"Wir fahren eine gesunde Preispolitik"

MAN war die letzten Jahre nicht unbedingt hochpreisig unterwegs. Jetzt haben Sie ein neues Lkw-Programm vorgestellt, das man möglichst teuer verkaufen will. Wie vermittelt man das dem Kunden? Unser enormes Wachstum in den letzten drei Jahren lag vor allem an einer guten Strategie. Ich widerspreche, wenn es heißt, wir sind preisaktiv am Markt unterwegs. Wenn man wachsen möchte, muss man vor allem sehen, wo Potenzial ist. KBA-Zahlen zeigen, dass wir in den kleineren Kundensegmenten, da spreche ich von Fuhrparks von sechs bis 20 Fahrzeugen, den größten Teil erzielt haben. Das ist eine sehr loyale Kundschaft, mit der man auch längere Jahre zusammenarbeiten kann. Wir sind damit sogar Marktführer bei den kleineren Fuhrparks geworden. Wie betreuen sie die Kunden? Wir denken nicht mehr klassisch in Klassen bis sechs, bis 12, bis 16 Tonnen und größer. Wir steuern unsere Verkäufer nach den tatsächlichen Bedürfnissen unserer Kunden - wie richten diese ihr Geschäft aus, was sind die Anwendungen, also welche Applikationen? So haben wir uns sehr genau den Kundenbedürfnissen angepasst - von der Betreuung und von der Netzqualität - und haben dort auch investiert. Das hat uns den Erfolg gebracht in Hinblick auf Kundenzufriedenheit, Kundenfokus und einer wirklich hoch motivierten Vertriebs- und Servicemannschaft, die alles getan hat, um den Kunden zufriedenzustellen. Und die Kunden haben uns deshalb ihr Vertrauen geschenkt. Durch unser konsequent gutes Gesamtpaket konnten wir eine stabile Preispolitik fahren. Der Markt ist schwer umkämpft, aber ich kann versichern, dass wir auch zukünftig professionell und kundenorientiert unterwegs sind. Da ergeben sich gleich drei Fragen: Hat MAN Geld verdient? Ist das Marktsegment von sechs bis 20 Fahrzeugen nicht am Aussterben? Und in welchen Segmenten ist MAN besonders gewachsen? Wir sind tatsächlich in allen Bereichen gewachsen, nicht nur bei den klassischen Sattelzugmaschinen. Es gibt nach wie vor kleinere Speditionen, die spezialisiert sind und sehr gutes Geld verdienen. Und wir decken mit über 500 Verkäufern und über 340 Servicebetrieben die Nähe zum Kunden sehr gut ab. Die kleineren Fuhrparks werden nach unserer Beobachtung auch nicht aussterben. Es hat eine gewisse Verschiebung gegeben bei den Standard- und Fernverkehren. Aber sobald es ein spezieller wird, ist man mit einem kleinen Unternehmen gut aufgestellt im Wettbewerb. Und um die erste Frage zu beantworten: Ja, wir haben Geld verdient die letzten Jahre! Die TGX/TGS-Baureihe verkauft sich erstaunlicherweise noch sehr gut. Freuen sich die Kunden trotzdem auf das neue Modell? In den kleineren Betrieben ist es oft sehr familiär, da sind die Chefs meist sehr technikaffin. Und 2019 wurde eine komplett überarbeitete Motorengeneration vorgestellt. Diese ist sowohl in der bisherigen Baureihe als auch in der neu vorgestellten Fahrzeuggeneration verbaut. Außerdem gab es eine Weiterentwicklung des Antriebsstrangs, diesen findet man ebenfalls in unserem neuen Fahrzeug. Das heißt, wenn jemand ein Fahrzeug aus der (noch) aktuellen Baureihe kauft, bekommt er schon ein Stück weit die Technik von morgen, und die funktioniert sehr gut. Zudem haben wir uns in puncto Qualität weiterentwickelt. Das gepaart mit einem guten Service und einer Top-Betreuungsqualität - das kommt gut beim Kunden an. Was sind denn kurz gesagt die Hauptvorteile der neuen Baureihe? Wir haben den Kraftstoffverbrauch um bis zu acht Prozent und damit die CO2-Emissionen deutlich reduziert. Darüber hinaus wurde das Fahrerhaus umfangreich neu gestaltet und bietet noch mehr Komfort für den Fahrer. Gleichzeitig sorgen neue Assistenzsysteme, darunter unsere neu entwickelte Abbiegehilfe, für erhöhte Verkehrssicherheit. Wann starten Sie mit dem Verkauf? Wir starten langsam im zweiten Quartal 2020 und verkaufen dann parallel das aktuelle, bewährte Fahrzeug bis zum Jahresende. Wir fangen beim Neuen mit den Sattelzugmaschinen an. Bis zur IAA können wir die komplette Baureihe vermarkten. Kommen zur IAA auch andere, alternative Antriebskonzepte? Es ist noch zu früh, hierzu etwas zu sagen. Aber es ist ja bekannt, dass unsere Strategie das Thema Elektromobilität ist. Erdgas ist für uns derzeit im Truck-Bereich kein Thema. Wir hören, dass es eine große Nachfrage von den deutschen Kunden gäbe nach E-Trucks von MAN. Wann wird dieses Interesse befriedigt? Wir haben angefangen mit einer Kleinserie des MAN eTGM. Verkaufsstart war November 2019. Das läuft auch sehr gut an. Das ist unser Startschuss für die E-Mobilität in den Kundenanwendung mit verschiedenen Aufbauten hier in Deutschland. Das ist aber noch das alte Modell? Ja, das ist die bestehende Basis. Der MAN TGM, den wir heute kennen, dann elektrifiziert. Der Schlüssel zur E-Mobilität ist ein hohes Maß an Beratungsleistungen. Wie stellt sich MAN da auf? Wir haben jetzt eine Abteilung namens "Transport Solutions", welche die Verkäufer draußen im Feld unterstützt, um alle Kundenfragen zur Elektromobilität zu beantworten. Da geht es um Ladeinfrastruktur, Batterien, Lebensdauer, aber auch darum, wie und wo man die Ladestellen anfahren oder die Be- und Entladung durchführen kann. Auch die Ladeinfrastruktur in den jeweiligen Regionen, am jeweiligen Gebäude oder auf der Strecke ist ein wichtiges Thema. Das sind alles Fragen, die unsere Kunden haben, bevor sie sich dazu entscheiden, einen elektrischen Lkw zu kaufen. Aktuell arbeitet dort ein gutes Dutzend Kollegen, die den Vertrieb unterstützen. Gibt es schon eine grobe Einschätzung, wo E-Mobilität Sinn hat? Aus unserer Sicht in der innerstädtischen Distribution, also im urbanen Bereich, und natürlich auf der letzten Meile. Gerade hier setzen wir auch stark auf unseren Elektro-Transporter eTGE, den wir schon über ein Jahr im Angebot haben und dessen Preise wir Ende 2019 gesenkt haben. Damit wird eine TCO-Parität mit dem Diesel-Pendant möglich. Wenn man dann noch die richtigen Fördermittel bekommt, wird dies richtig interessant. Aktuell bleibt aber der Diesel bestimmende Antriebstechnik. Bis wann geht der Trend zur E-Mobilität beim Nutzfahrzeug? In den nächsten Jahren werden wir mehr und mehr elektrifizierte Lkw und Busse im Einsatz sehen. Nächstes Jahr kommt beispielsweise unser Stadtbus in Serie, und bis Mitte der 20er-Jahre haben wir eine Serienlösung für schwere Lkw. Wir besetzen das Thema Elektromobilität und werden CO2-Emissionen reduzieren. Schon das CO2-Flottenziel 2025 lässt sich nur mit elektrifizierten Lkw erreichen. Absolut notwendig ist deshalb der Aufbau der entsprechenden Infrastruktur. Welches Potenzial steckt denn noch im Dieselmotor? Mit Euro 6d sind wir schon ziemlich weit. Es wird demnächst eine weitere Stufe geben. Da geht sicherlich noch mal ein bisschen was, aber