Viele Ausnahmen für Spedition und Logistik

Nach langem Hin und Her tritt am 1. August die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) in Kraft. Sie konkretisiert die Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes und löst die bisherigen Länderverordnungen ab. Vor allem für die Planung, die Errichtung und den Betrieb von Anlagen gelten damit künftig bundesweit einheitliche Sicherheitsstandards. Einstufung in Gefährdungsklassen Damit es für die betroffenen Unternehmen nicht unnötig bürokratisch wird, gibt es gewisse Ausnahmen: Die AwSV gilt einerseits nur für Anlagen, in denen regelmäßig Behälter und Verpackungen mit einem Volumen von mehr als 220 Litern bei flüssigen Stoffen oder mit einer Masse über 200 Kilogramm bei gasförmigen und festen Stoffen umgeschlagen werden. Unterhalb dieser Grenzen gelten die technischen Anforderungen und die anderen Verpflichtungen aus der AwSV nicht. Andererseits findet sie keine Anwendung, wenn der Umfang der wassergefährdenden Stoffe gemessen am Gesamtvolumen während der Betriebsdauer der Anlage unerheblich ist. Dies soll verhindern, dass Ausnahmesituationen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen, zum Beispiel weil eine ganze Lagerhalle mit einer flüssigkeitsundurchlässigen Dichtfläche ausgerüstet werden muss. Wer sich in diesem Punkt nicht sicher ist, kann das die zuständige Behörde feststellen lassen. Der Betreiber ist gemäß der AwSV verpflichtet, die Stoffe und Gemische, mit denen er in einer Anlage umgeht, als nicht wassergefährdend oder in eine von drei Wassergefährdungsklassen (schwach, deutlich, stark) einzustufen. Dies gilt nicht, wenn das Ergebnis einer solchen Einstufung schon vorliegt und vom Umweltbundesamt veröffentlicht wurde. Die Wassergefährdungsklassen bilden die Grundlage für eine risikoorientierte sicherheitstechnische Ausrüstung der Anlage. Betreiber haben Anlagen dafür einer Gefährdungsstufe zuzuordnen. Bei flüssigen Stoffen ist das für die jeweilige Anlage maßgebende Volumen zugrunde zu legen, bei gasförmigen und festen Stoffen die maßgebende Masse. Für die Einstufung bei Anlagen zum Umladen und Lageranlagen gibt es abweichende Vorgaben. Regeln für Umschlag- und Lageranlagen Wer in einer Anlage mit wassergefährdenden Stoffen hantiert, muss grundsätzlich bestimmte technische Grundsatzanforderungen erfüllen - diese gelten unabhängig von der Größe der Anlage und der Wassergefährdung der eingesetzten Stoffe: Alle Anlagen müssen so geplant und errichtet werden beziehungsweise beschaffen sein und betrieben werden, dass wassergefährdende Stoffe während ihrer Betriebsdauer nicht austreten können. Sollte ein Behälter trotzdem einmal undicht werden, muss das schnell und zuverlässig erkannt werden können und es möglich sein, im Schadensfall die Stoffe zurückzuhalten und schadlos zu entsorgen. Da die technischen Grundsatzanforderungen für manche Anlagen nicht vollständig erfüllbar sind, gibt es mitunter abweichende Vorschriften. Besondere Anforderungen stellt der Bund etwa an Betreiber von Umschlag- und Lageranlagen. Da flüssige wassergefährdende Stoffe aus Behältern und Verpackungen auslaufen und durch die Umschlagflächen ins Grundwasser gelangen können, müssen Umschlagflächen in einem solchen Fall flüssigkeitsundurchlässig sein (Beton, Beschichtung, Folie). Ein bestimmtes Rückhaltevolumen ist nicht gefordert. Das anfallende Niederschlagswasser ist als Abfall zu entsorgen oder als Abwasser zu beseitigen. An Verkehrsflächen, die dem Rangieren von Transportmitteln mit Transportbehältern und Verpackungen mit wassergefährdenden Stoffen dienen, werden über die betrieblichen Anforderungen hinaus keine Anforderungen gestellt. Anlagen zum Lagern fester wassergefährdender Stoffe bedürfen keiner Rückhaltung, wenn diese sich in dicht verschlossenen Behältern oder Verpackungen befinden, die gegen Beschädigung