Frankfurt/Main. Hochrangige Aircargo-Vertreter der Verbände haben heute beim „Branchengespräch Luftfracht“ in Frankfurt an die Politik appelliert, den Neustart nach der Krise als Chance für Innovationen in der Luftfrachtpolitik zu nutzen. Das von den Bundesverbänden Spedition und Logistik (DSLV) der Deutschen Industrie (BDI) und der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) veranstaltete Branchentreffen fand erstmals digital statt.
Lufthansa Cargo: Frachtgeschäft als Hoffnungsträger
Cargo-Vertriebschefin Dorothea von Boxberg wies darauf hin, dass im angeschlagenen Lufthansa-Konzern das Frachtgeschäft der Tochter Lufthansa Cargo ein Hoffnungsträger bleibe. Weil in der Corona-Krise Beilade-Kapazitäten in Passagiermaschinen weggefallen sind, rechnet sie für die kommenden Jahre mit einer anhaltend hohen Nachfrage für Transportmöglichkeiten in reinen Frachtern. Wegen der weltweit gestrichenen Passagierflüge seien rund die Hälfte des angebotenen Frachtraums nicht verfügbar gewesen.
Aktuell fehlten am Weltmarkt noch rund 30 Prozent der früheren Kapazität. Da nur mit einer langsamen Erholung zu rechnen sei, ergebe sich für die verbliebenen Transportangebote eine anhaltend hohe Nachfrage. Dies führe zu steigenden Preisen und einer höheren Auslastung.
Die Krise habe gezeigt, dass Luftfracht systemrelevant sei, erklärte der Chef der DHL-Frachtairline European Air Transport Leipzig, Markus Otto. Sein Unternehmen habe die Kapazitäten in der Krise insbesondere nach Asien ausgebaut und über das Drehkreuz Halle-Leipzig zahlreiche Regionen versorgt.
BDL: Keine bürokratischen Hindernisse für den Restart
Der Verband BDL verlangte für die Zukunft bessere Rahmenbedingungen für den Luftfrachtstandort Deutschland. Eine Erholung dürfe nicht durch neue Hindernisse abgewürgt werden, etwa durch neue Nachtflugverbote oder uneinheitliche Sicherheits-, Zoll- und Steuerverfahren, erklärte BDL-Präsident Peter Gerber.
BDI: Reine Frachtmaschinen nicht ausreichend
Die Corona-Krise habe gezeigt, dass die Luftfracht eine unverzichtbare Stütze für die Exportnation Deutschland und ihre Schlüsselindustrien sei, betonte Stefan Mair, Mitglied der BDI-Geschäftsführung. „Über 30 Prozent der deutschen Exportwerte nach Übersee erfolgen per Luftfracht“, sagte er. Die Kapazitäten der reinen Frachter-Maschinen könnten die Luftfrachtnachfrage alleine nicht befriedigen.
Von der Bundesregierung fordert der Verband, sich dringend für eine internationale Koordination in der Luftfrachtlogistik einsetzen. Außerdem solle sie zeitnah die pauschale Reisewarnung für die 160 Länder außerhalb der EU lockern, um die schnelle Verfügbarkeit dringend benötigter Güter sowie den Export zu sichern. „Der Flickenteppich aus unterschiedlichen länderspezifischen Verordnungen und Regelungen hinsichtlich Quarantäne- und Einreisebestimmungen erschwert den Betrieb der Frachtfluggesellschaften und die Aufrechterhaltung der Luftfrachtketten“, meinte Mair. Erlassene Beschränkungen sollten in enger Abstimmung unter den Staaten daher aufgehoben werden.
DSLV: Jetzt umso mehr Tempo bei Digitalisierung nötig
Der Verband DSLV sieht vor allem schnelle Fortschritte bei der Umstellung auf digitale Frachtdokumente und beim Datenaustausch mit den zuständigen Behörden notwendig, um für Unternehmen der Luftfrachtbranchen die Folgen der Corona-Krise abmildern zu können. Entscheidend sei außerdem die zügige Umsetzung der Fördervorhaben aus dem „Innovationsprogramm Logistik 2030“ - etwa die Optimierung von Anbindungen der Flughäfen an landgebundene Verkehrsträger und die Wahrung des Bestandsschutzes für bedarfsgerechte Betriebszeiten.
Die Luftfrachtbranche hatte in den zurückliegenden Monaten einen erheblichen Wandel erlebt. Nach den coronabedingten Streichungen der meisten Flugdestinationen stand der globalen Logistik kaum noch Flugladeraum zur Verfügung. Mit den Folgen der Corona-Pandemie für den Welthandel ging das Luftfrachtvolumen an den deutschen Standorten gegenüber dem Vorjahr deutlich zurück. Im März betrug der Aircargo-Mengeneinbruch laut DSLV etwa 12 Prozent, im April waren es 14 Prozent und im Mai um die 10 Prozent. (dpa/sn)