Wachstumsmarkt mit Hürden

Ab 300 Kilometern gelten Schienengüterverkehre als wirtschaftlich. Mit 270 Kilometern bleiben Containerzüge von Göttingen nach Hamburg knapp unter diesem Limit. Trotzdem nutzt Jörg Rotthowe, Niederlassungsleiter der Zufall Logistics Group, gerne Linienverkehre auf dieser Strecke. In der Vergangenheit buchte er für Kunden aus der Automotive-, Stahl- und Bodenbelagsbranche Slots auf Metrans-Zügen. In Zukunft will er wenigstens einmal in der Woche Schienenverkehre der Zippel Group nutzen. Die Hamburger Spedition wird nach Einstellung des Metrans-Angebots eigene Züge von Göttingen nach Hamburg starten. 70 Prozent Bahnanteil nach Bayern "Die Züge bieten keine preislichen Vorteile", sagt Rotthowe. "Unsere Kunden wünschen jedoch möglichst klimafreundliche Verkehre." Von den Operateuren erwartet der Logistiker Komplettangebote, welche den gesamten Vor- und Nachlauf einschließen. Am Start- und Zielort dürfen "höchstens zwei Schnittstellen" zum Schiff beziehungsweise Kunden existieren. Für die Hinterlandverkehre können Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU), Operateure und Speditionen einige bemerkenswerte Erfolge melden. So werden 70 Prozent der Containerverkehre zwischen Hamburg und Bayern auf der Schiene transportiert. Von Wechselbrücken und Sattelauflieger-Transporten, die auf zahlreichen kontinentalen Verkehren dominieren, haben sich viele Marktteilnehmer längst verabschiedet. "Solche Einheiten müssen auf teurere Waggons umgeladen werden und benötigen mehr Platz an den Terminals", sagt ein Metrans-Sprecher. Die Operateure und EVU bauen ihr Angebot kontinuierlich aus. So bietet Hupac seit Mai fünfmal in der Woche Verbindungen von Rotterdam nach Novara an und hat vorher die Zahl der Abfahrten ab Travemünde zu diesem norditalienischen Hub auf ebenfalls fünf erhöht. Die Deutsche-Bahn-Tochter Transfracht integriert seit wenigen Tagen den JadeWeserPort in Wilhelmshaven mit wöchentlich drei Verbindungen in ihr Netz. Metrans startet im Juni einen täglichen Rundlauf zum neuen Terminal in Budapest, das bis zu 20.000 TEU (20-Fuß-Container) stapeln kann. "Mit Hinterlandverkehren verdient HHLA mehr als mit Hafendienstleistungen", versicherte Angela Titzrath, Vorstandsvorsitzende der Metrans-Konzernmutter, auf der Messe Transport Logistic. Über 390 Millionen Euro fuhr das Hamburger Logistikunternehmen 2016 (2015: 364 Millionen Euro) mit intermodalen Dienstleistungen ein. Das entspricht einem Drittel des stagnierenden Gesamtumsatzes von 1,17 Milliarden Euro. Auch viele Speditionen melden für ihre Hinterlandtransporte im Kombinierten Verkehr (KV) Wachstum. So hat die Kloiber Spedition in Petershausen ihren Umsatz seit 2008 auf über 50 Millionen Euro verdoppelt. 70 Prozent werden mit KV vorwiegend im Hinterland der Seehäfen verdient. Das oberbayerische Unternehmen arbeitet mit Metrans, Eurogate Intermodal und TX Logistik/EGS zusammen. "Mit diesem Portfolio kann ich nahezu jeden Kunden unterstützen, der die Terminals in München, Nürnberg, Regensburg, Ulm, Augsburg und Salzburg nutzen will", sagt Geschäftsführer Ferdinand Kloiber. Containertrucker bieten viele Services Auf den kürzeren Strecken nach Nordund Westdeutschland dominiert hingegen der Lkw. Containertrucker wie EKB Container Logistik in Bremen und Walter Lauk Containerspedition in Hamburg melden für ihre Transporte unveränderte Umsätze bei weitgehend stabilen oder sogar leicht gesunkenen Preisen. Dafür müssen die Speditionen für ihre