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Von Cybersicherheit bis Fachkräftemangel: Das sind die Logistiktrends 2024

21.12.2023 12:15 Uhr | Lesezeit: 3 min
Logistiktrends 2024
Welche Trends die Logistik im Jahr 2024 prägen werden, zeigt die VerkehrsRundschau in dem „Who is Who der Logistik 2024“

Die Zeiten sind turbulent. Wer sein Unternehmen dort hindurch navigieren will, braucht einen Plan. Auf welche Trends und Herausforderungen sich Entscheider in Supply Chains und Logistik einstellen und wie die Zeitenwende in der Logistik gelingen kann, zeigen Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik im „Who is Who der Logistik 2024“.

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Worauf kommt es in Zukunft in Supply-Chain-Management (SCM) und Logistik an? Das hat die Studie "Triple Transformation: Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Resilienz als Leitlinien zukunftsfähiger Wertschöpfungsketten" der Bundesvereinigung Logistik (BVL) untersucht - in Kooperation mit dem Institut für Logistik und Unternehmensführung der TU Hamburg sowie der KPS AG, Infront Consulting & Management und SRH Hamm - mit interessanten Ergebnissen.

Top-Trendthema der befragten Logistiker ist in 2023 die "Cyber-Sicherheit", dicht gefolgt von der "Digitalisierung der Geschäftsprozesse" sowie den Themen "Mangel an qualifiziertem Personal" und "Kostendruck". Mit Abstand folgen "unternehmensübergreifender Datenaustausch", "Transparenz in Supply Chains" und "Nachhaltigkeit", "Business Analytics" und die "Zunahme von Risiken und Unterbrechungen". Künstliche Intelligenz (KI) rangiert aus Sicht der Logistik noch im unteren Mittelfeld der Trend-Rangliste.

Cyber-Sicherheit

Die Bedrohung durch Cyber-Angriffe haben in den letzten Jahren viele Unternehmen bereits erfahren müssen. Zugleich nehmen die Angriffe in diesem Sektor weiter zu. Bei den produzierenden Unternehmen sehen mindestens drei Viertel aller Unternehmen in Cybervorfällen und Datenpannen ein hohes oder sogar sehr hohes Risiko - in Logistik und Handel ist dieser Anteil sogar noch höher. Die fortschreitende digitale Transformation eröffnet hier neue Angriffsflächen, die vorher so nicht bestanden haben. Durch Cyber-Angriffe kann eine erhebliche Beeinträchtigung der Operationsfähigkeit und damit ein enormer finanzieller Schaden sowie Reputationsschaden entstehen. Insofern überrascht nicht, dass der Cyber-Sicherheit unter den Top-Trends 2023 die höchste Relevanz eingeräumt wird. Überraschenderweise sehen sich die Unternehmen hier im Vergleich zu anderen Trends besser vorbereitet. In den letzten Jahren wurde in vielen Unternehmen intensiv daran gearbeitet, die technische Sicherheit zu verbessern und die Mitarbeitenden zu sensibilisieren und zu schulen. Einen Beitrag dazu leistet sicher auch, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen verstärkt Cloud-Services in Anspruch nehmen und damit das IT-Sicherheitsmanagement in professionelle Hände legen.

Digitalisierung der Geschäftsprozesse

Die Digitalisierung der Geschäftsprozesse liegt als Trend nahezu gleichauf mit der Cyber-Sicherheit. Zudem ist erkennbar, dass sich mittlerweile fast alle Unternehmen erfolgreich auf diesen Weg gemacht haben. Die Erfahrungen mit der Covid-19-Pandemie haben der Digitalisierung erwartungsgemäß einen deutlichen Schub gegeben. Deutlich wird aber auch, dass in den meisten Unternehmen hier noch ein erheblicher Teil des Weges zu gehen ist, denn eine Umsetzung ist bei vielen Technologien noch in weniger als 50 Prozent der Unternehmen erfolgt. Der Handlungsdruck ist an dieser Stelle besonders hoch, da die Digitalisierung der Geschäftsprozesse eine wesentliche Voraussetzung für die Verbesserung der Kosteneffizienz sowie eine erhöhte Resilienz der Supply Chains ist. Sie ermöglicht die Schaffung der erforderlichen Datengrundlage für eine datengestützte Optimierung von Logistik und Supply-Chain-Management, z.B. durch Business Analytics und künstliche Intelligenz, aber genauso auch für nachhaltigere Wertschöpfungsprozesse.

Transparenz in der Supply Chain

Trotz der weiterhin hohen Relevanz der Transparenz in Supply Chains wird deren Umsetzung eher als rückläufig eingeschätzt. Dies mag auf den ersten Blick überraschen, lässt sich indes mit den durch die vielfältigen Krisen hervorgerufenen Verwerfungen in den Lieferketten erklären, durch die der Status der dringend benötigten Zulieferungen in den vergangenen Jahren häufig nicht transparent war. Zugleich sind im unternehmensübergreifenden Datenaustausch auch Fortschritte gegenüber 2016 deutlich erkennbar. So ist in vielen Bereichen die Verfügbarkeit der Daten um zehn bis 20 Prozentpunkte gestiegen, sodass die Lücke zwischen Datenbedarf und Datenverfügbarkeit im Schnitt kleiner geworden ist. Bei überwiegender Konstanz ist punktuell auch der Datenbedarf deutlich gestiegen, etwa bei Point-of-Sale-Daten und Daten über Werbemaßnahmen, aber auch bei Daten zu Produktionskapazitäten und FuE-Aktivitäten. Insgesamt entwickelt sich der unternehmensübergreifende Datenaustausch im Rahmen der digitalen Transformation weiter in Richtung Normalität.

KI und Business Analytics

Business Analytics gehört aus Sicht von Logistik und SCM zu den Technologien mit der höchsten Relevanz und wird als Descriptive und Prescriptive Analytics inzwischen von über der Hälfte der Firmen eingesetzt. Auch KI wird zunehmend als relevant eingestuft - maschinelles Lernen führt hier noch vor generativen Sprachmodellen. Indes steht KI hinsichtlich der Umsetzung noch ziemlich am Anfang. Es ist aber zu vermuten, dass die rasante Entwicklung der Leistungsfähigkeit generativer Sprachmodelle, etwa ChatGPT, Open­AI und Google Bard, sowie deren einfache und kostengünstige Zugänglichkeit die Implementierung von KI auch in Logistik und SCM beflügeln und deren Nutzung auch in kleineren und mittleren Betrieben stark beschleunigen wird.

Nachhaltigkeit

Der fortschreitende Klimawandel und die damit zusammenhängenden Umweltkatastrophen sorgen für außerordentlich hohe politische und gesellschaftliche Aufmerksamkeit. Zudem gehört die Logistik zu den großen Verursachern von CO2-Emissionen. Entsprechend groß ist hier der Handlungsbedarf. In der Konsequenz hat der Trend Nachhaltigkeit auch aus der Sicht der Logistik erneut an Bedeutung gewonnen. Dieser Bedeutungszuwachs hat sich im Vergleich zur vorhergehenden Studie jedoch verlangsamt. Vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Handlungsdruck ist dies einerseits überraschend, andererseits lässt sich dies durch die vielfältigen Krisen und den damit verbundenen akuten Bedarf nach mehr Resilienz der Supply Chains plausibel erklären.

Dass Nachhaltigkeit dennoch ein sehr wichtiges Thema auf der Agenda ist, lässt sich auch daran erkennen, dass in Summe zwei Drittel der befragten Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit eindeutig als Chance für Wettbewerb einstufen. Auch wenn sich die Unternehmen hier selbst stark in der Pflicht sehen, wird die Politik immer noch als derjenige Akteur wahrgenommen, der über entsprechende Rahmensetzungen die größte Verantwortung trägt, um die Logistik nachhaltiger zu machen. Nur dann herrschen gleiche Bedingungen für alle, sodass das Spannungsfeld von hoher Relevanz und geringer Zahlungsbereitschaft der Kunden für nachhaltige Logistik aufgelöst werden kann.

Resilienz

Die jüngsten Krisen waren in mehrfacher Hinsicht neuartig: einerseits in der weltweiten Dimension, andererseits in der mehrjährigen Dauer und außerdem in ihrem parallelen Auftreten. Dies hat zu einer nie da gewesenen Belastung der Wertschöpfungsketten geführt. In der Folge hat die Zunahme von Risiken und Unterbrechungen der Supply Chains aus Sicht der Unternehmen im Vergleich zu den vorhergehenden Trend-Studien enorm an Relevanz gewonnen. Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit von Supply Chains gegenüber Störungen, ist seitdem ein wesentlicher Aufgabenschwerpunkt der Logistik- und Supply-Chain-Verantwortlichen.

