Zwei Gipfeltreffen

Die Bundesregierung hat nach einem Spitzengespräch von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Vertretern der Automobilindustrie Mitte November drei Milliarden Euro zusätzlich zugesagt, um den Einsatz klimafreundlicherer Fahrzeuge voranzubringen und Jobs zu retten. Kurz zuvor hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bei einem virtuellen Nutzfahrzeuggipfel gemeinsam mit Unternehmen und Verbänden ein Konzept vorgestellt, um mit alternativen Antrieben und Kraftstoffen eine "Nullemissionslogistik auf der Straße" zu erreichen. "Wir fördern den Kauf von Lkw, steuern den Aufbau der Tank- und Ladeinfrastruktur und schaffen einen passenden regulatorischen Rahmen. Unser Fahrplan bis 2030 steht: Ein Drittel der Fahrleistung wird grün", sagte Scheuer. Die deutsche Transport- und Logistikwirtschaft begrüßt die staatliche Unterstützung. Umweltschützer und Grünen-Politiker kritisieren die angekündigte Förderung als falsche Strategie für eine Verkehrswende. Kaufanreize für Pkw und Lkw beschlossen Das ist bei dem Autogipfel im Kanzleramt beschlossen worden: Um mehr E-Pkw und -Transporter in Verkehr zu bringen, wird der im Sommer um die Innovationsprämie erhöhte Umweltbonus, der vorerst bis Ende 2021 vorgesehen war, bis Ende 2025 laufen. Damit können Fahrzeugkäufer einen Zuschuss von bis zu 9000 Euro bekommen. Zur Verlängerung der erhöhten Kaufprämie gibt der Staat bis zu eine Milliarde Euro zusätzlich. Plug-in-Hybride - die vor allem mit Benzin oder Diesel fahren - werden allerdings nur noch bezuschusst, wenn diese ab 2022 eine elektrische Mindestreichweite von 60 Kilometern haben und ab 2025 mindestens 80 Kilometer schaffen. Eine Lkw-Abwrackprämie soll zudem alte Nutzfahrzeuge von der Straße holen und den Verkauf neuerer Modelle ankurbeln. Die eine Milliarde Euro, die der Bund dafür investieren will, soll aufgeteilt werden: 500 Millionen Euro sollen Unternehmen beim Austausch eines alten Lkw gegen einen fabrikneuen Lkw mit Elektro-, Wasserstoffoder Dieselantrieb erhalten. Im Gespräch sind Prämien zwischen 10.000 und 15.000 Euro. Weitere 500 Millionen Euro sind für die öffentliche Beschaffung vorgesehen, also etwa den Austausch alter Feuerwehrwagen. Geld geben soll es auch für intelligente Trailer-Technologie. Das deutsche Flottenerneuerungs-Programm braucht jedoch noch die Zustimmung der EU-Kommission. "Bei Lkw und speziellen Einsatzfahrzeugen wollen wir den schnellen Umstieg auf die aktuell umweltfreundlichsten Antriebe durch Flottenaustauschprogramme", sagte SPD-Chef Walter-Borjans. Dabei müssten E-Mobilität und CO2-freie Antriebe allerdings "fühlbar höher gefördert werden" als konventionelle Antriebe. Er betonte, wichtig sei jetzt der parallele Ausbau der Infrastruktur. Das Ziel der Bundesregierung sind gut 72.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte bis Ende 2021. Dazu soll die Fahrzeugindustrie einen signifikanten Beitrag leisten. Kritik am Plan für Verbrenner-Förderung Während Transport- und Logistikverbände wie BGL, BIEK, BWVL und DSLV die politischen Bemühungen um eine Förderung CO2-armer Nutzfahrzeuge lobten, weil sie Investitionssicherheit bringe, kommt die Idee bei Umweltschützern und der Opposition schlecht an. Die Umwelthilfe forderte, statt der Lkw-Abwrackprämie mehr Güterverkehr auf die Schiene zu bringen. Sven-Christian Kindler, haushaltspolitischer Sprecher der Grünen, sagte: "Die SPD hat wie Andreas Scheuer nicht verstanden, was Klimaschutz und Verkehrswende bedeuten." Auch das Umweltbundesamt hatte den Vorschlag kritisiert. Präsident Dirk Messner mahnte, dass die Prämie dem Klimaschutz sogar schade - denn wer jetzt einen neuen Diesel-Lkw kaufe, steige nicht kurz darauf um auf einen Elektro-Lkw. Und selbst wenn theoretisch alle Lkw der älteren Abgasnormen 3 bis 5 durch solche der neuesten Norm ersetzt würden, spare das im Jahr nur 0,7 Millionen Tonnen CO2 ein. Zum Vergleich: Der Verkehrsbereich in Deutschland stieß im Jahr 2019 mehr als 163 Millionen Tonnen CO2 aus. Der Bundesverkehrsminister verteidigte das Konzept dagegen: Solange es keine massentauglichen großen Lkw mit Batterie oder Brennstoffzellenantrieb gebe, brauche man eine Brücke, sagte Scheuer. Mehr zum Thema finden Sie unter #Verkehrspolitik www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Die Bundesregierung will mit Blick auf die Klimaziele den Strukturwandel im Straßenverkehr und in der Automobilbranche vorantreiben. Geplant ist neben einer verlängerten E-Auto-Förderung eine staatliche Lkw-Abwrackprämie. Transport- und Logistikfirmen hoffen auf rasche Planungssicherheit, Umweltschützer üben Kritik.

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