Speditionsporträt Bayer: 100 Prozent Gefahrgut

"Ich bin mit Herz und Seele Unternehmerin", sagt Sonja Bayer. Den Satz glaubt man der geschäftsführenden Gesellschafterin der Robert Bayer GmbH aus Ehingen sofort, denn das Unternehmertum wurde ihr quasi in die Wiege gelegt. In dritter Generation lenkt die 46-Jährige den mittelständischen Familienbetrieb, den sie von ihrem Vater Robert Bayer übernommen hat. Zur Robert Bayer GmbH gehört neben einem Busbetrieb - Bayer-Reisen - auch eine Tankwagen-Spedition. Seit 2014 ist Sonja Bayer für das operative Speditionsgeschäft verantwortlich, das sich ausschließlich auf den Mineralölsektor konzentriert. 1954 nahm das Unternehmen seinen ersten Tankzug in Betrieb und hat sein Business seitdem immer weiter ausgebaut (siehe Kasten oben). "Wir pflegen teilweise Beziehungen mit Kunden seit über 50 Jahren konstant", erzählt die Chefin stolz. Die Tankstellenbelieferung erfolgt in ganz Baden-Württemberg sowie in angrenzende Gebiete in Bayern, Rheinland-Pfalz, Saarland und Hessen. Die Hauptladestelle der Spedition befindet sich in Karlsruhe. Vom Motorsport in die Geschäftsführung Von Anfang an vorgezeichnet war Sonja Bayers Weg in die Geschäftsführung des eigenen Betriebs aber nicht: "Ich war früher im Motorsport aktiv und bin einiges um die Welt gereist", erzählt sie. Mit dem Profisport aufgehört hat Bayer, als die erste ihrer beiden Töchter zur Welt kam. Nach ihrem BWL-Studium stieg sie 2003 zunächst in Teilzeit in das Unternehmen ein. Als Geschäftsführerin geht das nicht mehr, heutzutage sitzt sie durchaus auch mal im Urlaub vor dem Laptop. "Wir sind eine große Familie und ich bin wirklich gerne im Betrieb. Leider nimmt man die Probleme dann auch mit nach Hause." Es gibt viele Herausforderungen für die Robert Bayer GmbH. Die größten sind der Fahrermangel, die zunehmende Digitalisierung, die Umstellung auf alternative Antriebe und der Ausbau des Standorts Karlsruhe. Ganz schön viel zu tun also für Sonja Bayer - diese Aufgaben muss sie aber nicht alleine bewältigen. Ihr Pendant im Busbereich ist seit 2020 Patrick Werner. Der 40-Jährige absolvierte eine Ausbildung zum Bürokaufmann bei Bayer und ist heute Prokurist. Unterstützung erhält Sonja Bayer auch nach wie vor von ihrem Vater Robert Bayer junior. Zwar hält der 80-Jährige sich inzwischen weitgehend aus dem operativen Geschäft heraus, trotzdem sei es "goldwert", seine Meinung zu hören, betont seine Tochter. "Seine riesige Erfahrung hilft uns heute noch bei unserem Erfolg." Strenge Sicherheitsstandards gelten Eine Sache ist für die Spedition essenziell: Sicherheit. Arbeitsschutz ist natürlich in jedem Betrieb wichtig - bei Bayer wäre die Tragweite von Verstößen gegen Sicherheitsvorgaben im Vergleich zu anderen Transportunternehmen aber wohl noch größer. "Wir befördern 100 Prozent Gefahrgut", sagt Sonja Bayer. Deshalb sei es unerlässlich, dass sich vor allem auch die Fahrer an die strengen Sicherheitsstandards halten. "Wir haben Weiterbildungszeiten auf dem Lkw von vier bis sechs Wochen für diejenigen, die bisher noch kein Gefahrgut transportiert haben", so die Geschäftsführerin. Ausgebildetes Fachpersonal unterstützt die Fahrer bei der täglichen Arbeit und schult sie jährlich. Alle zwei bis drei Jahre nehmen die Fahrer an Fahrsicherheitstrainings teil. Komplett selbst bildet der Betrieb nicht aus - aufgrund des Gefahrguts zu gefährlich. Corona machte dem Betrieb zu schaffen Wie viele andere Branchenunternehmen hat auch die Robert Bayer GmbH mit Personalmangel zu kämpfen - seit der Pandemie noch mehr als zuvor. "Die Absatzschwankungen haben teilweise dazu geführt, dass sich Mitarbeiter anderweitig orientiert haben", berichtet Sonja Bayer. Über alle Geschäftsbereiche hinweg verzeichnete das Unternehmen wegen Corona einen Umsatzeinbruch von 30 Prozent. "Viele Menschen waren entweder im Homeoffice oder in Kurzarbeit und haben dementsprechend auch weniger getankt. Das hat uns stark getroffen", schildert sie die Situation während der Lockdowns. Angesichts der Umsatzeinbußen setzte das