Berlin. Der Untersuchungsausschuss des Bundestags zur gescheiterten Pkw-Maut setzt einen Ermittlungsbeauftragten ein. Das kündigte der Ausschussvorsitzende Udo Schiefner (SPD) am Donnerstag vor einer erneuten Sitzung des Gremiums in Berlin an. Dabei geht es um umstrittene E-Mails von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte die bereits gesetzlich besiegelte Pkw-Maut im Juni 2019 als rechtswidrig gestoppt.
Scheuer darf selber über Vorlage seiner Mails entscheiden
Schiefner machte zugleich klar, der Ermittlungsbeauftragte könne nichts erzwingen. Welche E-Mails sachbezogen seien und vorgelegt werden, müsse weiterhin Scheuer entscheiden. Ein Gutachten dazu sei eindeutig. „Andreas Scheuer und das Ministerium hatten bereits mehrfach erklärt, es lägen dem Ausschuss alle relevanten Mails vor“, sagte Schiefner. „Ich befürchte deshalb, dass uns auch der Ermittlungsbeauftragte keine neuen Erkenntnisse in dieser Sache bringt. Aber ich lasse mich gern überraschen.“
Die Opposition hatte einen unabhängigen Ermittlungsbeauftragten gefordert, um das Abgeordneten-Postfach von Scheuer nach Kommunikation zur Maut durchzusehen. Damit soll verhindert werden, dass Scheuer wichtige Informationen zurückhält.
CSU: „Showmanöver“ der Opposition
Der Obmann der Unionsfraktion im Ausschuss, Ulrich Lange (CSU), sagte, die Einsetzung eines Ermittlungsbeauftragten sei zwar zulässig, biete aber keinen Mehrwert. „Ein Ermittlungsbeauftragter, der nicht mehr Rechte und Möglichkeiten als der Untersuchungsausschuss selbst hat, klärt nicht mehr und schneller auf.“ Lange sprach von einem „Showmanöver“ der Opposition.
Der FDP-Obmann Christian Jung dagegen sagte: „Der sanfte Druck des Ermittlungsbeauftragten wird die Kooperationsmotivation von Herrn Scheuer fördern. Und solange wir die längst überfällige Vollständigkeitserklärung des Ministers auch zur Abgabe aller privaten E-Mails mit Dienstbezug zur Pkw-Maut nicht bekommen, haben wir keinen Grund, der Aufklärungsbereitschaft des Ministers ohne einen Ermittlungsbeauftragten zu vertrauen.“ Dem Ausschuss würden Informationen in E-Mails vorenthalten.
Aussage des Bundesverkehrsministers am 1. Oktober
Im Ausschuss wurden am Donnerstag frühere Mitarbeiter des inzwischen staatlichen Lkw-Mautbetreibers Toll Collect befragt. Toll Collect sollte in die Erhebung der Pkw-Maut eingebunden werden. Die Opposition wirft Scheuer deswegen vor, er habe Kosten und Risiken der Maut in erheblichem Ausmaß bei Toll Collect verstecken wollen. Das Ministerium weist dies zurück.
Am 1. Oktober soll Scheuer erstmals vor dem Ausschuss aussagen. Der CSU-Politiker steht stark unter Druck, weil er die Verträge zu Kontrolle und Erhebung der Maut noch Ende 2018 abgeschlossen hatte, bevor Rechtssicherheit bestand. Die vorgesehenen Betreiber fordern 560 Millionen Euro Schadenersatz, nachdem der Bund die Verträge direkt nach dem Urteil gekündigt hatte. Scheuer weist ihre Forderungen ebenso wie Vorwürfe der Opposition zurück. Im Streit mit den Betreibern Kapsch und CTS Eventim hat ein Schiedsverfahren begonnen. (dpa/sn)