'Wir wollen truckiger werden'

"Wir wollen truckiger werden"Erstmals musste Mercedes-Benz die Spitzenposition im Image-Ranking der VerkehrsRundschau räumen. Das soll sich ändern – so die Kampf-ansage des LKW-Chefs Europa und Lateinamerika Hubertus Troska im Interview.Mercedes-Benz hat gerade den neuen Actros MP3 gelauncht. Herr Troska, stellen Sie sich vor, Sie müssten einen Slogan entwerfen. Wie würden Sie den MP3 titulieren?Hubertus Troska: "Die erfolgreichste Sattelzugmaschine Europas noch besser gemacht", wäre mein Vorschlag.Das ist ein bisschen sachlich und nüchtern. Ihre Historie bei AMG lässt vermuten, dass Sie auch eine emotionale Seite haben. Könnte man das vielleicht ein wenig emotional aufladen?Die Zahlen, die für den Actros sprechen, sind zunächst nüchtern 550.000 verkaufte Actros in zehn Jahren. Der Fokus des neuen Actros liegt ganz klar darauf, ihn für unsere beiden Hauptkunden – den Unternehmer, der ihn meistens kauft, sowie den Fahrer, der dort harte Arbeit verrichtet – noch besser zu machen.Mittlerweile haben sich die Fahrzeuge der einzelnen Hersteller technisch stark angeglichen. Marktanteile lassen sich vor allem mit dem Image der Marke gewinnen. Wie würden Sie das Image von Mercedes-Benz beschreiben?Mercedes-Benz steht für Zuverlässigkeit, Qualität und hohe Wirtschaftlichkeit für den Unternehmer. Niedrigster Kraftstoffverbrauch und höchster Restwert sind nicht nur Marketingversprechen von uns. Sondern es sind auch messbare und in vielen Testberichten validierte Faktoren, die es für einen Unternehmer unter dem Strich rentabel machen, einen höheren Anschaffungspreis zu zahlen, da er über die Laufzeit von drei, vier Jahren ein wirtschaftlicheres Produkt hat. Kürzlich verlieh die VerkehrsRundschau den diesjährigen Image-Award. Erstmals musste Mercedes-Benz den ersten Platz räumen. Was tun Sie, um wieder an die Spitze zu kommen?Jahrelang haben wir die Spitze angeführt – jetzt hat es ein Foto-Finish mit sieben von tausend Punkten Unterschied gegeben. Natürlich möchte ich mit Mercedes-Benz wieder an erster Stelle stehen. Neben dem Image ist mir besonders wichtig, dass unsere Produkte weiterempfohlen werden. Umso erfreulicher ist es für uns, dass wir in der Kategorie Weiterempfehlungsquote mit weitem Abstand vor den Wettbewerbern an der Spitze liegen.Das ist richtig. Über 70 Prozent würden Mercedes-Benz weiterempfehlen. Bei jenen, die sie nicht weiterempfehlen, waren die Hauptkritikpunkte "Service", "Mitarbeiter" und "Kosten". Offensichtlich gibt es da Baustellen, an denen Sie arbeiten müssen. Dass wir beim Preis traditionell etwas schlechter bewertet werden, ist richtig. Aber wie bereits ausgeführt, nehmen wir dieses in Kauf, wohl wissend, dass der Preis durch die langfristige Wirtschaftlichkeit gerechtfertigt ist. Das heißt nicht, dass wir glauben, unser LKW müsste zehn Prozent teurer sein als die anderen. Wir stecken so viel Entwicklungsenergie in den günstigsten Kraftstoffverbrauch und in die höchste Zuverlässigkeit, dass ein paar Prozentpunkte im Preis mehr durchaus angemessen sind. Bleiben wir beim Service: Auf der Jahrespressekonferenz hat der Daimler-Vorstandsvorsitzende Dieter Zetsche das Programm "Truck Dedication" angesprochen. Was ist da der Status quo und wie soll es weitergehen?In Deutschland und einigen anderen Ländern haben wir traditionell Händler, die kombiniert sowohl PKW als auch Transporter und LKW betreuen. Künftig wollen wir bei Neu- und großen Umbauten die Fokussierung im Service noch stärker auf die speziellen Bedürfnisse der einzelnen Kunden ausrichten. Jeder Händler soll seinen Standort dort haben, wo der LKW-Kunde oder entsprechend der PKW-Kunde uns braucht.Gibt es eine Vorgabe, wie viele reine Truck-Center es künftig geben soll?Es gibt keine konkrete Vorgabe, aber alle Neubauten und großen Umbauten werden ab sofort mit noch größerem Fokus auf die Bedürfnisse der Truck-Kunden durchgeführt.Die gesuchte Kundennähe betrifft auch die Öffnungszeiten?Selbstverständlich! Ein LKW-Kunde braucht Service dann, wenn sein Fahrzeug nicht im Einsatz ist. Viele unserer LKW-Betriebe vertreten heute schon die Philosophie "Wir machen dann zu, wenn wir den Auftrag für den Kunden abgeschlossen haben. Auch wenn es bis Mitternacht dauert."Wo sehen Sie außerhalb des Truck-Dedication- Programms Ansatzpunkte sich weiter zu verbessern – gibt es konkrete Projekte?Unser oberstes Ziel ist die Zufriedenheit unserer Kunden – und um genau das zu erreichen, haben wir das Programm Truck Dedication mit zahlreichen bereits genannten und weiteren Maßnahmen eingeführt. Unser Motto ist: truckig, kompetent und hoffentlich sympathisch. Bisweilen wird Mercedes-Benz eine gewisse Arroganz