Wählen im Nebel: Welche Versprechen machen die Parteien zur Bundestagswahl 2025?

Vorgezogene Neuwahlen hat es in Deutschland schön öfter gegeben. Grob alle 20 Jahre ist es so weit, zumindest wenn man in die jüngere Vergangenheit blickt. 1983 wurden unter Kanzler Helmut Kohl die Bürger abseits des üblichen Turnus an die Wahlurnen gebeten, 2005 geschah dies unter Gerhard Schröder. Nun, im Jahr 2025, ist es eine abermalige Neuwahl, die auf die verlorene Vertrauensfrage von Kanzler Olaf Scholz folgt. Selten aber war Deutschland so gespalten, wie es im Moment der Fall ist. Ein Fazit: Rückblickend auf die vergangenen drei Jahre lässt sich feststellen, dass die selbst ernannte "Fortschrittskoalition" ihrem Namen nur bedingt gerecht wurde. Einige Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag, sei es der Ausbau der erneuerbaren Energien, die Teillegalisierung von Cannabis oder die Einführung des 49-Euro-Tickets, wurden eingehalten. Demgegenüber stehen aber etliche andere Vorhaben, die aus unterschiedlichen Gründen auf der Strecke geblieben sind. Manche davon - wie etwa der Ukraine-Krieg - hätte aber vermutlich jede Regierungs-Konstellation kalt erwischt. Im VerkehrsRundschau-Interview hat sich unter anderem Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Spedition und Logistik, geäußert. "Vieles ist in der Verkehrspolitik am tatsächlichen Bedarf der Güterlogistik vorbeigelaufen, aber es war auch nicht alles falsch", fällt das Resümee aus. Bundesverkehrsminister Wissing hatte in den Augen Husters durchaus mit Ambitionen für die Verkehrspolitik begonnen, sich dann aber sehr einseitig auf den Schienenverkehr und das Deutschlandticket fokussiert. "Das darf nicht als Kritik an längst überfälligen Investitionen in das System Schiene verstanden werden", stellt Huster klar, "aber die Einzelposten für Straßen-, Brücken- und Hafeninfrastrukturen im Verkehrsetat blieben gemessen an deren Bedeutung unterfinanziert. Zu wenig, um die Infrastrukturprobleme zu lösen." Woher kommt das Geld? Dabei sei mit der Maut der Eigenbeitrag des Lkw-Verkehrs stark gestiegen. "Der Bruch im Finanzierungskreislauf Straße hat neben dem KTF-Urteil (Anm. der Red.: Klima- und Transformationsfonds) des Bundesverfassungsgerichts für die faktische Stagnation bei der Transformation des Sektors geführt. Ohne eine echte Reform der Finanzierungsstrukturen kommen wir nicht weiter. Wissings Vorschlag für eine überjährige Fondslösung geht in die richtige Richtung." Einen weiteren, wesentlichen Punkt stellt auch Marten Bosselmann, Vorsitzender des Bundesverbands Paket- und Expresslogistik (BPEX), fest: "Eines der Hauptprobleme ist die Bürokratie", sagt er im Gespräch mit der VR. Unternehmen würden durch immer neue Gesetze "regelrecht gegängelt". Anfallende Kontrollaufgaben müssten von neuen Mitarbeitern getragen werden, die nicht dem eigentlichen Sinn des Unternehmens zur Verfügung stehen. Das, so Bosselmann, sei ein echtes Produktionshemmnis. Die Transport- und Logistikbranche hat insbesondere im Mittelstand einige harte Monate erleben müssen und wird auf ein wenig frische Gegenliebe aus einem neu gewählten Parlament in Berlin hoffen. Nach dem Aus der KSnI-Fördermittel, ohne die kaum ein kleiner Unternehmer den Umstieg auf erneuerbare Antriebe gewagt hatte, kam mit der Mauterhöhung und dem gleichzeitigen CO2-Preisanstieg beim Diesel gleich die nächste tonnenschwere Last. Zudem drückten eine hohe Inflation, steigende