Wer den Fahrer hat, hat die Fracht

Auf der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover feiert sich die Branche wieder. Sauber herausgeputzt werden die Fahrzeuge im Scheinwerferlicht präsentiert. Egal, ob die Fahrzeughersteller, die Produzenten der Auflieger und Komponenten oder die Anbieter von Telematik und Zubehör: Sie alle werden versuchen, den Besuchern der Messe die moderne Technik im Straßengüterverkehr näherzubringen. Doch der Alltag sieht in der Regel nicht so glamourös aus. Unter den Transportunternehmern, die sich auf den Weg nach Hannover machen, dürften einige sein, die sich zwar für alle diese Produkte interessieren, die sich aber womöglich fragen werden, wer künftig in den nagelneuen Fahrerhäusern sitzen soll. Osteuropäer sorgen für Entlastung Denn der Fahrermangel bereitet vielen Transporteuren zunehmend Sorgen. Schon seit einigen Jahren schwebt dieses Problem wie eine dunkle Gewitterwolke über der Branche. Doch Donner und Blitz sind bis heute bei den meisten Fuhrbetrieben ausgeblieben. Dass das Problem des Fahrermangels noch überschaubar ist, liegt auch an den Transporteuren aus Osteuropa. Denn das Volumen, das die osteuropäischen Frachtführer im nationalen und internationalen Güterverkehrsmarkt mittlerweile transportieren, das könnten deutsche Fuhrunternehmen in vollem Umfang gar nicht übernehmen, weil es am entsprechenden Personal fehlt. Nicht die Fahrzeuge sind der Engpass - die lassen sich schnell kaufen oder auch produzieren - der wahre Engpass sind die Fahrer. Fahrermangel nicht nur im Fernverkehr Das zeigen jetzt auch die Ergebnisse einer Exklusivumfrage der VerkehrsRundschau im Rahmen der VR-Index-Befragung, die von der Unternehmensberatung Bearing-Point unterstützt wird. Demnach hat derzeit jeder zweite Transportdienstleister mit Fahrermangel zu kämpfen (siehe auch Grafik Seite 20). Häufig ist zu hören, dass es vor allem im Fernverkehr schwierig ist, Fahrer zu finden, da viele gerne am Abend wieder zu Hause sein wollen. Doch dem ist offenbar nicht so. Denn immerhin 39,7 Prozent der Dienstleister sagen, dass sie unabhängig von Nah- oder Fernverkehr keine Mitarbeiter für diesen Job finden. Und nur 6,4 Prozent geben an, dass sie ausschließlich im Fernverkehr Probleme haben, offene Stellen zu besetzen. Für den Nahverkehr sind es mit 3,9 Prozent aller Dienstleister nicht viel weniger Betriebe, die mit Fahrermangel zu kämpfen haben. Ein Drittel der Dienstleister muss sich derzeit nicht mit dem Problem Fahrermangel herumschlagen. Eine durchaus beachtliche Zahl. Doch vier von fünf Spediteuren, die diese Ansicht vertreten, gehen davon aus, dass in den nächsten fünf Jahren auch ihnen das Problem Fahrermangel vor die Füße fallen wird. Die Schlinge wird also immer enger. Die Auftraggeber kennen laut Umfrage der VR die Nöte ihrer Dienstleister. 48,1 Prozent der Verlader, die mehrheitlich Dienstleister einsetzen, wissen von ihren Auftragnehmern, dass diese ein eklatantes Problem mit der Besetzung von Fahrerstellen haben. Aber andererseits geben auch 44,5 Prozent der Verlader an, dass für ihre Dienstleister Fahrermangel offenbar kein Thema ist - wobei auch hier eine kleine, aber wichtige Einschränkung folgt: 22,3 Prozent der Verlader ist bekannt, dass ihre Dienstleister in den kommenden fünf Jahren Probleme bekommen werden mit dem Fahrermangel. Auch den Auftraggebern ist also bewusst, dass die Branche auf einen Engpass zusteuert. Die Frage ist, ob sich das Fehlen von Personal auch auf die Fahrerlöhne auswirkt und wenn ja, inwiefern dies zu einer Erhöhung der Transportpreise führen wird. Auch dazu haben sich die Dienstleister und Verlader im Rahmen der VR-Index-Befragung geäußert. Unter den Dienstleistern besteht kein Zweifel: Folgen des Fahrermangels werden höhere Fahrerlöhne sein. Mit 88,4 Prozent aller Dienstleister vertritt eine eindeutige Mehrheit in der Umfrage diese Ansicht. 9,0 Prozent haben dazu keine Meinung oder wollen sich nicht äußern und nur 2,6 Prozent gehen davon aus, dass ein Engpass bei den Fahrern keine steigenden Gehaltszahlungen für diesen Berufszweig nach sich ziehen wird. Wer trägt die Kosten eines Lohnanstiegs? Doch wer trägt dann die steigenden Personalkosten? Immerhin sagt gut ein Drittel der befragten Dienstleister voraus, dass die Fahrerlöhne zwar steigen, aber deshalb die Transportpreise nicht in die Höhe gehen werden. Anders ausgedrückt: Obwohl 88,4 Prozent der Dienstleister mit einem Anstieg der Fahrerlöhne rechnen, gehen nur 53,8 Prozent davon aus, dass damit auch ein Anstieg der Transportpreise verbunden ist und somit diese Kosten an die Verlader weitergereicht werden. Gefragt wurden die Dienstleister auch, in welchem Umfang sie aufgrund von steigenden Fahrerlöhnen mit einem Anziehen der Transportpreise rechnen. 