Viel Bewegung im deutschen Stückgutmarkt

Rhenus kehrt als Gesellschafter zur Stückgut-Kooperation NG. Network zurück; Cargoline freut sich derweil über Neu-Gesellschafter Emons, der Stückgut-Verbund 24plus gewinnt mit Grieshaber Logistik einen neuen Systempartner, ebenso Online System Logistik (OSL) mit Willig Transportlogistik. Mehrere Paukenschläge also gleich in Speditionsverbünden zum Jahreswechsel 2023/2024. Im deutschen Stückgut-Markt brodelt es derzeit gewaltig angesichts der vielen Herausforderungen, vor denen kleinere und mittlere Speditionen in diesem Segment stehen. "Die Konsolidierungswelle wird erheblich sein", fürchtet Marius Neininger, Partner der Unternehmensberatung TransCare. Er spricht gar von einem möglichen Ausscheiden dreier Kooperationen aus dem deutschen Stückgut-Markt. "2024 wird ein hartes Jahr, wahrscheinlich noch härter als 2023", erwartet auch Francesco De Lauso, Vorstand des Speditionsverbundes CTL. "Unsere Partnerbetriebe müssen es trotz der vielen aktuellen Widrigkeiten schaffen, ihr Geschäft stabil zu halten, um gut durch dieses Jahr zu kommen - also ihre Kunden zu behalten, ihre Preise durchzusetzen und qualifizierte Mitarbeiter zu finden." Da hoffe er sehr, dass die Speditionen genügend Reserven haben. Dass bei CTL Linien wegbrechen, erwartet er nicht. "Wir werden auch 2024 unser Lieferversprechen halten." Am Ende des Jahres werde man wissen, wohin sich der deutsche Stückgut-Markt entwickelt: "Denn in jedem Netzwerk dürften in diesem Jahr hier und da Lücken entstehen." Dass drei Speditionsverbünde ausscheiden oder in einem anderen Netz aufgehen, glaubt De Lauso hingegen nicht. "Maximal bei einer Kooperation ist dies vorstellbar", sagt er. Namen nennt er nicht. Eine Kooperation von CTL und VTL, wie im Markt spekuliert, ist für ihn kein Thema. Hier gebe es keinerlei Aktivitäten, betont er. Gleichwohl: "Die Kooperation der Kooperationen bleibt ein Thema. Auch bei CTL." Neue Allianzen Angesichts dieser Lage "wird es also für Stückgut-Kooperationen immer schwieriger, netzfähige Mittelständler als Partner zu finden", sagt Jörn Peter Struck, Geschäftsführer der Cargoline. "Deshalb sind wir als Cargoline auf Emons zugegangen." Man kenne sich ja. Emons arbeite schon seit Jahren auf bilateraler Ebene mit den Cargoline-Gesellschaftern Bursped, Koch International und Honold zusammen, erzählt Struck. Und Emons habe die gleiche Idee gehabt, weil sie mit ihren 22 eigenen Häusern kein eigenes Netz aufziehen konnten und deshalb zum Thema der Netzsicherheit ähnliche Herausforderungen hatten wie Cargoline. "Das Ganze ist aber kein Zusammenschluss, sondern eine strategische Allianz. Beide Marken bleiben bestehen", betont Struck. Wichtig ist ihm auch: Rhenus bleibt weiterhin, auch als NG-Network-Gesellschafter, Partner des Cargoline-Verbundes. Schon in diesem Jahr sollen zwei bis drei Emons-Häuser ins Cargoline-Netz integriert werden. Damit werden auch Emons-Lkw zum Cargoline-Zentralhub fahren, erklärt Struck. Wie viele Häuser es dann insgesamt sein werden, stünde dagegen noch nicht fest. "Auf jeden Fall nicht alle 22 Emons-Häuser, langfristig wohl eher vier bis fünf maximal." Externe Frachtführer müssten aber nicht bangen. Der Gebietszuschnitt in manchen Regionen verändere sich zwar wohl fallweise durch das neue Miteinander, um die Nachlauf-Kilometer zu verkürzen. Das Mengenvolumen bleibe aber in etwa gleich. Systempartnerwechsel auch bei 24plus: Seit 1. Januar ist Grieshaber Logistik aus Weingarten neues Mitglied in dem Speditionsverbund. "Mit Grieshaber haben wir einen Partner gewonnen, der in der Region Bodensee-Oberschwaben stark ist und für uns nun das Gebiet von Weingarten bis Tuttlingen, Albstadt bis Bad Wurzach abdecken wird", erklärt 24plus-Geschäftsführer Markus Egerer. Zusammenrücken