Stückgut auf der Schiene: Lösungen und Machbarkeit

Gerhard Oswald, Managing Partner der Hamburger Beratung Gomultimodal, hat eine Vision. Zeitsensible Güter sollen von oder nach Bad Hersfeld nicht mehr nur per Lkw transportiert werden, sondern im Kombinierten Verkehr (KV). Cargo-S-Bahn auf Trassen Was den Standort für Oswald so attraktiv macht: "Bad Hersfeld ist der Nabel des Stückgutverkehrs. Jeden Arbeitstag kommen schon heute im diesem Landkreis pro Minute ein bis zwei Lkw an - Tendenz steigend." Zudem liege die Stadt an der vollelektrifizierten TEN-T-Strecke mit Zuglängen von 740 Metern und einer Geschwindigkeit von bis zu 160 Stundenkilometern (km/h) für Güterzüge. Hier soll bis 2030 ein KV-Terminal inklusive eines vollautomatisierten Hochregal-Lagers mit über 150 intermodalen Transporteinheiten Fassungsvolumen errichtet werden - so Oswalds Ziel. Das Areal hat er bereits. Es handelt sich um ein rund 33.000 Quadratmeter großes Gelände der ehemaligen Hoechst Faserwerke, zehn Kilometer vom Rangierbahnhof in Bebra entfernt. Dort könnte man, nach seinen Plänen, das KV-Terminal errichten. Die InfraGo-AG, Tochter der Deutschen Bahn, hat schon die Machbarkeit der Schienenanbindung für die Ein- und Ausfahrt bestätigt. Das zwischen Schiene und Straßen arbeitende KV-Terminal könnte direkt von der Haupttrasse aus Richtung Norden und Süden von "Cargo S-Bahn"-Zügen (mit 16 bis 24 Stellplätzen für 7,45-Meter-Wechselbehälter) angefahren werden. Kurze und sprintstarke Wendezüge, die auch im S-Bahn- Verkehr mitfahren könnten, ermöglichen es - etwa auf Expresstrassen der DB Netz - mit bis 140 km/h zwischen Bad Hersfeld sowie dem Frankfurter und Leipziger Cargo-Flughafen zu verkehren - ohne dafür eine Rangier-Lok zu benötigen. Über ein vollautomatisiertes Hochregal-Lager ließen sich die Waggons im horizontalen Umschlag binnen rund 50 Minuten automatisch be- und entladen - ebenso die ver- und entsorgenden Lkw. Effizienter Waggon "Wir müssen attraktive Angebote machen, um vermehrt auch Stückgut als palettierte Ware auf der Schiene zu transportieren", sagt Peter Reinshagen, Managing Director von Ermewa. Die Firma ist europaweit im Bereich der Vermietung von Güterwagen tätig und gehört zur Streem Gruppe. Zusammen mit einer neu gegründeten Forschungsgemeinschaft hat Ermewa nun eine innovative Lösung entwickelt. Dank automatisierter Planen-Öffnung und -Schließung (bislang erfolgte dies händisch - Anm. d. Red.) lassen sich bis zu zwei Minuten pro Wagen oder eine Stunde pro Zug für die Paletten-Be- oder Entladung einsparen. Zudem kann der Fahrer den Vorgang per Knopfdruck auslösen, etwa von seinem Gabelstapler aus. "Und irgendwann kann das vollständig autonom erfolgen", sagt Reinshagen. Zudem werden die Waggons mit intelligenten Sensoren ausgerüstet - etwa für das Track & Trace der Waggons, die Messung der Feuchtigkeit und Temperatur innerhalb des Waggons, aber auch zur Erfassung des Ladestatus. Voraussetzung dafür: Die Stromversorgung auf dem Waggon muss sichergestellt sein, etwa über einen Achsenstrom-Generator. Künftig könne das über die Stromleitungen der Digitalen Automatischen Kupplung erfolgen, mit der - so die Planung - spätestens bis 2030 alle Züge in Europa ausgerüstet sein sollen. Der größte Vorteil der neuen Lösung: "Wir erhöhen das Ladevolumen pro Zug je nach Zuglänge um fünf bis zehn Prozent, indem wir jeweils zwei Wagen kurz koppeln. So lassen sich bei gleicher Zuglänge von 670 Meter und dem Gesamtgewicht von 2100 Tonnen pro Zug 80 Paletten mehr laden - statt 1152 dann 1232." Den ersten Waggon-Demonstrator will Ermewa Anfang Juli in Orval (Frankreich) zeigen. Spätestens 2026 werde man in die Waggon-Produktion einsteigen, so Reinshagen. "Das Wichtigste ist, dass Spediteure Verladern 100 Prozent CO2-freie Transportprodukte bieten können, etwa in Kombination mit E-Lkw über Crossdocks." Interview: "Das wäre ein echter Durchbruch!" Ihre Vision ist es, in Bad Hersfeld ein Kombi-Terminal zu errichten, um in Zukunft auch zeitsensible Güter wie Konsumgüter, temperaturgeführte Produkte oder Halbfertig-Produkte per Bahn befördern zu können. Bislang ist Ihre Idee am dafür passenden Areal gescheitert. Wir haben soeben einen positiven Bescheid von der Gesellschaft erhalten, die über die Hauptfläche des betreffenden Areals verfügt. Diese ist nun bereit, das Areal von 17.000 Quadratmetern (m2) für den Bau eines Umschlagterminals im Kombinierten Verkehr zur Verfügung zu stellen. Zudem erhalten wir von einem Bad Hersfelder Unternehmen ein zweites Gelände. Insgesamt verfügen wir dann über ein Areal von 33.000 m2 für den Bau des neuartigen Intermodal-Terminals mit weniger Flächenversiegelung durch ein Hochregal-Lager. Was sind jetzt die nächsten Schritte, um Ihre Vision erfolg-reich in die Tat umsetzen zu können? Wir haben eine Machbarkeitsstudie und nun auch das dafür erforderliche Areal. Jetzt verhandeln wir darüber mit Investoren, dann braucht es noch den konkreten Bebauungsplan sowie die Baugenehmigung. Auch die Zulassung der Cargo-S-Bahnen steht noch aus. Die ersten Proto-typen der Cargo-S-Bahnen sollen jedoch schon in den Jahren 2026/2027 für Deutschland verfügbar sein. Spätestens im Jahr 2030 könnten dann die ersten KV-Züge, zum Beispiel mit Stückgütern, in Bad Hersfeld umgeschlagen werden. Das wäre ein echter Durchbruch!

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