Berlin. Der Lastwagen im Straßengüterverkehr verursacht bezogen auf den Tonnenkilometer mehr als doppelt so hohe externe Kosten wie Eisenbahn oder Binnenschiff. Zu diesem Ergebnis kommt das Schweizer Beratungsunternehmen Infras in einer Studie für die Allianz pro Schiene, die am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Während der Lkw 4,46 Cent pro Tonnenkilometer an ungedeckten Folgekosten verursacht, sind es beim Binnenschiff nur 2,19 Cent und im Schienengüterverkehr sogar nur 2,04 Cent pro Tonnenkilometer.
Für die einzelnen Kostensätze griffen die Studienautoren auf Daten des Umweltbundesamts sowie der Europäischen Kommission zurück. Sie ermittelten die externen Kosten, die unter anderem durch Lärm, Natur- und Landschaftsschäden, Klimafolgen sowie Unfälle entstehen. Größter Kostenblock beim Lkw sind demnach die Klimafolgen, gefolgt von vor- und nachgelagerten Prozessen. Dazu gehören die Herstellung und Verschrottung des Fahrzeugs und der Straßen sowie die Produktion des Kraftstoffs.
Kostentreiber bei Binnenschiff und Eisenbahn sind unterschiedlich
Das Binnenschiff schneidet in der Betrachtung der Kostentreiber bei den Luftschadstoffen zwar schlechter ab als der Lkw, steht dafür aber bei den Auswirkungen auf Natur und Landschaft am besten unter allen drei Verkehrsträgern da. Eine methodische Lücke ist, das es bisher keine Zahlen zu den Lärmkosten des Binnenschiffs gibt. Die Auseinandersetzungen mit den Hafenanwohnern zum Beispiel in Köln legen nahe, dass Lärm der Binnenschifffahrt durchaus ein Thema ist.
Der Güterverkehr per Eisenbahn steht hinsichtlich der Lärmkosten noch schlechter da als der Lkw, verursacht allerdings mit Abstand die geringsten direkten Klimakosten im Güterverkehrssektor. Allerdings ist ein Teil der Klimakosten – die Fahrstromerzeugung – unter dem Kostenblock der vor- und nachgelagerten Prozesse abgebildet. Sie sind deshalb annähernd so hoch wie beim Lkw.
Drei Güterverkehrsträger produzieren 22 Prozent der externen Verkehrskosten
In der Summe verursachen Lkw im Straßengüterverkehr laut der Studie pro Jahr rund 21,2 Milliarden Euro an externen Kosten. Hinzu kommen die statistisch schwer erfassbaren Lieferwagen mit rund 7,5 Milliarden Euro. Die externen Kosten des Schienengüterverkehrs belaufen sich auf 2,6 Milliarden Euro – davon entfällt knapp ein Zehntel auf Dieseltraktion. Die geringsten externen Kosten verursacht die Binnenschifffahrt – was auch an ihrem geringen Anteil im Modal Split liegt: Je nach methodischem Ansatz sind es zwischen 1,1 und 1,2 Milliarden Euro.
Alle drei Transortmittel im Landverkehr von Gütern zusammen stehen für 32,5 Milliarden Euro externe Kosten. Entgegen einer weit verbreiteten Wahrnehmung sind das nur rund 22 Prozent der gesamten externen Kosten des Verkehrs von 149 Milliarden Euro. Der Rest wird also durch den Personenverkehr verursacht.
Auffällig ist der niedrige Anteil des Luftverkehrs, der laut der Untersuchung von Infras gerade mal für knapp einen Prozent der gesamten Folgekosten im Verkehrssektor steht. Allerdings wurden hierbei – aus methodischen Gründen, wie es hieß – nur inländische Flüge berücksichtigt, keine grenzüberschreitenden. Wären hingegen alle Flüge von und nach Deutschland berücksichtigt worden, hätte der Anteil höher gelegen, sagte der Studien-Autor Cuno Bieler.
Allianz pro Schiene fordert mehr Kostenwahrheit vom Bund und eine CO2-Bepreisung
Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, appellierte an die Politik, für mehr Kostenwahrheit zu sorgen. Er verwies darauf, dass es kaum Untersuchungen gebe, die aufschlüsseln, was der Staat für den Verkehr ausgebe und wie viel er einnehme. Flege forderte zudem mehr Tempo bei der Verkehrswende: „Eine verschleppte Verkehrswende ist viel teurer als ein mutiges Umsteuern.“ Wichtigster Punkt sei in diesem Zusammenhang eine CO2-Bepreisung. Ob diese nur als Steuer oder als Emissionshandel ausgestaltet werde, „ist nicht kriegsentscheidend“, sagte er.
Bei der Berechnung der externen Kosten hat sich Infras auf die Methodenkonvention des Umweltbundesamtes (UBA) gestützt. Wo diese Lücken aufweist – zum Beispiel bei den Landschaftskosten der Binnenschifffahrt – wurde das 2019 erschienene Methodenhandbuch der EU-Kommission herangezogen. Bei den Unfallkosten wurden nur die nicht durch Versicherungsprämien abgedeckten Kosten berücksichtigt. Das sind zum Beispiel Fehlzeiten auf Arbeit oder administrative Kosten für die Verkehrspolizei, aber auch die umstrittenen „Humankosten“, also die immateriellen Kosten von menschlichem Leid. (roe/ag/dpa)