Verladeempfehlungen

VerladeempfehlungenWenn Theorie auf Wirklichkeit trifftDas Thema Ladungssicherung ist immer eine Abwägung zwischen Theorie und Praxis. Mit sogenannten Verladeempfehlungen beweisen Wissenschaftler, Kontrollorgane und Transporteure, dass sie gemeinsam Ideen voranbringen können.Auf dem ehemaligen Flugplatz nahe Dreierwalde gibt Martin Keller Gas. Der Prüfer vom TÜV Nord beschleunigt den mit Stahlblechen beladenen Sattelauflieger bis in den Grenzbereich. Eine Menschentraube bestehend aus Experten der Stahlindustrie (WV Stahl), des Stahlhandels (BDS), Spediteuren, BG Verkehr, der Verbände BGL und VVWL, BAG- und Polizeibeamte sowie Profis eines Nutzfahrzeugherstellers blicken gespannt vom Rande des ehemaligen Rollfeldes auf den Testlauf. Als die gesicherte Ladung während der schwierigen Fahrmanöver bewegungslos auf dem Trailer verharrt, weicht die Anspannung spürbar. Der erste Versuch ist geglückt. „Ladungssicherung ist im Grunde reine Physik, sofern man alle Variablen kennt. Da das im Praxisfall oftmals nicht möglich ist, müssen Fahrversuche zeigen, wie nah Theorie und Praxis beieinanderliegen“, erklärt Werner Schmidt von der TUL Log GmbH aus Dresden den Versuch, den er wissenschaftlich begleitet. Zwei Grundfragen wollen die Lasi-Experten mithilfe von insgesamt drei Testfahrten in Dreierwalde klären: Zum einen geht es um die Frage, ob das Niederzurren hilfreich ist, wenn die Zurrwinkel wie im Fall der flach gestapelten Bleche sehr klein sind. Zudem berühren sich die biegsamen Bleche untereinander an zahlreichen Stellen, sodass es jenseits der verwendeten Antirutschmatten direkten Kontakt gibt. Damit würde für die gesamte Ladung der kleinste vorhandene Reibbeiwert (Blech auf Blech) gelten, der deutlich geringer ist als jener zwischen der Antirutschmatte und dem Blech. Verschiedene Anordnungen im Test Der Testaufbau sieht drei Szenarien vor: Zweimal fährt ein Sattelzug mit gleich breiten Blechen, bei denen der Abstand der Antirutschmatten in Fahrzeuglängsrichtung bei 1,5 Metern beziehungsweise bei zwei Metern liegt. Der Abstand der Zurrgurte liegt in beiden Fällen bei 1,5 Metern. In der dritten Testreihe sollen Bleche unterschiedlicher Breite (1,5, zwei und drei Meter) gestapelt und im Abstand von jeweils 1,5 Metern mit Antirutschmatten sowie Zurrgurten versehen werden. Nach der dritten und letzten Testrunde ist klar, dass die Reibbeiwerte bei der Vollbremsung, beim Rückwärtsfahren sowie bei der Kurvenfahrt deutlich über der theoretischen Annahme liegen. „Die Ergebnisse gelten sowohl für den Transport von gleich breiten sowie für unterschiedlich breite Bleche, bei deren Verzurrung der Zurrwinkel nahe null tendiert“, wie Schmidt betont. Die mit Antirutschmatten gesicherte Ladung ist so weit stabil, dass die Zurrmittel lediglich das Wandern, sprich das Bewegen der Blechstapel verhindern, so das Fazit. Zusammen mit dem Experten vom TÜV entwickelt Schmidt nun den Entwurf für eine entsprechende Verladeempfehlung, welche in den Lasi-Gremien abgestimmt und Anfang kommenden Jahres publik gemacht werden soll.Optimierte Verladelogistik als Ziel„Die Verladeempfehlungen sind als praktische Umsetzungen der einschlägigen Vorgaben der Richtlinie VDI 2700 ff und der europäischen Normung auf dem Gebiet der Ladungssicherung anzusehen“, betont Klaus Peter Röskes, Vizepräsident des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Durch