Während dabei zunächst die Lösung akuter Lieferprobleme im Fokus stand, erfordert echte Resilienz weitreichende strukturelle und organisatorische Maßnahmen. Diese sind vielfältig und werden von den Unternehmen hinsichtlich ihrer Eignung auch unterschiedlich eingeschätzt. Einhellig steht indes bei über 80 Prozent der Unternehmen die Erhöhung der Transparenz der Supply Chain an erster Stelle der Rangliste, gefolgt von der Implementierung eines Supply-Chain-Risikomanagements (70 Prozent). Die meisten Maßnahmen sind nicht neu, müssen aber im Rahmen einer Gesamtstrategie zu einem schlüssigen Resilienz-Konzept verbunden werden. Aktuell haben Großunternehmen hier einen deutlichen Vorsprung gegenüber kleinen und mittelständischen Betrieben.

Fachkräftemangel

Etwa 90 Prozent der Firmen in Logistik und Produktion schätzen den Fachkräftemangel und den Verlust von Talenten als das höchste Risiko für ihr Unternehmen in den kommenden fünf Jahren ein - im Handel sind es 80 Prozent der Firmen. Der Mangel an qualifiziertem Personal ist zudem unter den Top-Trends 2023 der Trend, der aus Sicht der Unternehmen mit Abstand am schlechtesten beherrschbar ist. Durch das Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge geht die Anzahl potenziell verfügbarer Arbeitskräfte selbst unter Berücksichtigung von Zuwanderungseffekten in den nächsten Jahren stark zurück. Fachkräfte fehlen aber schon heute in großer Zahl. Dies führt zu einem verschärften Wettbewerb, der nicht mehr nur von Einkommensperspektiven, Arbeitsbedingungen und persönlichen Entwicklungschancen entscheiden wird. Befragungen von Schülerinnen und Schülern zeigen, dass diese sich bei der Berufswahl an der Nachhaltigkeit der Firmen und am Sinn der auszuübenden Tätigkeit orientieren. Nachhaltigkeit stellt daher künftig nicht nur im Wettbewerb um Kunden, sondern auch im Wettbewerb um die besten Köpfe einen wichtigen Erfolgsfaktor dar.

Hoher Handlungsbedarf für Firmen

Alle drei Bereiche der Triple Transformation werden von den meisten Unternehmen als wichtig angesehen, wenngleich mit gestufter Gewichtung (Digitalisierung 78 Prozent, Resilienz 66 Prozent, Nachhaltigkeit 60 Prozent. Bislang hat aber keine der befragten Firmen in allen drei Bereichen einen hohen Umsetzungsstand erreicht. Eine Priorisierung ist sicherlich notwendig. Dennoch empfiehlt es sich, die drei Säulen der Transformation Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Resilienz ganzheitlich und integriert zu betrachten. Hier hilft ein Transformationskalender, der die Verläufe übereinanderlegt und so deren strukturelle und finanzielle Abhängigkeiten aufzeigt. So liegt es auf der Hand, dass Fortschritte bei der Digitalisierung auch zu mehr Nachhaltigkeit oder zu höherer Resilienz beitragen können.

Eine ganzheitliche Umsetzung der Transformationen erfordert oft auch organisatorische Begleitmaßnahmen. So sind Personen oder Teams, die diese Themen bearbeiten, oft in unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens angesiedelt. Deshalb ist es erforderlich, diese Mitarbeiter zumindest temporär zusammenzubringen, um die Entwicklung einer ganzheitlichen Transformationsstrategie zu ermöglichen, die die wechselseitigen Effekte bestmöglich ausschöpft.

Herausragende Bedeutung kommt auch der kritisch-konstruktiven Betrachtung des eigenen Geschäftsmodells zu. Dabei geht es um die Frage, welche Impulse sich aus den Transformationen aufnehmen lassen, um es zukunftsfähig weiterzuentwickeln. Der Handlungsdruck ist groß, denn rund 50 Prozent der befragten Unternehmen sehen eine mittlere bis hohe Bedrohung durch die digitalen Geschäftsmodelle anderer Firmen sowie durch neue Akteure. Erfreulich ist: Immer mehr Firmen betreiben aktiv die Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells oder planen dies bereits, wie die Studie zeigt.

Außerdem ist es wichtig, dass die Unternehmen im Rahmen der Transformationsprozesse ihren "Corporate Purpose" herausarbeiten. Dieser übergeordnete Unternehmenszweck beschreibt über die Wirtschaftlichkeit hinaus den einzigartigen Nutzen der Firma für die Gesellschaft und definiert so einen Rahmen für eine verantwortungsbewusste und zukunftsweisende Unternehmensführung. Ein nachvollziehbarer Corporate Purpose wird im Übrigen auch zunehmend wichtig, um qualifiziertes Fach- und Führungspersonal zu gewinnen und an das eigene Unternehmen zu binden.

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