Umweltfreundlich fahren kostet Zuschlag

Neu ist Ivecos Erdgas-Motor für den Daily nicht - bereits 2007 präsentierten die Italiener ihre aktuelle Alternative zum Diesel. Beeindruckend ist die Charakteristik des 3,0 Liter großen Turbo-Vierzylinders aber noch immer. Kein anderer CNG-Antrieb (Compressed Natural Gas) kommt Diesel-Attributen näher. Das zeigt schon ein Blick in die technischen Daten: Ab frühen 1500 Touren liefert der 136 PS starke "F1C-CNG" 350 Newtonmeter Drehmoment und bringt es damit auf die gleichen Werte wie der 140 PS starke 2,3-l-Diesel. Ohne Anfahrschwäche bietet der Motor eine harmonische Kraftentfaltung, zieht ab 1400 Touren kräftig durch, scheut aber auch niedrigste Drehzahlen um 1000/min nicht. 50 km/h absolvierte der Testwagen trotz beladener Pritsche so locker im sechsten Gang, inklusive anschließendem Herausbeschleunigen. Was man umso mehr zu schätzen lernt, weil das serienmäßige Sechsganggetriebe daily-typisch seine Gassen mitunter nur widerwillig frei gibt. So meint man fast in einem Selbstzünder zu sitzen, wäre da nicht dieses benzinertypische Säuseln, das im Innenraum stetig vernehmbar ist und den Erdgaser zumindest subjektiv nicht leiser erscheinen lässt als die Dieselbrüder. Außen allerdings soll der CNG laut Iveco um bis zu fünf dB(A) leiser sein. Vor dem Hintergrund künftiger Einfahrtregel-Szenarien mancher Metropolen kein unwichtiges Kriterium, das dem Erdgaser in Zukunft steigende Verkäufe bescheren könnte. Der Liter Diesel ist derzeit zu billig Denn genau dort liegt bislang der Haken. Abzüglich der sauber verarbeiteten Alu-Pritsche von Sanmarco rufen die Iveco-Preislisten 40.480 Euro für den Testwagen auf. Ein vergleichbarer Diesel kostet über 6000 Euro weniger. Ein happiger Zuschlag, den die meisten nur bereit sind zu investieren, wenn sich ein Teil über die Kraftstoffkosten refinanzieren ließe. Was derzeit aber nicht funktioniert: 1,09 Euro verlangte unsere Tankstelle am Testtag für das Kilo Erdgas. Dagegen lag der Liter Diesel bei 1,03 Euro. Auch berücksichtigt, dass in einem Kilo Erdgas mehr Energie steckt (1 Kilo Erdgas entsprechen 1,31 Liter Diesel), amortisiert sich der Mehrpreis so keinesfalls. Ebenfalls genau rechnen heißt es bei der Nutzlast. 2,74 Tonnen brachte der hinten zwillingsbereifte Testwagen auf die Waage. Womit dem 3,5-Tonner lediglich 760 Kilo Nutzlast bleiben, die nicht nur im Baueinsatz schnell überschritten sein dürften. Die unterflur montierten Gasflaschen fordern hier ihren Tribut. Je nach Betriebsdruck der Tankstelle bunkern sie bis zu 35 Kilo Erdgas. Auf der gemischten VR-Testrunde konsumierte der Daily davon 7,41 kg/100 km. Was umgerechnet 9,7 l/100 km Diesel entspräche, was angesichts des aerodynamisch ungünstigen Pritschenaufbaus und den 400 Kilo Testballast in Ordnung geht und auf Augenhöhe zum Diesel liegt. Womit der Gasvorrat theoretisch für knapp 470 Kilometer gereicht hätte. Sollte sich dann trotzdem keine der knapp 900 Erdgastankstellen in Deutschland finden lassen, erweitert der "quasimonovalente" CNG-Daily seine Reichweite per automatischem Umschalten auf die 14-Liter- Superbenzin-Reserve. Und auch die Zuladung ließe sich durch Ausnutzen der hohen Anhängelast von 3,5 Tonnen nach oben korrigieren. Dann würde das Zuggesamtgewicht allerdings auf sieben Tonnen steigen, die den Erdgaser über seine Grenzen bringen dürften. 136 PS bleiben eben 136 PS, egal ob als Selbst- oder Fremdzünder. Alle Tests und Fahrberichte für Abonnenten www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank

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