Unternehmen auf Kurzarbeit und meldete auch im Speditionsbereich Fahrzeuge ab. Mit Erfolg: "Bisher haben wir uns nicht von Fahrzeugen getrennt und mussten coronabedingt glücklicherweise so gut wie keine Arbeitsplätze reduzieren", berichtet die Chefin. Viele Fahrerstellen sind frei Inzwischen läuft das Geschäft wieder und Fahrer werden dringend gesucht. Dafür nutzt Bayer vor allem die bewährten Zeitungsanzeigen oder Online-Portale wie Ebay Kleinanzeigen, setzt aber auch auf die Strategie "Mitarbeiter werben Mitarbeiter". Maximal 600 Euro winken einem Angestellten, der erfolgreich einen neuen Kollegen anwirbt. Bei der Personalsuche kommt dem Unternehmen entgegen, dass die Fahrer nur im Nahverkehr unterwegs sind und entsprechend jeden Tag im eigenen Bett schlafen können - aber es gibt aus Sicht potenzieller Bewerber auch Nachteile: "Unsere Lkw fahren fast 24/7 durch, Fahrer müssen also im Schichtdienst arbeiten." Favorit beim Fuhrpark: Mercedes -Benz Im 120 Tankwagen umfassenden Fuhrpark des Betriebs ist vor allem eine Marke vertreten: Mercedes-Benz. Der durchschnittliche Bayer-Lkw ist das Modell Mercedes Actros 1840 LS, hat eine Laufleistung von bis zu 200.000 Kilometern pro Jahr und wird alle drei bis vier Jahre ersetzt. "Wir haben eine eigene Werkstatt, daher wollen wir keinen 'Gemischtwarenladen'", erklärt Sonja Bayer. Das Unternehmen beschreitet auch neue Wege: Auf Wunsch eines Kunden wurden zu Jahresbeginn 14 Lkw mit LNG-Antrieb (Flüssig-Erdgas) von Iveco angeschafft. Auch wenn die LNG-Preise in die Höhe geschossen sind, bereut die Geschäftsführerin diese Entscheidung nicht: "Umweltschutz geht nun mal nicht ohne Geld in die Hand zu nehmen." Insgesamt sei bei den Auftraggebern eine steigende Bereitschaft spürbar, für nachhaltigeren Transport auch mehr zu zahlen. Für die Zukunft sieht sie bei den alternativen Antrieben das größte Potenzial in Wasserstoff. Beim Thema Digitalisierung befindet sich das Unternehmen ebenfalls in einem Umstellungsprozess. Alle Lkw seien mit Bordcomputern ausgestattet, für die Auswertung der Tourendaten werde selbstverständlich Telematik genutzt. Auch eine App gibt es, mit der die Fahrer Abfahrtskontrollen machen, Mängel und Gefahrenquellen melden, Arbeitskleidung bestellen sowie Urlaube beantragen können. Auf dem Weg zum papierlosen Büro sieht die Chefin noch etwa 50 Prozent Verbesserungspotenzial. "Grundsätzlich arbeiten wir konsequent daran, immer weniger Papier zu haben." Für die Zukunft wünscht sich Sonja Bayer vor allem zwei Dinge: kurzfristig sinkende Kosten und mittelfristig den erfolgreichen Ausbau des Standorts Karlsruhe. "Derzeit tragen die enorm hohen Spritpreise in den traditionell sowieso schleppend laufenden Monaten Januar und Februar verstärkt dazu bei, dass noch weniger getankt wird." Auch die gesamten Fahrzeugkosten machen dem Betrieb zu schaffen. Ein Umlegen auf die Kunden sei meist erst bei Neuverträgen möglich, bei längerfristigen Verträgen seien solche unvorhersehbaren Steigerungen nur schwierig einzupreisen. "Wir können ja nicht in die Glaskugel schauen", so Bayer. Herausforderung Standortausbau Viele Gedanken macht sich die Unternehmerin auch um den Ausbau des Hauptstandortes der Spedition. Bereits seit 15 Jahren wird versucht, das Betriebsgelände zu erweitern; geplant sind Stellplätze für bis zu 20 Pkw sowie eine Vergrößerung von Werkstatt, Büro und Schulungsräumen. Aber die Behörden spielen nicht mit: "Wir haben es in alle Richtungen versucht, bemühen uns um Artenerhaltung und die Schaffung von Ausgleichsflächen", betont Sonja Bayer. Trotzdem sei es bislang nicht möglich gewesen, an die benötigten Grundstücke zu kommen. "Wir liegen im Planungsgebiet der zweiten Rheinbrücke in Karlsruhe - deshalb werden die Flächen blockiert", schildert sie das Problem. Obwohl also bei der Robert Bayer GmbH durchaus herausfordernde Zeiten herrschen, zeigt sich die Chefin mit der Gesamtsituation zufrieden: "Ich bin sehr stolz auf unsere Mitarbeiter und Kunden, wie gut wir gemeinsam die letzten zwei Jahre gemeistert haben." