Starke und flexible Riesenpuzzles

Auch bei den Tiefladern und Schwertransportern dürfte die Digitalisierung künftig für deutlich smartere und "intelligentere" Fahrzeuge sorgen: Den heute schon verfügbaren Fernbedienungen werden Reifendruck- und Fahrwerkkontrollsysteme folgen. Sie schlagen automatisch per App Alarm und melden den Trailer selbstständig beim Service an, der vorab benötigte Ersatzteile bestellt und parat liegen hat. Trend 1: Intelligentere Elektronik Wie die Elektronik die Lenkung unterstützt, demonstrierte Kässbohrer mit Knorr zusammen beim K.SLH 8, der per "Steer-by-wire" auf Elektronik statt auf Stangen setzt, wenn es um Lenkbefehle geht. Das spart laut Cheftechniker Volkan Akinci jede Menge Gewicht, braucht dafür aber etwas mehr Elektronik und "deutlich mehr Programmierung". Entsprechend ist davon auszugehen, dass die "Rechenzentren" und "-leistungen" der künftigen Tieflader künftig weiter wachsen werden. Trend 2: Fortschritte beim Stahlbau Schrumpfen dürften dagegen die Fahrzeuggewichte, wenngleich man sich hier asymptotisch einem Optimum annähert. Die Metallurgie bringt immer neue Stähle hervor, die bei gleichen Streckgrenzen und -qualitäten weniger wiegen. Das erlaubt entsprechend auch andere Unterkonstruktionen, wie Christoph Rimmele, Pressesprecher bei Scheuerle, am Beispiel des UltraLight Combi schildert: "Durch Materialeinsparungen im Bereich des Stahlbaus, kombiniert mit Änderungen an den Laufwerken und der Bereifung, wiegt der Ultralight je nach Version zirka 25 Prozent weniger als das vergleichbare Standardfahrzeug." Das Hauptaugenmerk lag laut Rimmele auf der vollen Modularität mit möglichst geringem Eigengewicht bei zwölf Tonnen Achslast und 2,55 Meter Fahrzeugbreite und somit passend zum europäischen Markt. Die Grenze zum Beispiel zum InterCombi liegt bei der maximalen Achslast: Zwölf Tonnen bleiben zwölf Tonnen. Doch auch alle anderen Hersteller finden immer wieder das eine oder andere Kilogramm, vor allem im Stahlbau. Um den Stahl zu schützen, investierte man in den letzten Jahren vielfach in die Vergütung der Oberflächen. In den leichteren Klassen nutzen Serienhersteller wie Kögel dafür ihre KTL-Becken der Sattelcurtainsider oder verzinken die Trailer. Die schwereren und größeren Kaliber werden dagegen spritzverzinkt oder metallisiert. Was bei Kässbohrer dazu führt, dass man KTL-beschichten und metallisieren kann. Bei Faymonville bietet man unter dem Namen MaxProtect+ ein komplettes Oberflächenveredelungsprogramm an, das wie folgt aussieht: Dem Schleuderradstrahlen mit metallischem Strahlgut folgt ein Handstrahlvorgang mit manueller Reinigung und Veredelung der Oberfläche mit mineralischen Strahlmitteln wie Korund. Dann wird eine Zink-/Aluminiumschicht als Korrosions- und Haftschutz aufgebracht und es erfolgt eine Teilmetallisierung speziell für stark beanspruchte Oberflächen. Die folgende Fugenversiegelung soll das Rosten in Spalten verhindern. Im fünften Schritt erfolgt die Grundierung mit Zweikomponenten-Zinkepoxy mit 85 Prozent Zinkanteil und zusätzlichem aktiven Korrosionsschutz. Erst dann wird der Decklack aufgetragen. Zu guter Letzt wird versiegelt, was Korrosion in Ecken und Hohlräumen unterbinden soll. Optional bieten die Belgier noch eine seewasserfeste Komplettkonservierung an. Trend 3: Flexiblere Kombinationen Auch in Sachen Flexibilität bietet sich Faymonville an, wo man mit dem CombiMAX ein im wahrsten Sinne des Wortes hochflexibles Schwertransportkonzept schuf, das sich darüber hinaus auch mit verschiedenen Achstypen und Zwischenstücken kombinieren lässt. Die Schwerlastmodulfahrzeuge legten die Belgier so aus, dass sie bei Bedarf sowohl mit Goldhofer- als auch mit Scheuerle-Modulen kombiniert werden könn(t)en. Ergänzt wird das Portfolio um den Powermax mit eigenem Antrieb. Trend 4: Selbstfahrende Module Eigene Antriebe bieten seit der Messe Bauma auch Goldhofer und Scheuerle an und sehen diese als Ergänzung oder teilweisen Ersatz für Schwerlastzugmaschinen. Scheuerle hat seine SPMT-Familie der selbstangetriebenen Transporter mittlerweile auf sechs Varianten ausgeweitet. Dazu kommen die Powerbooster, die bei hohen Geschwindigkeiten "abschalten" und als Standardplattformen mitrollen, innerbetrieblich oder an besonders schweren Steigungen die Fuhre aber auch extra antreiben können. Goldhofer brachte dazu seinen Addrive in Stellung, der nach ersten Rückmeldungen aus der Praxis (siehe auch Kasten S. 48) flexiblere Einsätze ermöglicht. Trend 5: Komplexere Ausstattungen Um die Einsätze noch effizienter zu machen, fordern viele Transportunternehmen immer komplexere Sonderausstattungen, wie man auf der IAA in Hannover exemplarisch an den Auffahrtsrampen sehen konnte. So konstruierte Meusburger eine Klapprampe, die gleichzeitig als waagerechte Ladeflächenverlängerung fungieren kann. Ähnliches gibt es bei Broshuis. Und Kässbohrer stellte zwei seitlich verschiebbare Rampen vor, die zusammengeschoben als durchgehende breite Fläche oder separat für Fahrzeuge mit breiten Spurweiten verwendet werden können. Auch bei der Rampengestaltung und den -auflagen gibt es neue Ideen, vom Leichtbaugitterrost bis hin zu speziellen Gummierungen. Dazu kommen neue Hölzer für die Auflagen, wie Nooteboom mit dem Bambusverbundwerkstoff demonstrierte. Für die Umbaumöglichkeiten der Ladefläche und die Ladungssicherung gilt: Je einfacher und schneller, desto besser! Denn die Kunden rechnen ihre Fahrzeuge verstärkt mit Rüst- und Umlaufzeiten, die einen höheren Anfangsinvest bei der Zusatzausstattung schnell amortisieren. Wenn sich Gurte und Ketten nur schon selbstständig um das Transportgut legen und dort anschlagen könnten! In diesem Punkt ist es zum smarten Trailer 4.0 leider noch ein sehr weiter Weg! Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Lkw-Tieflader www.verkehrsrundschau.de/dossiers Wie Addrive die Effizienz erhöhen kann Erste Erfahrungen mit Goldhofers Addrive Die Firma Wasel erhielt Goldhofers ersten Addrive. Und zwar exakt das Modell, das auf der Bauma ausgestellt wurde. Zeit, David Wandel, Leiter der Transportabteilung bei Wasel, zu fragen, wie sich der vierachsige THP/ADD beim Transport eines 290 Tonnen schweren, 4,8 Meter breiten und 4,5 Meter hohen Trafos von Bad Honnef nach Ibbenbüren schlug.Bereits das Auffahren auf den Ponton auf der Nato-Rampe in Bad Honnef hatte es in sich: Dort musste der Trafo auf dem 14-achsigen Schwerlastfahrzeug ein starkes Gefälle samt enger Kehre bewältigten. Auf dem Ponton ging es über Rhein und Mittellandkanal nach Recke. Aufgrund der Länge des Pontons musste dieser schräg am Ufer andocken, was den Entladevorgang aber nicht beeinflusste. Hier genügte ein Lkw, um den Trafo aus dem Ponton zu ziehen, während die Schiffsbesatzung entsprechend nachballastierte. Nach gut vier Stunden stand der Trafo wieder auf Land. Anschließend baute das Team von Wasel die Kombination um ein weiteres 4-Achs-Modul auf eine 18-achsige Schwerlastkombination um, um die vorgegebenen Achslasten einzuhalten. Vor Beginn des eigentlichen Transportes musste der 280 PS starke Addrive die erste Kehre im Alleingang bewältigen, da die Zugmaschine wegen WaselW enger Platzverhältnisse nicht vorgespannt werden konnte. Erst als Addrive den Trailer in Position rangiert hatte, konnte die Zugmaschine andocken. Es genügte, um mit Addrive-Unterstützung die erste ansteigende Ausfahrt auf die Staatsstraße zu meisten. Anschließend rollte der Konvoi mit rund 25 km/h. Dabei schaltete Addrive ab und agierte als Schwerlastmodul. Das Aggregat wurde lediglich zur zusätzlichen Nachlenkung sowie zum Niveauausgleich eingesetzt. An schwierigen Passagen wurde der Antrieb zugeschaltet. Nur an einer 800 Meter langen 8,5-Prozent-Steigung musste das Transportteam eine zweite Zugmaschine vorspannen.Aber kann Addrive Zugmaschinen ersetzen? "Jein", antwortet Wandel, denn höhere Tempi bedingen nach wie vor Lkw, gleichzeitig seien die Kapazitäten des Addrive noch gar nicht ausgereizt. Viel interessanter seien dagegen enge Kehren oder Ladestellen, die man ohne vorgespannten Lkw leichter meistert. Außerdem ermöglicht Addrive eine längere Ladefläche. Nach 17 Kilometern erreichte der Transport das Kohlekraftwerk in Ibbenbüren und Wandel gab sein erstes Fazit ab:"Läuft" - vor allem dort, wo es eng wird und man besser ohne Lkw agieren kann! gs