Energiepreise und ein schwindendes Auftragsvolumen auf die Bremse. Bosselmann stellt dazu fest: "Die vergangenen drei Jahre waren für die deutsche Wirtschaft keine guten Jahre." Das Land leide, so der BPEX-Vorsitzende, unter einer verfehlten Industrie- und Wirtschaftspolitik. Im europäischen Vergleich sei das Minuswachstum "sehr besorgniserregend". Mittelstand schlägt Alarm Zu einem ähnlichen Fazit kommt auch Henning Bergmann, der Geschäftsführer des Mittelstandsverbunds: "Die Bundesregierung hat die Wirtschaft zu lang überhört und übersehen. Sie hat mit Initiativen wie der Wachstums-Initiative, dem Bürokratieentlastungs-Gesetz IV und dem Wachstumschancengesetz einzelne Impulse gegeben - diese Maßnahmen dann aber nicht konsequent durchgezogen." Bergmann bemängelt, dass Standortdefizite und Belastungen - insbesondere bei Bürokratie, Energiekosten, Steuer- und Abgabenlast - den Mittelstand fesseln würden. Der Geschäftsführer wörtlich: "Bei der Bundestagswahl geht es um eine Richtungsentscheidung - nicht nur in der Wirtschaftspolitik. Denn die nächste Bundesregierung muss beweisen, dass sie diesem Land wieder mehr zutrauen als zumuten will." Eine große Zahl - genauer gesagt 140 - Verbände hatte Ende Januar in Berlin zu einem Wirtschaftswarntag aufgerufen, um im Vorfeld der Wahl auf die missliche Lage der Wirtschaft aufmerksam zu machen. DSLV, BPEX und der Mittelstandsverbund waren mit bei der Kundgebung in Berlin vertreten (siehe Seite 8). Was versprechen die Parteien? Wenn man sich die Wahlprogramme der großen Parteien genauer ansieht, sind nur wenige Themen zu finden, die eine direkte Aussage zum Güterverkehr beinhalten. Wirtschaftliche Verbesserungen versprechen alle Parteien, wenn auch auf völlig unterschiedlichen Wegen. Fast schon traditionell finden sich Floskeln zu "man wolle mehr Verkehr auf die Schiene verlagern", aber diese Aussage ist nun auch nicht wirklich neu. Die VerkehrsRundschau hat allen Bundestagsfraktionen sowie den Parteien "Die Linke" und "Bündnis Sarah Wagenknecht" einen umfangreichen Fragenkatalog mit Themen aus Transport, Verkehr und Logistik geschickt. Einige Parteien haben darauf geantwortet; die Ergebnisse lesen Sie hier und auf VerkehrsRundschau Plus. Einen weiteren inhaltlichen Impuls gab die Wahlarena des Bundesverbands Güterverkehr und Logistik (BGL) in Berlin. Geladen waren Vertreter der großen Volksparteien. Auf dem Podium diskutierten Carina Konrad (MdB), stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Martina Engelhard-Kopf (MdB), Berichterstatterin für Güterverkehr der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Matthias Gastel (MdB), Mitglied im Verkehrsausschuss, Bündnis 90/Die Grünen, Detlef Müller (MdB), stellvertretender Fraktionsvorsitzender, SPD, sowie Dirk Brandes (MdB), Mitglied im Verkehrsausschuss, AfD-Bundestagsfraktion. Von den zahlreichen Punkten, die an diesem Nachmittag diskutiert wurden, hat sich die VerkehrsRundschau exemplarisch die Themen Fahrermangel und Kontrolle herausgefiltert. Genau genommen die zu aufwendige Aus- und Weiterbildung in der Berufskraftfahrer-Qualifikation, dass es leichter werden muss, ausländische Fahrer in Deutschland zu beschäftigen - auch vor dem Hintergrund, dass es zum Beispiel in Polen möglich ist, moldawische oder ukrainische Fahrer zu beschäftigen, die dann in Deutschland fahren. Zudem forderten die anwesenden Unternehmer ein, dass das Mindestlohngesetz auch für gebietsfremde Transportunternehmen eingehalten und kontrolliert werden muss. Wie löst man das Problem? Das Beispiel des Fahrermangels zeigt, wie unterschiedlich die Parteien die zukünftige Ausrichtung sehen. AfD-Vertreter Brandes etwa sagte: "1998 hat die Bundeswehr noch 19.000 Kraftfahrer ausgebildet. 