im Umgang mit den Kunden nachgesagt. Das kann in Einzelfällen bestimmt mal passieren, wenn verschiedene Charaktere aufeinandertreffen. Unser Ziel ist es, alles zu tun, damit wir unser gutes Image durch Taten, durch hoffentlich gute Performance und durch gute Kundenbetreuung jeden Tag ein Stück verbessern.Das klappt bei den Mercedes-Benz-Kunden sehr gut. Bei Nichtkunden fällt Mercedes-Benz im Image-Ranking aber hinter MAN, Scania und Volvo zurück. Wie bringen Sie auch bei Nichtkunden den Stern künftig wieder stärker zum Leuchten?Ich hoffe, er leuchtet hell und deutlich. Aber Sie haben Recht, wir sprechen von Image und Wahrnehmung. Wenn viele der Befragten sagen, dass sie uns so sehen, dann nehme ich dies sehr ernst. Mit Projekten wie Truck Dedication wollen wir als LKW-Organisation dem entgegenwirken und noch "truckiger" werden. Sprich für unsere Kunden jederzeit da sein – und zwar stets auf Augenhöhe. Wie sieht dies beim für die Fuhrunternehmen immer wichtiger werdenden Thema Umwelt aus? Reicht die aktuelle Dieseltechnologie in Kombination mit den momentanen Aerodynamikelementen des Actros aus, um künftige CO2-Herausforderungen zu meistern?Zum einen ist nach unseren internen Informationen – viele Tests in Fachzeitschriften bestätigen dies – der Actros in seiner Klasse das Fahrzeug mit dem geringsten Kraftstoffverbrauch. Wir haben im Actros III jetzt serienmäßig MPS, also die automatisierten Schaltgetriebe, eingeführt, was den Kraftstoffverbrauch weiter mindern wird. Wir glauben, dass die Kunden, die bisher kein automatisiertes Getriebe hatten, im Durchschnitt den Kraftstoffverbrauch nochmal um drei Prozent senken können. Für die weitere CO2-Reduktion gibt es verschiedene Konzepte. Die würden aber zum Beispiel signifikante Eingriffe in die Aerodynamik des Aufliegers bedeuten. Außerdem kann man ein bisschen aus der Kabine herausholen, indem man die Windschutzscheibenneigung und die so genannte Pfeilung verändert, aber das geht zulasten des Lebensraumes, des Komforts und der Ablagen für die Fahrer. Ich glaube, wir haben in den Maßen, 2,5 Meter breit und 4 Meter hoch, weitestgehend die Aerodynamikmöglichkeiten ausgeschöpft. Das heißt der Wunsch des BGL nach dem 26-Liter-LKW bleibt ein hehrer und ist von Mercedes-Benz nicht zu erfüllen?Im Augenblick sehe ich keinen Hersteller, der unter den normalen Nutzungsbedingungen der Straße signifikant den Kraftstoffverbrauch weiter reduzieren könnte, als wir das getan haben – ohne signifikante Einbußen, sei es der Leistung mit Durchschnittsgeschwindigkeit oder des Wohnraums. Eine Möglichkeit CO2 zu sparen kann der EuroCombi sein. Wie lange rollt Ihr 60-Tonner noch im Werksverkehr? Unser EuroCombi fährt viermal die Woche. Wir berichten regelmäßig unsere Daten an das Verkehrsministerium hier in Baden-Württemberg. Das Angebot der Industrie ist also da. Wir haben hier, glaube ich, eine politische und keine unternehmensgeführte Diskussion. Würde es denn, wie oft propagiert, wirklich weniger LKW geben, wenn der 60-Tonner käme?Ja, das ist eine einfache Rechnung.Aber das wäre für Ihr Unternehmen doch nicht rentabel ...Ja, da haben Sie Recht! Ich habe scheinbar als LKW-Verkäufer gar kein Interesse an diesen Fahrzeugen, denn anstatt drei würde ich nur zwei LKW verkaufen. Aber wir alle haben ein Interesse daran, dass unsere Kühlschränke morgens gefüllt sind und die Transportindustrie effizient ihre Arbeit verrichten kann. Die großen Euro-Combis sind ein Beitrag dazu.Ich kann mir nicht vorstellen, dass die In-dustrie so selbstlos ist und gerne weniger ver-kauft. Irgendwo müssen Sie doch auch Ihr Geschäft machen? Ja. Aber schauen Sie, die Erwartungen an ein steigendes Transportaufkommen in Europa sind so hoch, dass ich mir keine Gedanken mache, dass unser Geschäft einbricht. Man mag das mit Schmunzeln quittieren, aber viele LKW fahren heute mit Aufklebern, auf denen steht "Ohne mich wäre die Autobahn schön leer, genau wie ihr Kühlschrank". Denn vielen Autofahrern sind die LKW als Verkehrshindernis ein Dorn im Auge, aber sie werden gebraucht, denn sie sind die effizienteste Form, die heutige Industrie- und Transportlogistik zu bewältigen. Insofern gibt es keine Alternative zum LKW!Vielen Dank für das Gespräch.❙❚■ Kathrin Petersen, Rocco SwantuschNeben dem neuen Actros will Hubertus Troska künftig mit größerer Kundennähe punkten

'Wir wollen truckiger werden'

Marktübersicht: Kombi-Operateure in Europa

Cyber-Sicherheit

MEISTGELESEN

Vier-Milliarden-Euro-Bahnstrecke München-Stuttgart für Güterzüge ungeeignet

Neuer Verkehrsminister Schnieder (CDU) im eigenen Podcast

Podcast: Wir rechnen vor – lohnt sich ein E-Lkw im Vergleich zum Diesel?

WEITERLESEN

NEWSLETTER