Haus-zu-Haus-Verkehre ständig ihren Service verbessern. So übernimmt Lauk im Hamburger Hafen auch Be- und Entladungsdispositionen, Zoll- und Schiffsdeklarationen und Briefings des Schiffspersonals. "Wenn nötig packen wir auch die Container", sagt Geschäftsführer Jörn Lauk. Außerdem bietet das Unternehmen Containertransporte auf der Elbe und anderen Wasserstraßen an. Solche Angebote überzeugen auch manchen Verlader. Einer der größten Lauk-Kunden ist das Bergbauunternehmen K+S AG (früher Kali + Salz). In den Eisenbahn-Terminals kann manche Spedition fast noch mehr Services bieten. Kloiber übernimmt die Transportplanung, Waggonplatzdisposition, Verzollung und andere Dienstleistungen. Für Reedereien und Speditionen organisieren sie neben Rückladungen die Zwischenlagerung, Reparatur, Reinigung und Vermietung von Containern. Investiert haben die Oberbayern in besonderes Equipment wie zertifizierte Wagen für Solas-konforme Verwiegungen und Kippsysteme für die Beladung von senkrecht aufgestellten Containern. "Wir können Container mit nahezu allen Ladegütern füllen", sagt Kloiber. Weil solche Speditionen durch die Bündelung von Dienstleistungen auch preisliche Vorteile anbieten können, haben sie sich längst neben Reedereien und Operateuren als eigenständige Marktakteure etabliert. Andere Speditionen setzen weiterhin auf die Kooperation mit Drittunternehmen. "Die Zukunft im Hinterlandverkehr gehört offenen Systemen, welche jedem Kunden den passenden Frachtführer und Operateur vermitteln", sagt Knut Sander, Geschäftsführer der Spedition Robert Kukla. Die Münchner arbeiten mit zehn Operateuren zusammen und setzen im Vor- und Nachlauf ausschließlich Subunternehmer ein. "Weil viele Terminals ausgelastet sind, können immer mehr Container erst unmittelbar vor der Zugabfahrt angeliefert werden", sieht der langjährige Marktkenner Flexibilität als Trumpfkarte im Markt. Es droht ein neuer Preiskampf Mit neuen Kunden möchte Sander 2017 um über zehn Prozent wachsen. Andere Marktteilnehmer stapeln tiefer. Die meisten stellen sich auf drei bis vier Prozent Wachstum vor allem auf den Rotterdam-Verkehren ein. Auf den meisten maritimen Verkehren ist noch Platz für zusätzliche Container. "Mit 90 Prozent ist die Auslastungsquote gegenüber den Kontinentalverkehren um sieben Prozent niedriger", skizziert Wolfgang Debusmann, Geschäftsführer von TX Logistik, das Marktpotenzial. Viel hängt auch von der Preisentwicklung ab. Vor allem Marktteilnehmer, welche überwiegend für Reedereien arbeiten, blicken etwas sorgenvoll in die Zukunft. "Wenn jetzt drei Reederei-Allianzen den Markt unter sich aufteilen, werden auch wir den verschärften Preiskampf spüren", ahnt EKB-Geschäftsführer Wolfgang Weber. Mehr zum Thema im Dossier Kombinierter Verkehr www.verkehrsrundschau.de/dossiers Spezialist im Hinterlandverkehr Contargo befördert jetzt auch per Lkw Boxen Rund 2,3 Millionen TEU (20-Fuß-Container) schlägt Contargo jährlich um. Etwa 46.000 - also zwei Prozent - werden auf der Straße transportiert. Seit Anfang 2017 bietet das niederländische Tochterunternehmen Contargo Road Logistics (CRL) mit 30 Lkw Trucking-Dienstleistungen auch in Deutschland an. "CRL wendet sich an Kunden, die keine Schienenverkehre nutzen können oder eine eilige Zustellung wünschen", sagt Geschäftsführer Heinrich Kerstgens. Vor allem Kunden, welche im JadeWeserPort be- und entladen, seien infolge der unzureichenden Schienenverkehre interessiert. bot

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