2012, nach dem Aussetzen der Wehrpflicht, waren es noch 6600. Das hat sicherlich mit dazu geführt, dass wir in diese problematische Lage gekommen sind. Wir wollen die Wehrpflicht wieder einführen und damit wieder mehr Kraftfahrer ausbilden." Auch unter den Bürgergeldempfängern - Brandes geht hier von rund 1,8 Millionen erwerbsfähigen Menschen aus - wären "Hunderttausende potenzielle Kraftfahrer". Ähnlich - wenn auch etwas abgemildert - sieht das Martina Engelhard-Kopf, CSU-Abgeordnete im Bundestag: "Auch wir sind für eine allerdings stufenweise Rückkehr zur Wehrpflicht. Ich möchte aber auch sagen, dass die damalige Abschaffung Teil eines großen Friedensprojekts war", so die Verkehrspolitikerin. Leider, so Engelhard-Kopf, habe man eine einfachere Anerkennung ausländischer Fahrerlaubnisse auch in Kombination mit digitalen Lerninhalten nicht im Bundestag durchsetzen können. "Ich befürchte, das verschiebt sich, bis eine neue Regierung gebildet wird", so die Prognose der CSU-Abgeordneten. Wenn es so weit sei, müsse man sich der Themen vereinfachter Qualifikations-Erwerb, Anerkennung von Qualifikationen aus dem Ausland, schnellere Visaerteilung und eines damit verbundenen schnelleren Aufenthaltstitels annehmen. Die SPD sieht auch andere Baustellen. Detlef Müller: "Das Problem ist, dass wir für einzelne Probleme einzelne Behörden haben - das BALM für die Sozialvorschriften, den Zoll für den Mindestlohn, für das Ausländerrecht die Landespolizei. Dass man das ändern kann, würde ich nicht versprechen, dafür bin ich Realist genug", so der Abgeordnete. Für ukrainische Fahrer soll es immerhin bald Möglichkeiten geben, die nötigen Prüfungen online und nicht nur in Deutsch abzulegen. Eine entsprechende Vorlage werde bereits erarbeitet und soll bald im Bundestag behandelt werden. Dazu gehöre auch das Thema Preisentwicklung beim Führerschein. "Da müssen wir ran und eventuell über Fördermöglichkeiten nachdenken", so Müller. Die wichtigsten Aussagen der vier größten Parteien* Union In allen Umfragen vor der Bundestagswahl ist die Union nach wie vor die stärkste Kraft. Die Kernthemen Migration und Wirtschaft prägen das 82-seitige Wahlpapier. Direkten Bezug zur Transport- und Logistikindustrie nehmen nur einzelne Punkte, dafür hat die VR einen umfangreichen Fragebogen von der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag beantwortet bekommen. Entlastung für Unternehmen Die Union verspricht umfangreiche Entlastungen für Unternehmen. So soll die Unternehmenssteuer auf maximal 25 Prozent gesenkt werden, zudem sollen mithilfe von Bürokratie-Checks, die gemeinsam mit Unternehmen geplant sind, unnötige Gesetze und Regelungen auf den Prüfstand gestellt werden. Ferner sollen die Doppelbelastungen durch CO2-Preis und CO2-Zuschlag zur Maut reduziert werden. Apropos Maut: Wenn es nach dem Willen der CDU/CSU geht, sollen auch über das Jahr 2025 hinaus elektrisch betriebene Lkw von der Abgabe ausgeschlossen sein. Einem möglichen Förderprogramm für den Aufbau von Ladeinfrastruktur auf Betriebshöfen stehen die Parteien neutral gegenüber. Was auch zur Linie der Union gehört, ist ein technologieoffener