in den Netzen Hintergrund dafür sei, dass die Aktivitäten der Fecht Spedition, die bislang Partner von 24plus war, 2023 von NG.Network-Gesellschafter Streck Transport gekauft wurden. Solche Zukäufe, sprich kleinere Speditionen, werden von größeren Mittelständlern gekauft, nehmen im deutschen Stückgut-Markt zu, stellt Egerer fest. "Für uns Kooperationen macht es das nicht einfach. Denn die Zahl der stückgutnetzfähigen Betriebe sinkt - nicht nur durch Übernahmen, sondern auch durch Betriebsschließungen, und es rücken keine neuen Anbieter nach." Mit Online System Logistik (OSL) wieder enger zusammenrücken, um so die Netzstabilität sicherzustellen, will Egerer indes nicht. "Eine strategische Allianz mit einem anderen Stückgut-Verbund ist für uns aktuell keine Option. Das scheitert meist daran, dass man sich komplett aufgeben muss, und dafür müssen beide Seiten offen sein. Wichtiger ist es nun, dass wir bei uns das Thema IT nach Einführung des neuen Systems ,cubit24' Anfang 2023 weiter vorantreiben, damit unsere Partnerbetriebe weniger Aufwand haben, gleichzeitig aber mehr Transparenz und Benutzerfreundlichkeit." Seit 8. Januar 2024 mischt im deutschen Stückgut-Markt nun auch das japanische Logistikunternehmen Nippon Express mit. Zumindest indirekt - durch seine Übernahme des Speditionsunternehmens Cargo Partner, das auch Gesellschafter der Stückgut-Kooperation Simcargo ist. Derzeit loten laut Simcargo-Geschäftsführer Alexander Bauz-Medicke Cargo-Partner und Nippon Express noch ihre Synergien im Landverkehr aus. Sicher ist auch: Die Japaner haben Ambitionen. So will Nippon Express eigenen Aussagen zufolge in den kommenden Jahren in die Liga der Top 5 der Logistikunternehmen aufsteigen - auch mittels weiterer Zukäufe. "Das größte Problem ist , dass es in Deutschland eindeutig noch zu viele Stückgut-Kooperationen und -netze gibt", meint dazu Jörg Frommeyer, der früher unter anderem das Landverkehrsnetz von Kühne + Nagel verantwortet hat und aktuell interimsweise Deutschland-Geschäftsführer des Lkw-Vermieters Fraikin ist. Kleinere Stückgut-Betriebe würden zwar versuchen, professionell ihre Größennachteile durch Flexibilität zu kompensieren. Doch das werde für sie immer schwieriger, weil mögliche Partner in den Gebieten wegbrechen. Hinzu komme: "Die deutsche Wirtschaft wird eine L-Kurve durchlaufen. Sie wird also nicht, wie sonst üblich, kurzfristig wieder hochgehen." Eben das werde den Konzentrationsprozess im Stückgut-Markt verschärfen. "Mittelfristig werden maximal fünf Stückgut-Kooperationen und Netzanbieter in Deutschland überleben", prognostiziert Frommeyer. Wer kauft DB Schenker? Dass dadurch eine Lücke im deutschen Stückgut-Markt entsteht, in die neue Anbieter aus dem Ausland wie DP World, Heppner Group, ID Logistics oder Nippon Express erfolgreich stoßen könnten, glaubt Frommeyer nicht. "Für den erfolgreichen Aufbau eines Stückgut-Netzes braucht es sehr viel Mengenvolumen. Ein solches Volumen lässt sich in einem stagnierenden oder gar schrumpfenden Stückgut-Markt, wie wir ihn in Deutschland haben, nur sehr schwer generieren. Das geht nur über den Preis. Gleichzeitig braucht es für einen Netzaufbau ein enormes Invest." Rein organisch, ohne den Zukauf eines großen Anbieters, sei dies nicht möglich - auch nicht für ein finanzstarkes Unternehmen wie DP World. Bleibt nur: Wer wird die Deutsche-Bahn-Logistiktochter Schenker kaufen, und wird dieser Deal überhaupt noch 2024 erfolgen? Immerhin, die erste Hürde ist genommen: Bis 6. Februar konnten sich Kaufwillige bei den mandatierten Banken registrieren lassen. Ob darunter tatsächlich, wie Branchenkenner behaupten, DSV, Maersk, Hapag Lloyd, Deutsche Post DHL oder der arabische Investor ADQ sind, wird sich zeigen.

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