14,1 Prozent gehen davon aus, dass die Frachtraten um bis zu drei Prozent steigen werden. 24,3 Prozent erwarten eine Zunahme zwischen drei und fünf Prozent. Und 15,4 Prozent der Dienstleister gehen davon aus, dass aufgrund steigender Fahrerlöhne die Frachtraten um mehr als fünf Prozent klettern werden. Soweit die Einschätzung der Dienstleister. Bei den Verladern hingegen ergibt sich ein etwas anderes Bild. Mit 74,3 Prozent geht zwar auch bei ihnen die Mehrheit davon aus, dass der Fahrermangel zu steigenden Löhnen führen wird. Allerdings sind das doch deutlich weniger als bei den Dienstleistern mit 88,4 Prozent. 10 Prozent der Verlader sind der Auffassung, dass der Fahrerengpass ohne Folgen für die Löhne bleiben wird. 15,7 Prozent äußern sich nicht zu dem Thema. Fahrer wird die entscheidende Ressource Überraschend sind die Aussagen der Verlader zu den Folgen einer Erhöhung der Fahrerlöhne. Nur 8,6 Prozent der Verlader gehen davon aus, dass ein solcher Anstieg für sie ohne Folgen bleibt und sich nicht in höheren Frachtpreisen niederschlägt. Daraus den Rückschluss zu ziehen, dass die meisten Verlader bereitwillig eine Erhöhung der Transportpreise schlucken würden, wäre sicher übertrieben. Andererseits zeigt das Ergebnis: Der überwiegende Teil der Verlader weiß nicht nur um das Problem der Dienstleister, Fahrer zu finden. Ihnen ist auch bewusst, dass eine damit einhergehende Lohnerhöhung für die Spediteure alleine nur schwer zu stemmen ist. Die Ergebnisse zeigen, dass der Fahrer zunehmend zu einem Engpass wird und damit künftig derjenige im Vorteil ist, der über diese knappe Ressource direkt verfügt - und zwar nicht nur über Subunternehmen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Lkw-Fahrer www.verkehrsrundschau.de/dossiers Die Frage des Quartals Jedes Quartal befragt die VerkehrsRundschau Unternehmen zu aktuellen Themen aus der Logistikbranche. In diesem Quartal haben Fach- und Führungskräfte von 78 Logistikdienstleistern und 70 Verladern an der vom Marktforschungsinstitut Kleffmann durchgeführten Untersuchung teilgenommen. Unterstützt wird die Frage des Quartals von der Unternehmensberatung BearingPoint. cd Überalterung der Berufskraftfahrer Unternehmen rekrutieren vermehrt Fahrer aus dem Ausland Gut eine halbe Million Berufskraftfahrer (genau: 538.010) gab es 2014 im Straßengüterverkehr in Deutschland: Das war ein Plus von 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Da es offenbar immer schwieriger ist, Deutsche für diesen Job zu begeistern, hat der Anteil von Fahrern aus dem Ausland in den letzten Jahren zugenommen. Betrug deren Anteil an den sozialversicherungspflichtig beschäftigten Berufskraftfahrern 2012 noch 7,9 Prozent, ist er 2014 auf 10,9 Prozent gestiegen. Laut Bundesamt für Güterverkehr (BAG) stellten deutsche Unternehmen vor allem Fahrer aus Mittel- und Osteuropa ein.Aber der zunehmende Anteil ausländischer Fahrer hat nicht verhindern können, dass sich die Altersstruktur der Lkw-Fahrer ungünstig entwickelt hat und die Fahrer tendenziell immer älter werden (siehe Grafik unten). Nach Angaben des BAG fielen die tariflich vereinbarten Lohnsteigerungen für Berufskraftfahrer zuletzt regelmäßig höher aus als die Anstiege der Verbraucherpreise. Es kam also zu realen Lohnsteigerungen. Ein Indiz dafür, dass die Transportunternehmen versuchen, über höhere Gehälter Menschen für den Job des Fahrers zu begeistern. Trotz einer steigenden Entlohnung war jedoch die Zahl der 2014 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge bei den Berufskraftfahrern rückläufig. Die Branche füllt den Bedarf also vornehmlich mit Quereinsteigern auf. cd

Elektromobilität: Hamburg will Ladepunkte auf 10.000 erhöhen

Bürokratieentlastung: Bundesrat stimmt neuer Verordnung zu

Automobilzulieferer: Bosch will weitere Stellen streichen

A7 wird zeitweise gesperrt

Schwerpunktkontrollen: Viele Verstöße von Lkw und Bussen

Alle Schlagzeilen

Wer den Fahrer hat, hat die Fracht

HASHTAG

#Arbeitsrecht

Warten auf Brüssel

Ende gut, alles gut?

So gelingt das Arbeiten im Home Office

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Duvenbeck übernimmt Sander Logistics

Who is Who Logistik: Themen und Trends für 2025

STELLENANGEBOTE

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

Area HR Business Partner

WEITERLESEN

NEWSLETTER