Ansatz. Bedeutet: Auch Biogas oder HVO100 zählt man zu den emissionsfreien Kraftstoffen, diese und weitere alternative Antriebsformen werden genauso unterstützt wie elektrische Lkw. Des Weiteren will die CDU/CSU das nationale Lieferkettengesetz abschaffen und sich auf europäischer Ebene für schärfere Kabotageregeln und Rückkehrpflichten einsetzen. Der Korridorsanierungsplan für die Bahn soll nach dem Willen der Union fortgeführt werden. *nach ARD-DeutschlandTrend vom 30. Januar 2025 AfD Die Alternative für Deutschland (AfD) steht vor ihrem vermutlich stärksten Ergebnis bei einer Bundestagswahl. Zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe würde dem ARD-DeutschlandTrend zufolge jede fünfte Wahlstimme in der Bundesrepublik auf die Partei entfallen. Dennoch scheint es derzeit unwahrscheinlich, dass die AfD in eine Regierungsverantwortung genommen wird. Sie hat zweifelsohne das Wahlprogramm mit den radikalsten Änderungsforderungen, auch mit einigen Forderungen für die Transport- und Logistikbranche. Auf die Detailfragen der VR hat die Bundestagsfraktion nicht geantwortet. So frei wie möglich Um den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder auf Vordermann zu bringen, fordert die AfD in ihrem Leitantrag zur Bundestagswahl eine Reduzierung der Energiesteuer und Senkung der Strompreise auf ein Minimum. Die Erhöhung von Netzentgelten soll durch einen Stopp des Ausbaus von Windenergieanlagen sichergestellt werden. Stattdessen will die Partei eine Laufzeitverlängerung der Kohlekraftwerke, eine Reparatur und Wiederinbetriebnahme der Nordstream-Pipelines und einen Wiedereinstieg in die Kernkraft erwirken. Der CO2-Preis - sowohl in Energieprodukten als auch innerhalb der Lkw-Maut - soll abgeschafft werden. Damit aber nicht genug: Das deutsche Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz gehört nach Willen der AfD genauso zur Streichliste wie die EU-Lieferketten-Richtlinie und das Verpackungsgesetz. Kabotage- und Sozialvorschriften für ausländische Spediteure sollen anhand von Mautdaten und den digitalen Fahrtenschreibern konsequenter überwacht werden. In Sachen künftiger Mobilität will die AfD alle Antriebsformen gleichermaßen unterstützt sehen, zudem will sie keine öffentlichen Mittel für den Aufbau von Ladeinfrastruktur bereitstellen. Ob der Verbrennungsmotor einmal der Geschichte angehören soll, lässt die Partei offen; ein Verbot schließt sie aber aus. Mit zu den schärfsten Forderungen der AfD gehört die Abschaffung des Euro und der Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union. SPD Die SPD geht mit dem Slogan "Mehr für Dich. Besser für Deutschland." in den Wahlkampf. In einem 68-seitigen Positionspapier mit sozialpolitischem Schwerpunkt hat die Partei ihre Kernforderungen für die Bundestagswahl formuliert. Darin finden sich zwar wirtschaftspolitische Anstöße, aber nur wenige Punkte, die direkt Transport- und Logistikunternehmen ansprechen. Die Detailanfrage der VerkehrsRundschau blieb leider unbeantwortet. Geld sammeln für die Zukunft Eine zentrale Idee aus dem SPD-Programm ist ein 100 Milliarden Euro schwerer Deutschlandfonds, der mit öffentlichem und privatem Kapital bestückt sein und für vorwiegend infrastrukturelle Projekte verwendet werden soll. Dazu gehören neben dem Aufbau von Ladesäulen auch ein Wasserstoffnetz, Strom- und Wärmeverbindungen sowie Wohnungsbauprojekte. Unternehmen sollen zwar steuerlich entlastet werden, allerdings nicht pauschal, sondern mit gezielten Anreizen für Investitionen in Deutschland. Der "Made-in-Germany-Bonus" soll an die Stelle von Förderprogrammen treten. Dahinter verbirgt sich ein Steuerbonus, der Investitionen von deutschen Unternehmen in zukunftsträchtige Maschinen oder Geräte um zehn Prozent verbilligen soll. Des Weiteren verspricht die SPD, die Beschaffung klimafreundlicher Lkw zu fördern und den Aufbau der nötigen Ladeinfrastruktur voranzutreiben. Dabei stehen wohl vorwiegend Elektro- und Wasserstoffantriebe im Fokus. Ob die Partei an der Mautbefreiung für E-Lkw festhalten will, bleibt offen. Zum Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz findet sich im Programm der SPD kein Punkt, dafür unterstützt die Partei die entsprechende EU-Richtlinie. Auch ist unklar, ob es eine Entschärfung im Zusammenhang mit der Doppelbelastung von CO2-Preis und -Komponente bei der Maut geben soll. Die Grünen Mit dem Motto "Zusammen Wachsen" wollen die Grünen bei der Bundestagswahl auf Stimmenfang gehen. Das Parteiprogramm enthält naturgemäß sehr viele Themen zur Umwelt- und Klimapolitik. Interessanterweise - auch wenn das Umweltpotenzial hier sehr groß wäre - sucht man die Begriffe "Lkw" oder "Güterverkehr" vergeblich im 72-seitigen Wahlprogramm. Stattdessen erhält die VerkehrsRundschau eine detaillierte Antwort aus dem Büro von Matthias Gastel, der in der Grünen-Fraktion unter anderem das Thema Schienenverkehr vertritt. Anschub für E-Lkw Die Grünen wollen sich vor allem für eine Förderung von batterieelektrisch angetriebenen Lkw einsetzen. So setzt sich die Partei für eine Verlängerung der Mautbefreiung für diese Nutzfahrzeuge ein, dies sieht man als klaren Anreiz für emissionsfreie Fahrzeuge. Zudem sollen sie schwerer sein dürfen als herkömmliche Diesel-Lkw. Außerdem will man mit den Einnahmen aus der Maut und der CO2-Bepreisung verstärkt den Ausbau der Ladeinfrastruktur für alternativ angetriebene Lkw unterstützen. Ein Verbot des Verbrennungsmotors bei schweren Nutzfahrzeugen steht bei den Grünen nicht auf der Agenda. Ferner stimmen die Grünen nicht direkt einer Senkung der Unternehmenssteuer zu. Stattdessen wolle man eine unbürokratische Investitionsprämie einführen, die zielgerichtet Unternehmen entlasten soll. Finanzielle Entlastung durch eine Abschaffung der Doppelbelastung durch den CO2-Anteil an der Maut und dem CO2-Preis im Treibstoff will man nicht schaffen. Stattdessen sollen die Gelder, wie vorher schon beschrieben, für den Aufbau von Ladeinfrastruktur verwendet werden. Das Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz soll aus Sicht der Grünen nicht abgeschafft werden, sondern so lange Bestand haben, bis das europäische Lieferkettengesetz auch in Deutschland umgesetzt wird. Am bereits gestarteten Korridorsanierungsplan will die Partei weiterhin festhalten. Falscher Fokus? Matthias Gastel, Bündnis 90/Die Grünen, findet, dass in Deutschland zu viel über das Studieren und zu wenig über eine Berufsausbildung gesprochen werde. "Damit ist die Berufsausbildung bei jungen Menschen im Kopf gar nicht mehr so präsent, das muss wieder mehr in den Fokus rücken", so Gastel. Er bemängelt zudem, dass die aktuelle Bundesregierung bereits fünf Handlungsfälle zur Bekämpfung des Fachkräftemangels ausgemacht hatte. Einige Punkte seien angegangen worden, zwei Gesetze hätten es aber nicht durch das Parlament geschafft. "Auf Details verzichte ich", so Gastel, "aber damit wären erhebliche