Hat aus Ihrer Sicht die Politik im Umgang mit den Protesten gegen Stuttgart 21 Fehler gemacht?
Volker Kefer: Es macht meines Erachtens jetzt wenig Sinn, nach Verantwortlichen für Fehler zu suchen, die bei Stuttgart 21 gemacht wurden. Für mich sind zwei Dinge entscheidend. Erstens, die Projektpartner haben alle miteinander die feste Absicht, das Projekt zu realisieren. Zweitens, die Projektpartner haben erkannt und akzeptiert, dass in der Vergangenheit Fehler gemacht wurden, die sich nicht wiederholen dürfen. Dazu zählt sicher auch der Umgang mit den Kritikern des Projektes.
Fürchten Sie, dass bei künftigen Infrastrukturvorhaben der Deutschen Bahn die Protestbereitschaft der Bevölkerung zunehmen wird?
Deutschland ist wie kaum ein anderes Land auf die ständige Weiterentwicklung und den Ausbau einer modernen, leistungsfähigen und umweltverträglichen Infrastruktur angewiesen. Es wird deshalb zu einem ganz erheblichen Teil Aufgabe der Deutschen Bahn sein, möglichem Misstrauen gegenüber Bahnprojekten durch eine frühzeitige, transparente und umfassende Information über geplante Projekte zu begegnen. Es wäre fatal für uns alle, wenn wir uns hierbei selbst blockieren würden.
Was muss im Vorfeld von großen Infrastrukturprojekten künftig passieren, damit diese von der Mehrheit der Bevölkerung auch akzeptiert werden?
Erstens, wir müssen die betroffenen Bürgerinnen und Bürger noch frühzeitiger über geplante Bahnprojekte informieren als bisher. Das kann auch bedeuten, dass wir darüber informieren, was wir beabsichtigen zu bauen, ohne zu einem solch frühen Zeitpunkt schon völlig sicher sein zu können, dass das Projekt auch tatsächlich realisiert wird. Zweitens, wir müssen noch mehr Sorgfalt darauf verwenden, unsere Informationen für das breite Publikum verständlich aufzubereiten. Drittens müssen sich alle Projektbeteiligten dafür einsetzen, dass die Zeit von der Idee über die Planung bis zur Umsetzung eines Projektes wo immer es geht, verkürzt wird.
Ansonsten verlieren wir die Leute auf der Hälfte der Etappe und das böse Erwachen für alle Beteiligte kommt am Ende. Das müssen wir auf jeden Fall vermeiden. (sb)