Hoofddorp. Europas Platzhirsch DHL muss sich wohl auf härtere Konkurrenz einstellen. Das US-Unternehmen United Parcel Services (UPS) will mit dem niederländischen Konzern TNT Express den zweitgrößten europäischen Paketdienst übernehmen. Die Amerikaner, die zu den größten Paketdiensten weltweit gehören, bieten 4,9 Milliarden Euro. Noch ziert sich die TNT-Führungsspitze und wies die Offerte über 9 Euro je Aktie zurück. Es werde aber weiter verhandelt, teilten TNT Express und UPS am Freitagabend nach Börsenschluss in Europa mit.Das Gebot liegt rund 42 Prozent über dem Schlusskurs der TNT-Express-Aktie vom Freitagabend.
Der niederländische Paketzusteller ist erst 2011 nach der Aufspaltung von TNT in die Express- und Briefsparte entstanden. Das Briefsegment PostNL ist mit knapp 30 Prozent größter Anteilseigner von TNT Express. Das Unternehmen kämpfte zuletzt operativ mit Verlusten. Der Aktienkurs sank seit der Abspaltung im vergangenen Jahr deutlich.
Aus diesem Grund hatte es unter den Investoren zuletzt immer wieder Rufe nach einem größeren Partner gegeben. Bereits vor der Aufspaltung des niederländischen Konzerns in die Brief- und Paketsparte hatte es Gerüchte und Spekulationen über ein Interesse des amerikanischen Unternehmens oder dessen Konkurrenten FedEx an TNT gegeben. Experten halten es jetzt für möglich, dass die Amerikaner nachlegen könnten. TNT-Anteilseigner White Eagle Partners hält dies für unbedingt notwendig. «Die Aktie ist derzeit drastisch unterbewertet», sagte der Chef des New Yorker Investmentfonds. Der faire Wert von TNT Express liege mit 15 Euro deutlich über der UPS-Offerte.
TNT Express setzte in den ersten neun Monaten knapp 5,4 Milliarden Euro um, schrieb dabei aber rote Zahlen. Zudem dämpfte der Konzern die Erwartungen für den weiteren Verlauf des Jahres und leitete umfangreiche Sparmaßnahmen ein. Das Unternehmen will am 21. Februar die Zahlen für das vergangene Jahr vorlegen. UPS lieferte dagegen zuletzt Rekordzahlen ab. Der Umsatz stieg 2011 um rund sieben Prozent auf 53 Milliarden US-Dollar (40 Milliarden Euro) und die Amerikaner verdienten dabei noch blendend. Der Gewinn stieg um 14 Prozent auf 3,8 Milliarden Dollar.
UPS erwirtschaftet dabei den Großteil seiner Gewinne in den Vereinigten Staaten. Eine Übernahme von TNT Express wäre eine gute Möglichkeit, um das Europa-Geschäft auf einen Schlag deutlich auszubauen. Einige Analysten halten es auch für möglich, dass FedEx ebenfalls um die Gunst der Niederländer buhlen könnten. FedEx ist in Europa deutlich geringer vertreten als UPS. Das Geschäft in Europa wird vor allem der Deutschen-Post-Tochter DHL dominiert. UPS mit den markanten braunen Auslieferungswagen ist allerdings auch schon seit 1976 in Deutschland vertreten.
Am Aktienmarkt sorgte die Nachricht für deutliche Aufschläge bei den in den USA gehandelten Hinterlegungsscheinen (ADRs) von TNT Express, die dem Wert einer Aktie entsprechen. Diese legten nach Bekanntwerden der Verhandlungen deutlich zu. Zuletzt stand ein Plus von 55 Prozent auf 12,58 Dollar auf dem Kurszettel - dies waren am Freitagabend umgerechnet rund 9,55 Euro. Die UPS-Aktien schlossen dagegen prozentual unverändert. (dpa)