Interview: Warum das Premiumprodukt von der Krise profitierte

Was sind die drei Schlüsselbegriffe des Scania Designs? Für das Exterior ist das wichtigste Wort "athletisch". Als Bild dazu dient ein Rennpferd: Schlank, stark und bereit für seinen Einsatz. Und schon am Anfang des Projektes beschlossen wir intern, dass die sehr starke Scania-DNA, die wir wie einen Schatz hüten und die von Fahrern und Kunden so gemocht wird, beibehalten werden soll. Das sorgt das sowohl von Nahem als auch von der Entfernung für einen hohen Wiedererkennungswert. Das Wort "Wiedererkennung" ist übrigens der nächste Schlüsselbegriff. Deshalb haben wir auch das umlaufende "T" auf eine moderne Art weiterentwickelt, das aus dem Grill über die Scheibe und die A-Säulen in die Grafik der Seitenfenster läuft. Die Unterteilung des Grills entwickelten wir ebenfalls weiter. Außerdem achteten wir darauf, dass die Kabine weiterhin die kräftige, leicht nach vorn ziehende Proportion behält. Und wie sieht es innen aus? Das Interior könnte man unter dem Oberbegriff "agile Stärke" zusammenfassen. Wir haben hier die Lkw-typisch blockige Gestaltung durch ein leichter wirkendes "Flügelthema" ersetzt, das deutlich schlanker wirkt. Auch die Sicht aus dem Lkw wurde noch mal deutlich verbessert, was ein wichtiger Punkt in der Entwicklung war. Außerdem sollten Arbeitsplatz und Wohnraum stärker differenziert werden. Das Interieurdesign orientiert sich am Fahrer. Denn Scania ist das Fahrerauto schlechthin! Wann begann die Entwicklung der neuen Kabine und wann wurde das Design fixiert? Da wir im Design permanent an Konzepten und Entwicklungen für die Zukunft arbeiten, ist es sehr schwer, einen exakten Zeitpunkt festzulegen. Doch die Entscheidung, eine neue Kabinenfamilie für eine konkrete Markteinführung zu entwickeln, fiel 2007. 2013 konnten wir das Design des Trucks fixieren. Alle Beteiligten, von den Märkten bis zur Produktion, hatten zugestimmt. So gingen wir in die ernsthafte Vorbereitung für Prüfung und Produktion. Was wurde vom Vorgänger übernommen und was wurde komplett neu gestaltet? Übernommen haben wir lediglich die DNA der Grundgestaltung mit dem umlaufenden T-Thema. Ansonsten ist alles neu und wir begannen damit auf dem sprichwörtlichen weißen Blatt Papier. Im Exterior sorgen geschärfte Linien und schmale Fugen für mehr Präzision, innen haben wir durch das Flügelthema und die geänderte Sitzposition eine mehr Raum geschaffen. Und die Haptik weiter in Richtung Premium-Pkw verschoben. Es gibt Ideen zu neuen Kabinenabmessungen, um die Aerodynamik und Sicherheit weiter zu verbessern. Wie wird Scania darauf reagieren? Dieses Thema beschäftigt aktuell alle Hersteller. Doch da die endgültigen Maße und Gesetze noch nicht verabschiedet wurden, gibt es dafür auch keinen Geschäftsplan. Entsprechend entwickeln wir im Hintergrund mehrere Möglichkeiten, mit denen wir reagieren können. Was waren die größten Probleme und an welche Anekdoten erinnern Sie sich? Ich erinnere mich gut an die Krise zwischen 2008 und 2010, als wir die Entwicklungen herunterfahren mussten. Wir probierten dann viele Lowcost-Konzepte aus und verfolgten teils sehr ungewöhnliche Ansätze. Das half uns, als die Wirtschaft 2010 wieder erstarkte. Ich erinnere mich auch noch an eine Anekdote zu einem sehr späten Projektzeitpunkt, als Ferdinand Piëch, der damals Vorstandsvorsitzender war, kritisierte, dass das Hochdach über der Frontscheibe etwas nach vorn sprang. Wir hatten das Design eigentlich schon verabschiedet und mussten die vordere Dachpartie noch mal umgestalten. Das führte dann zu einer deutlich harmonischeren, fließenden Lösung zwischen Windschutzscheibe und Dach. Im Nachhinein bin ich froh um diese Änderung und erinnere mich heute noch an die interessante Diskussion mit ihm zu diesem Punkt. Er wusste genau, was er wollte und wir haben es geliefert!

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