Speditionsreportage: Franz lässt grüßen

Groß Köris, Brandenburg, 30 Kilometer südöstlich von Berlin. Sauber aufgereiht fürs Wochenende parken in bunter Mischung Mercedes, Volvo und DAF auf dem Speditionshof. Dazwischen ein Stapler, könnte ja sein, dass man noch schnell etwas umladen muss. Fahrer Frank Zippel steht an der betriebseigenen Tankstelle und füllt den Tank des neuen Prunkstücks der Spedition: eines Mercedes New Actros, flammneu, ohne Spiegel, in zeitgenössischem Dunkelblau, Ochsenblutrot und mit schwarzen Akzenten. Steffen Bunk klappt lachend die Tafeln aus. Zum Vorschein kommen ein TIR-Schild und ein "Fern, Schnell, Gut". "Ohne diese typischen Insignien ist er nicht komplett", meint der Junior-Chef. Frühkindliche Prägung "Man muss was Besonderes tun, um sich aus der Masse abzuheben", meint Bunk. "Als Kind habe ich die Serie 'Auf Achse' geliebt. Franz Meersdonk (alias Manfred Krug) und Günther Willers (Rüdiger Kirschstein) unterwegs auf internationalen Routen", kommt er ins Schwärmen. Früh stand für den Spross einer Fuhrunternehmerfamilie fest, dass er die vom Opa gegründete Firma übernimmt. Fahren hatte er weniger im Sinn, auch wenn er immer wieder mal den Schreibtisch mit dem Lenkrad tauscht, wenn Not am Mann ist. Zwölf 40-Tonner hat das Unternehmen. "Als ich in die Geschäftsleitung eingestiegen bin, habe ich zuerst mal versucht, unsere Lkw direkt zu befrachten und die weniger lukrativen Subfrächter-Verträgen auslaufen zu lassen." Mit welchen Kunden ihm das gelungen ist, will Bunk aus verständlichen Gründen nicht so gerne verraten. "Die Konkurrenz ist groß", meint er nachdenklich. "Sie haben sicher auf der Anfahrt über die A 10 und A 13 gesehen, dass sich dort überwiegend polnische Lkw bewegen. Mit deren Preisen können wir nicht mithalten." Wie es denn dann funktioniert, will der Redakteur wissen. Zumindest da hat der Junior-Chef ein Rezept: "Wir müssen absolute Zuverlässigkeit bieten, setzen ausschließlich auf deutschsprachige Fahrer und ich bezeichne unser Wirken mit 'Handlungsfreude', so klappt es." Tatsächlich könnte Lehmann mehr Transportaufträge übernehmen, aber aktuell fehlt es an Fahrern. Auf jeden Fall ist es ihm gelungen in Nischen Kunden zu finden, mit denen das Geschäft "Spaß macht", wie er es nennt. Mit Spaß und Erfolg hat auch die "Meersdonk-Replik" zu tun. "Natürlich hoffe ich, dass sich die Idee mit unserem New Actros in 90er-Jahre-Optik herumspricht. Einen ersten Erfolg haben wir ja schon. Wir sind in der VerkehrsRundschau", freut sich Bunk. Fahrer Frank Zippel ist ebenfalls Freund der alten Serie, außerdem passionierter Mercedes-Fahrer und natürlich mächtig stolz auf den ungewöhnlich gestylten Actros 1848. Beide hoffen, dass der Lkw geeignet ist, als Imageträger Fahrer anzusprechen und Werbung für das 1953, noch in DDR-Zeiten gegründete Unternehmen zu machen. "Der Fahrermangel macht uns zu schaffen", beklagt Bunk. "Auch sonst kämpft unsere Branche ums Überleben" so Bunk. Die Regularien des EU-Mobilitätspakets begrüßt der Brandenburger Unternehmer ausdrücklich. "Allerdings fehlt mir der Glaube, dass der versprochene Schutz für unsere Branche tatsächlich eintritt. Dinge wie die Rückkehrpflicht sind unbedingt zu