im Detail kann ich dazu gegenwärtig noch nichts sagen. Wie geht es weiter mit der Kundenansprache? Wir wollen Kundenzufriedenheit und Mobilitätsangebote weiter ausbauen. Unser Update zur Strategie folgt in Kürze. Aber ich kann schon so viel sagen, dass wir Deutschland in sechs Regionen aufgeteilt haben, mit entsprechenden Servicebetrieben. Das Ganze erweitern wir nun um Österreich und die Schweiz und haben somit eine neue und starke DACH-Organisation. Gemeinsam mit einer neuen Struktur bleiben wir somit nahe am Kunden und sind weiter sehr unbürokratisch. Das hilft uns, in hoher Geschwindigkeit Entscheidungen im Sinne des Kunden zu treffen, um diesen schnell mobil zu halten. Das heißt konkret? Vor zehn Jahren haben wir ein Fahrzeug verkauft, 20 Seiten ausgedruckt und den Kunden gebeten, alles zu unterschreiben. Dann hatten wir intern Schleifen mit vielen Genehmigungen, was viel Zeit gekostet hat. Das haben wir jetzt abgekürzt. Das brauchen wir nicht mehr. Wir haben die Prozesse so weit optimiert, dass die viel schneller sind, um dem Kunden eine Antwort zu geben, damit es weitergeht und der Lkw wieder fahren kann. Bleiben wir beim Thema Mobilität. Wie regelt MAN das Thema Vermietung und Leasing künftig? Es gibt die Euro-Leasing GmbH, eine 100-Prozent-Tochter der Volkswagen Financial Services AG. Unter den Marken "Euro-Leasing" und "MAN Rental" bietet das Unternehmen unseren Kunden Kurzund Langzeitmietkonzepte für die gesamte Produktpalette der MAN Truck & Bus. Leasing, Mietkauf und Versicherung werden von MAN Financial Services angeboten, die ebenfalls eine Tochter der Volkswagen Financial Services AG ist. Und welche Rolle spielt BFS, nach eigenem Bekunden ebenfalls eine MAN-Vermietung? Die BFS ist ein Partner von uns, der sehr stark mit unseren Servicepartnern zusammenarbeitet. BFS ist spezialisiert auf den Bereich Mietfahrzeuge für Spezialanwendung, da gibt es bis zum Betonmischer alles. Euro-Leasing vermietet die gesamte Produktpalette der MAN Truck & Bus - von gut ausgestatteten Standardfahrzeugen über branchenspezifische Fahrzeuge bis hin zu Individualkonfigurationen mit Design nach Kundenwunsch. Das ergänzt sich also wunderbar. Und wenn der Kunde noch einen Trailer braucht? Dann geht er zu seinem MAN-Verkäufer. Der regelt das. Sprechen wir zum Schluss noch über Konnektivität - ist ja in aller Munde. Da kommt bei MAN ein weiterer Name - RIO - ins Spiel. Was hat es damit auf sich? RIO ist eine offene, Cloud-basierte Plattform und eine unabhängige Marke unter dem Dach der Traton Group. Unser neuer Lkw steht natürlich auch für das Thema Konnektivität, das ist bei der Entwicklung ein großer Part gewesen. Aufbauend auf der RIO-Plattform, bieten wir unseren Kunden mit "MAN Digital-Services" für MAN-Fahrzeuge maßgeschneiderte digitale Lösungen an. Und immer mehr Kunden sind von RIO überzeugt und aktivieren das System bei uns. Jeden Monat erhöht sich die Anzahl an RIO-Kunden um 25 Prozent. Inzwischen haben wir in Deutschland 38.900 Fahrzeuge auf der Plattform, das hat sich gigantisch entwickelt. Mehr zum Thema unter #MANTrucks www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Im Oktober 2019 übernahm Christoph Huber als Vorsitzender der Geschäftsführung die Leitung der MAN Truck & Bus Deutschland GmbH. Zuvor verantwortete er seit 2016 den deutschlandweiten Vertrieb von Lkw und Transportern bei dem Münchener Hersteller.