wissenschaftlich begleitete Fahrversuche wie hier in Dreierwalde wird die ordnungsgemäße Ladungssicherung branchenspezifischer Ladegüter überprüft. „Das Ziel einer jeden Verladeempfehlung ist es, sowohl das Be- und Entladen und die dazugehörige Logistik zu optimieren und gleichzeitig in den Verkehrskontrollen die notwendigen Sicherungsmaßnahmen nachweisen zu können, um somit keine Verzögerungen entstehen zu lassen“, sagt Röskes. Alle für die Durchführung des Transports Verantwortlichen wissen damit genau, welche Fahrzeuge einzusetzen und welche Ladungssicherungshilfsmittel gegebenenfalls mitzuführen oder an der Ladestelle bereitzuhalten sind.Den praktischen Nutzen von Verladeempfehlungen unterstreicht auch Spediteur Siegfried Serrahn aus Osnabrück am Beispiel der Regelung für Betonstahlmatten, die seit zwei Jahren angewendet wird: „Die Vorteile zeigen sich unter anderem im praktischen Ablauf, da sich hier die Beladezeiten inklusive Ladungssicherung drastisch verkürzt haben.“ Alle Transportbeteiligten wirken mitUm allgemein anerkannt zu werden, sollte die Verladeempfehlung in einem Konsensverfahren durch alle Betroffenen unter Einbezug einer wissenschaftlich, sachverständigen Begleitung erstellt werden. Für die arbeitsschutzrechtliche Expertise sollte zudem die Berufsgenossenschaft als gesetzlicher Unfallversicherer an Bord sein sowie die Kontrollbehörden, sodass alle betroffenen Bereiche gemeinsam mitwirken. Unverzichtbar für Testreihen wie jene auf dem Krone Tec Center in Dreierwalde ist die Mitarbeit von Speditionen, wie in diesem Fall die Unterstützung der Friedrich Kerkemeier GmbH & Co. KG aus Hattingen sowie der Windgätter & Sohn GmbH aus Dortmund. „Ohne die Hilfe von Transportunternehmen und das besondere Engagement Einzelner wie in diesem Falle von Spediteur Friedrich Kost ist ein solches Projekt nicht möglich“, betont Benedikt Althaus vom Landesverband Transport, Logistik und Entsorgung im Verband Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen (VVWL).Der Weg hin zur VerladeempfehlungDas Konzept der Verladeempfehlung hat sich nicht zuletzt aufgrund der Teilhabe aller Betroffenen bewährt. Den groben Ablauf des Entstehungsprozesses zeichnet Klaus Peter Röskes wie folgt nach: „Am Anfang steht die Überlegung, eine ordnungsgemäße und praktikable Ladungssicherung für eine bestimmte Gütergruppe nach den Vorgaben des Standes der Technik auf dem Gebiet der Ladungssicherung zu erstellen. Nach wissenschaftlich, sachverständig begleiteten Fahrversuchen wird der Entwurf einer Verladeempfehlung erstellt, welcher allen Beteiligten zur endgültigen Freigabe vorgelegt wird. Anschließend wird die Verladeempfehlung über die entsprechenden Verbände, Institutionen, Branchenvertreter und Kontrollorgane veröffentlicht und jedem Betroffenen zugänglich gemacht.“ Durch dieses Konsensverfahren kann die Verladeempfehlung im Sinne des §22 StVO als „anerkannte technische Regel“ letztlich rechtssicher zur Anwendung kommen. ❙❚■ Rocco SwantuschGeballte Lasi-Expertise: Die Fahrversuche in Dreierwalde begleiteten Experten von verschiedenen Verbänden, Spediteure, Kontrollbeamte, Prüforganisationen, NFZ-Hersteller sowie WissenschaftlerSchwierige Ladung: Auch unterschiedlich breite Stahlbleche können mit Antirutschmatten und Zurrgurten richtig gesichert werden Verladeempfehlungen

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