Detlef Wetzel, zweiter Vorsitzender der IG Metall, erklärt, wie die Gewerkschaft die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung bei den industriellen Dienstleistern verbessern will:
Rudolph Logistik Automotive hat mit der IG Metall nach einem mehrwöchigen Tarifstreit einen Haustarif für die Beschäftigten in Leipzig abgeschlossen. Bringen die Metaller nun die Logistikbranche ins Wanken?
Wir wollen nicht das gesamte Gewerbe aufmischen. Uns interessieren nur die Unternehmen, die produktionsnahe Logistikdienstleistungen erbringen, die zu den Wertschöpfungsketten der Automobilindustrie gehören und insofern unseren tarifvertraglichen Regelungen unterliegen sollten. Für diese möchten wir einen Ordnungsrahmen schaffen – und zwar in Form eines Flächentarifvertrags. Das soll verdeutlichen, dass ausgelagerte Wertschöpfung nicht zum Wettbewerb über die Löhne führen darf.
Neben Rudolph hat nur Schnelleke mit der IG Metall bisher einen Haustarifvertrag vereinbart. Wie realistisch ist ein Flächentarifvertrag für die gesamte Automobillogistik?
Wir betreuen schon jetzt im Automotivebereich rund 30 industrielle Dienstleister. Bei denen gibt es zwar noch keine IG-Metall-Tarife, aber Betriebsräte und Beschäftigte, die unserer Gewerkschaft angehören. Wir befinden uns mit etlichen Belegschaften in Gesprächen und wollen tarifvertragliche Veränderungen herbeiführen. Es ist an der Zeit, dass sich sowohl die Logistikunternehmen als auch deren Kunden überlegen, ob sie eine einzeltarifliche Lösung für vernünftig halten oder ob nicht ein Flächentarifvertrag sinnvoller ist, der gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Dienstleister sicherstellt.
Die Lohndifferenz der IG-Metall-Tarife zu den üblichen Logistiktarifen macht bis zu 30 Prozent aus. Es ist kaum vorstellbar, dass sich Unternehmen angesichts dieser Konditionen und des Preiskampfes im Markt freiwillig mit der Metallgewerkschaft einigen.
Die Logistikunternehmen und deren Kunden sollten ein Interesse daran haben, nicht über niedrige Löhne, sondern über Qualität und gleiche Bedingungen wettbewerbsfähig zu sein. Die Belegschaften werden den Wettbewerb auf Kosten der Löhne nicht weiter akzeptieren. Das Beispiel Rudolph zeigt, dass dann nicht nur die Dienstleister, sondern auch die Kunden betroffen sind.
Welchen Zeitrahmen hat sich die IG Metall gesetzt, um die Entlohnung und die Arbeitsbedingungen zu verbessern?
Einen Zeitrahmen gibt es nicht. Das hängt davon ab, in welchem Maße die Mitglieder mit Forderungen nach einem Tarifvertrag an uns herantreten. Wir unterstützen solche Prozesse. Rudolph und Schnelleke sind nur die Leuchttürme eines Trends. Wir werden in den nächsten ein bis zwei Jahren ähnliche Auseinandersetzungen beobachten können, wie sie dort stattgefunden haben. Fest steht: Es wird in absehbarer Zeit einen Ordnungsrahmen für industrielle Logistikdienstleistungen geben. Wer klug ist, kümmert sich rechtzeitig darum.