München. Nach fast einem Jahr der Beschlagnahme gilt Transportgut unwiderleglich als verloren. Das geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München hervor. Dabei steht einem Ersatzanspruch des Absenders nicht entgegen, dass er sich das Gut selbst wieder beschaffen kann, oder dass es später bei ihm abgeliefert wird. Auch kann die Spedition nicht argumentieren, der Verlust sei unvermeidbar gewesen, wenn ihr Fahrer bewusst Schmuggelware an Bord nimmt und damit die spätere Beschlagnahme auslöst.
Ein Logistikunternehmen - die spätere Klägerin - war beauftragt worden, Gasgebläse nach Worcester zu transportieren, und setzte dafür einen Unterfrachtführer ein. Der Fahrer des Unterfrachtführers fuhr nun aber nicht direkt zum Bestimmungsort der Ware, sondern machte einen Zwischenhalt in einem Lagerhaus, wo mehr als 100 Kilogramm Heroin in den LKW geladen wurden. Da das Lagerhaus polizeilich überwacht wurde, flog die Sache schnell auf, und der Sattelzug wurde samt Ladung beschlagnahmt.
Als Tat- und Beweismittel im anschließenden Strafverfahren befand sich der LKW fast ein Jahr in Gewahrsam der Polizei in Großbritannien. Die Klägerin forderte nun 25.000 Euro Schadensersatz von ihrem Unterfrachtführer. Der Unterfrachtführer wandte ein, die Ware sei unbeschädigt an den Versender zurückgesandt worden.
Haftungsgrenze gilt nicht
Das Oberlandesgericht München sah die Klägerin im Recht: Gemäß CMR (Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr) hafte der beklagte Unterfrachtführer grundsätzlich für den Verlust der Ware. Dieser Verlust sei während der Beschlagnahme eingetreten, so das Gericht. Nach fast einem Jahr Beschlagnahme gelte die Ware als verloren. Außerdem habe ein Gutachten ergeben, dass die Ware nach der Beschlagnahme bereits technisch veraltet war. Auch die Haftungsgrenze aus Art. 29 I, II Satz 1 CMR griff nach Ansicht der Richter nicht, denn der Fahrer der Beklagten habe die Schmuggelware vorsätzlich an Bord genommen. Die Revision wurde nicht zugelassen. (nck)
Oberlandesgericht München
Urteil vom 1. Juli 2011
Az.: 7 U 5611/10