Brüssel. Seit dem 1. April 2016 muss jeder Lkw über 3,5 Tonnen, der in Belgien unterwegs ist, mit einer On Board Unit (OBU) von Satellic ausgerüstet sein, um die neue kilometerabhängige Maut zahlen zu können. Diese gilt auf Autobahnen und einigen Regional- und Ortsstraßen in Flandern, Wallonien und Brüssel – auch für Transitfahrten. Die Einführung verlief alles andere als reibungslos. Das sollten Fuhrunternehmer nach dem missglückten Start der Lkw-Maut in Belgien wissen:
1. Wie ist aktuell die Situation an den Grenzübergängen und auf den Straßen?
Die tagelangen Proteste belgischer Lkw-Fahrer haben die lokalen Polizeibehörden in der Woche nach der Lkw-Maut-Einführung unter Androhung von Geldbußen, Führerscheinentzug und Abschleppwagen aufgelöst. Seither sind die Schnellstraßen in Wallonien und Flandern wieder frei und es liegen zum Redaktionsschluss (Stand: Mitte April) keine Informationen über erneute Störungen oder Verzögerungen im Gütertransport vor. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann die aktuelle Verkehrslage selbst prüfen. Belgiens Polizei informiert online über Behinderungen auf den Straßen unter: www.inforoutes.be/
2. Wo ist die OBU für Belgien erhältlich?
Es gibt zwei Möglichkeiten, eine OBU zu bekommen: Fuhrunternehmen können sie über Satellic oder einem Partneranbieter online anfordern und sich per Post zuschicken lassen. Man kann sie auch an einem der 128 Ausgabeautomaten beziehen, die in Servicepunkten an den Grenzübergängen und anderswo in Belgien aufgestellt sind. Lkw-Fahrer sollten dort aber mit einer Registrierungszeit von zehn Minuten rechnen. Eine Karte mit den exakten Standorten findet man im Internet unter dem Link: www.satellic.be/nl-BE/servicepoints
3. Also sind die zwischenzeitlich leeren Automaten wieder gefüllt worden?
Die Automaten hat Satellic nach dem ersten Ansturm eigenen Angaben zufolge überall wieder aufgefüllt. Sie enthalten je 30 Boxen. Gegen Zahlung einer Kaution von 135 Euro und vorherige Entrichtung der Maut kann der Lkw-Fahrer aus dem Automaten eine Bordeinheit entnehmen, nachdem er die Daten seines Fahrzeugs – Zulassungsnummer, zulässiges Gesamtgewicht des Gespanns und die Emissionsnorm – eingegeben hat.
Die mobilen Stationen, die Satellic kurz nach dem Start der Lkw-Maut in Belgien an den Grenzübergängen aufgrund des großen Andrangs eingerichtet hatte, existieren nicht mehr.
4. Gibt es noch Lieferschwierigkeiten und technische Probleme mit den OBU?
Die Lieferengpässe sind den massenhaften Auftragseingängen kurz vor dem Start der Lkw-Maut geschuldet gewesen. Die Situation hat sich laut Satellic normalisiert. Dem Unternehmen zufolge funktionieren von bisher etwa 500.000 ausgelieferten OBU rund 1,5 Prozent nicht einwandfrei. Es arbeitet bereits daran, die Technikprobleme schnellstmöglich zu beheben.
Mitunter springt die LED-Leuchte an der Box ohne ersichtlichen Grund und Einwirkung von Grün auf Rot. Die Statusanzeige signalisiert damit, dass die OBU die Maut nicht erhebt. Außerdem sind Aussetzer und Ungenauigkeiten bei der Datenerfassung möglich. Zum Beispiel erkannte das Modul zum Empfang der Daten anfangs keine Privatstraßen, weil diese nicht in der hinterlegten Kartensoftware enthalten waren. Dies will Satellic durch Updates, die derzeit via Satellitenübertragung auf alle Geräte gespielt werden, ändern. Der Prozess könne noch einige Tage dauern, hieß es.
Gelegentlich zeigt die OBU nach Inbetriebnahme auch an, dass sie „nicht bereit“ oder „gesperrt“ ist. Dies kann laut Satellic verschiedene Ursachen haben. Das Unternehmen rät bei der Meldung „nicht bereit“, die OBU länger als 15 Minuten eingeschaltet zu lassen. Wenn das Gerät danach noch immer dieselbe Meldung anzeigt, sollten sich die Betroffenen an den Kundendienst wenden. Zeigt das OBU-Display „gesperrt“ an, kann dies daran liegen, dass die Vorautorisierung der Kreditkarte nicht geklappt hat oder das Guthaben nicht ausreicht.
5. Wer kann mir bei Problemen helfen?
Wenn die OBU nicht richtig funktioniert oder es Probleme mit der Mautabrechnung gibt, sollten Fuhrunternehmen nicht einfach ohne das Gerät durch Belgien fahren, sondern sich an die Betreibergesellschaft Satellic wenden – auch wenn das mit Wartezeiten verbunden ist. Das geht rund um die Uhr. Bei Anrufen aus Belgien und seinen Nachbarländern lautet die Hotline: 00800-72 83 55 42.
6. Wie bekomme ich in Belgien zu viel gezahlte Lkw-Maut zurück?
Wenn die OBU eine falsche Strecke erfasst hat und hinterher eine zu hohe Kilometerabgabe berechnet wird, kann sich der betroffene Fuhrunternehmer an Satellic wenden. Die Betreibergesellschaft erstattet den zu Unrecht abgerechneten Betrag zurück.
7. Wie wird eigentlich die neue Lkw-Maut in Belgien kontrolliert?
Wer keine OBU an Bord hat, sie nicht ordnungsgemäß bedient oder sogar manipuliert, kann laut Satellic über eine Erkennungstechnologie rund um die Uhr und sieben Tage in der Woche aufgespürt werden. Auf allen belgischen Straßen werden dazu feste, flexible und mobile Kontrollen durchgeführt.
8. Wer führt eigentlich die Kontrollen durch?
Die Lkw-Maut-Kontrollen führen regionale Behörden in Zusammenarbeit mit Viapass durch. Dafür stehen neben 40 festen Kontrollbrücken nach Unternehmensangaben insgesamt 40 Fahrzeuge für Unterwegskontrollen zur Verfügung.
9. Was ist, wenn ich keine OBU an Bord habe oder die Maut nicht bezahle?
Ein Lkw-Fahrer, der ohne eine OBU, mit einer nicht funktionierenden OBU oder einer manipulierten OBU in Belgien erwischt wird, muss mit einer Geldbuße von bis zu 1000 Euro pro Verstoß rechnen. Der Lkw-Fahrer hat danach drei Stunden Zeit, den vorschriftsmäßigen Zustand herzustellen. Ist dies nach dieser Zeit nicht geschehen, folgt erneut eine Geldbuße.
10. Wie verhält es sich mit Ausnahmen?
Aufgrund der Liefer- und Technikprobleme lassen die Kontrollbehörden in bestimmten Fällen derzeit noch Gnade vor Recht ergehen. Aber nur dann, wenn der Lkw-Fahrer nachweisen kann, dass er aufgrund „höherer Gewalt“ gegen die Regeln verstoßen hat. Er muss etwa belegen können, dass er zwar bei Satellic registriert ist, aber die Mauterfassung nicht funktioniert hat.
Eine Ausnahme machen die Kontrolleure auch, wenn der Lkw-Fahrer belegen kann, dass sein Chef rechtzeitig (spätestens in der Woche vor dem 1. April) eine Box bestellt hat, sie aber noch nicht erhalten hat. (ag)