen zur Versicherung des Gutes, wenn dies im Interesse des Auftraggebers liegt. Die hier aufgezählten Gründe für die Vermutung eines solchen Interesses orientieren sich wiederum an der vorherigen Fassung.
- Die wichtigste Neuerung betrifft die Haftungsbegrenzungen. Zwar soll der Spediteur für Güterschäden in seiner Obhut nach wie vor mit 8,33 Sonderziehungsrechten für jedes Kilogramm (rund 10,50 Euro) aufkommen. Allerdings steigen die Haftungsbegrenzungen je Schadenfall auf 1,25 Millionen Euro (zuvor: 1 Million Euro) und je Schadensereignis auf 2,5 Millionen Euro (zuvor: 2 Millionen Euro). Zudem sehen die ADSp 2017 im Unterschied zu den ADSp 2016 bei der verfügten Lagerung eine Höchsthaftungssumme von 35.000 Euro (zuvor 25.000 Euro) je Schadenfall vor. Besteht der Schaden eines Auftraggebers in einer Differenz zwischen Soll- und Ist-Bestand des Lagerbestands, ist die Haftung des Spediteurs auf 70.000 Euro pro Jahr (zuvor: 50.000 Euro) begrenzt.
- Die ADSp enthalten nun zudem erstmals eine Sanktion (Kündigung) für den Fall, dass der Spediteur dem Verlangen des Auftraggebers über die Vorlage einer Versicherungsbestätigung nicht nachkommt.
- Neu ist darüber hinaus eine Regelung, die die Haftung des Auftraggebers etwa bei fehlerhaften Angaben zum Gut oder ungenügender Verpackung (qualifiziertes Verschulden) auf 200.000 Euro je Schadenereignis begrenzt. Hintergrund ist nach Angaben des DSLV die Seehandelsrechtsreform. Denn nachdem die bis dahin im Gesetz verankerte beschränkte Haftung des Absenders, Versenders und Einlagerers entfallen ist, aber im Wege von vorformulierten Vertragsbedingungen vereinbart werden kann, bestanden die Verladerverbände auf einer Beibehaltung dieser Rechtslage.
Unter dem Strich müssen sowohl Spediteure als auch Verlader einige Änderungen zu ihren Ungunsten hinnehmen. Dennoch sind die ADSp 2017 eine gute Lösung für alle Beteiligten, weil sie für Rechtssicherheit bei der Zusammenarbeit sorgen. (ag)