Erleichterungen auch für Ihre Branche ergangen." Ein paar Hintergründe liefert dafür Carina Konrad, FDP: "Das Thema Qualifizierung ukrainischer Fahrer war, so ist das in einer Koalition, an das Tierschutzgesetz gekoppelt. Deshalb sind wir nicht weitergekommen", sagt die Abgeordnete und schiebt noch Kritik hinterher: "So sollte man tatsächlich in einer Koalition nicht miteinander arbeiten." Ihre Partei, so Konrad, hätte dem zugestimmt, und das gelte nicht nur für Ukrainer, sondern generell für anerkannte Flüchtlinge, denen man den Berufszugang erleichtern müsse. Und: "Es gibt inzwischen eine Studie der Bundesregierung, wie man die Erwerbseinwanderung vereinfachen kann. Tatsächlich kann man viele Dinge um 40 Prozent zeitlich beschleunigen, indem man bürokratische Hemmnisse abbaut", so die FPD-Politikerin abschließend. Viel Druck auf dem Kessel Was darf man von einer neuen Regierung erwarten? Hoffentlich Wachstumsimpulse und eine echte Wirtschaftswende, sagt der DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster. Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Leistungskraft reiche kaum noch für die Aufrechthaltung unseres hohen Umwelt- und Sozialschutzniveaus. "Die nächste Bundesregierung muss priorisieren", betont Huster und baut auf ein Zweierbündnis (Hinweis: Die Union wird als ein Bündnispartner angesehen, d. Red.) : "Bei drei Koalitionspartnern werden vor allem finanzpolitische Kompromisse wieder schwierig." Von den knapp vier Jahre alten Forderungen des DSLV zur laufenden Legislaturperiode haben viele weiter Bestand, sagt Huster. "Infrastruktursanierung und -finanzierung, Bürokratieentlastung, Digitalisierung, Arbeitsrechts-Flexibilisierung und Fachkräftesicherung bleiben anhängige Themen. Doch egal, von welcher Partei die neue Bundesregierung gebildet wird: Ein Durchgriff nach "Trumpscher Manier" könne in Deutschland nicht erwartet werden. Ministerien trennen Marten Bosselmann bringt indes eine Neustrukturierung der Ministerien ins Spiel: "Ein Vorschlag wäre, das Thema Digitalisierung künftig in einem eigenen Ministerium zu behandeln", so der BPEX-Verantwortliche, der noch eine andere Baustelle ausgemacht hat: "Außerdem könnte man das Bundeswirtschafts-Ministerium und Bundesarbeits-Ministerium vereinen - denn hier gibt es viele deckungsgleiche Themen." Der Bürokratieabbau ist auch eines von Bosselmanns dringlichsten Anliegen, das gleich zu Beginn der neuen Regierung thematisiert werden müsse. Dabei ist der BPEX-Vorsitzende auch durchaus für unkonventionelle Lösungen offen: Ein interessantes Experiment wäre etwa, "wenn man testweise alle Berichtspflichten einfach für ein Jahr einstellen würde und dann schaut, was wirklich benötigt wird", so Bosselmann. Beim Mittelstandsverbund hat sich Henning Bergmann auch schon auf ein dringliches Projekt für die Zeit nach der Wahl festgelegt: "Das Projekt, den Standort wieder wettbewerbsfähig zu machen." Das sei aber nicht allein mit dem dringend nötigen Abbau der bürokratischen Lasten geschafft: "Die nächste Bundesregierung muss verbindliche, ressortübergreifende Entlastungsziele festlegen, die dafür sorgen, dass neue Bürokratie gar nicht erst entsteht", sagt Bergmann. Baustellen gibt es in Deutschland wahrlich genug. Die erste wird sein, nach der Wahl eine funktionierende Regierungskoalition zu basteln. Alleine das könnte man dann schon als Fortschritt werten.

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