begrüßen. Doch wer wird es kontrollieren? Man hätte gleich mit Inkrafttreten der neuen Regeln verbindlich regeln müssen, dass die Tachodaten aller Marktteilnehmer für die Analyse genutzt werden dürfen. So ist das nur ein zahnloser Tiger ..." Auf das Thema Ausbildung angesprochen, meint Bunk: "Als kleiner Betrieb ist es schwierig, Berufskraftfahrer auszubilden. Wir müssten in Ausbildungskooperationen gehen, um alle Erfordernisse zu erfüllen. Das wäre grundsätzlich möglich, doch aus meiner Erfahrung gibt es am Ende oft Differenzen, wer die ausgebildeten Fahrer bekommt." Auf die Frage, wo Lehmann Transporte in zehn Jahren steht, bei drei oder bei 300Lkw, denkt Bunk kurz nach. "Wenn es so weitergeht, dann eher bei drei! Lieber weniger Lkw, gute Fahrer und ordentliche Frachtraten als Masse und ständig Probleme mit der Personalsuche." Bunk meint, dass neben Arbeitszeiten und Gehalt die aktuelle Weiterbildung von Berufskraftfahrern nicht unbedingt geeignet ist, junge Menschen in den Job zu bringen. "Ich würde mir wünschen, dass das Thema konzentrierter und fokussierter auf die neuen Themen ausgerichtet wird." Und natürlich weiß Bunk, dass man den Fahrern mehr Respekt entgegenbringen muss. "Das machen andere Länder besser als wir." Problem: fehlender Respekt Der Junior-Chef benennt auch Kunden, die aus seiner Sicht genau diesen Respekt nicht entgegenbringen: "Die Lidls und Aldis dieser Welt. Da wollen unsere Fahrer nicht so gerne hinfahren! Ein weiteres Ärgernis ist das Thema Palettentausch. "Mit den steigenden Rohstoffpreisen hat sich das Problem noch mal verstärkt. Da haben wir quasi schon einen natürlichen Verlust ... Dabei wäre es so einfach, das vernünftig zu regeln, mit einem Poolsystem, bei dem die Palette zur Ware gehört." Doch selbst mit all den Problemen ist Steffen Bunk noch immer begeisterter Fuhrunternehmer. Solange er einen guten Stamm an Fahrern hat, Kunden findet, die für ordentliche Leistung und Zuverlässigkeit auch ordentlich und zuverlässig zahlen, so lange wird er weitermachen. Generation Nummer vier ist allerdings noch nicht so weit. Da wird er noch eine Weile durchhalten müssen. Mehr zum Thema finden Sie unter #LkwFahrer www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Lehmann Transporte aus Brandenburg ist ein klassischer Fuhrbetrieb. Junior- Chef Steffen Bunk betreibt das Geschäft mit viel Engagement und guten Ideen. Er wünscht sich aber mehr Unterstützung von den Entscheidern in Berlin. Steffen Bunks Forderungen an die Politik "Die Verkehrs- und Parkplatzsituation muss dringend verbessert werden. Wir brauchen schnellstens mehr Parkplätze mit ordentlichen sanitären Einrichtungen - und keine Dixi-Toiletten.Mir ist klar, wir haben einen freien Markt ohne Tarife. Dennoch wünschte ich mir eine Art Mindestlohn für alle Verkehrsträger. 1,20 Euro pro gefahrenem Kilometer wären für die Straße ein ordentlicher Anfang, um zumindest kostendeckend zu arbeiten. Der Berufszugang muss optimiert werden und die Sofa-Spediteure sollten eingebremst werden. Auch da würde ich mir eine EU-Quote wünschen: 60 bis 70 Prozent aller Transporte müssten im Eigeneintritt durchgeführt werden." gg

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