und vor Witterungseinflüssen geschützt und gegen die Stoffe beständig sind, oder in geschlossenen oder vor Witterungseinflüssen geschützten Räumen befinden, die eine Verwehung verhindern. Wenn die Bodenfläche den betriebstechnischen Anforderungen genügt, muss der Anlagenbetreiber ebenfalls keine weiteren Maßnahmen ergreifen. Das ist zum Beispiel der Fall, sobald sichergestellt ist, dass die Behälter oder Verpackungen sicher stehen und nicht in den Boden einsinken. Bei Anlagen zum Lagern flüssiger wassergefährdender Stoffe ist für die Bemessung des Volumens der Rückhalteeinrichtungen das Volumen der Stoffe maßgeblich, das sich ansammeln kann. Kennt der Betreiber dieses nicht, kann er ein Volumen von fünf Prozent des Anlagenvolumens ansetzen. Auch für Umschlagflächen in Anlagen des intermodalen Verkehrs gelten Sonderregeln. Sie müssen in Beton- oder Asphaltbauweise so beschaffen sein, dass das dort anfallende Niederschlagswasser auf der Unterseite nicht austritt. Zudem muss es eine wasserundurchlässige Havariefläche oder -einrichtung geben, auf der Ladeeinheiten oder Fahrzeuge abgestellt werden können, falls wassergefährdende Stoffe austreten. Der Umweltausschuss des Bundesrates hatte noch 2014 die komplette Flüssigkeitsundurchlässigkeit aller Flächen von Umschlagsanlagen des intermodalen Verkehrs gefordert. Nachrüstungen für die Versiegelung der bestehenden Terminalflächen hätte bei Terminalbetreibern Mehrkosten in Milliardenhöhe verursacht. Am Ende folgte die Länderkammer aber den Empfehlungen des Verkehrsausschusses. In der Regel gilt Bestandsschutz Bis auf wenige Ausnahmen muss jeder, der eine prüfpflichtige Anlage errichten, eine bestehende Anlage wesentlich umbauen oder Maßnahmen durchführen möchte, die die Gefährdungsstufe der Anlage ändern, künftig sein Vorhaben bei der zuständigen Behörde anzeigen. Dies muss mindestens sechs Wochen vorher und schriftlich passieren. Bestehende, anzeigebedürftige Anlagen sind mit Inkrafttreten der AwSV unverzüglich anzuzeigen, wenn sie der Behörde nicht schon bekannt sind. Anzeigepflichtig ist auch ein Betreiberwechsel. Bestandsanlagen müssen nicht nachgerüstet werden. Nach einer Sachverständigenprüfung kann die zuständige Behörde aber verlangen, Mängel beheben zu lassen, sofern dies verhältnismäßig ist. Viele Anforderungen, die die AwSV stellt, bestehen heute schon. Die Bundesverordnung ist nach Einschätzung von Gefahrgutexperten für viele Anlagenbetreiber vor allem ein Anlass, sich ihrer Pflichten zu erinnern und möglichen Handlungsbedarf zu erkennen. So können sie verhindern, dass sie wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt werden. Denn wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Vorschriften der AwSV verstößt, muss mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro rechnen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Umweltrecht www.verkehrsrundschau.de/dossiers Was ist genau gemeint? Umschlagen und Lagern: Begriffsbestimmungen gemäß AwSV Der Begriff des Umschlagens umfasst das Umschlagen von einem Verkehrsmittel auf ein anderes, nicht aber die Teilvorgänge des Beladens oder Entladens eines Verkehrsmittels. Eine Be- und Entladefläche muss deshalb nur dann flüssigkeitsundurchlässig sein, wenn sie zu einer Umschlaganlage gehört. Eine Ausnahme bei der Abdichtung besteht deshalb etwa für Laderampen von Industrie- und Handelsunternehmen, an denen Transportmittel ent- oder beladen, Versandstücke aber nicht auf ein anderes Transportmittel umgeladen werden. Flächen, auf denen Transportmittel mit wassergefährdenden Stoffen abgestellt werden, sind keine Lageranlagen. Bei Umschlaganlagen sind auch solche Flächen, auf denen Behälter oder Verpackungen mit wassergefährdenden Stoffen vorübergehend im Zusammenhang mit dem Transport abgestellt werden, keine Lageranlagen, sondern der Umschlaganlage zuzuordnen. ag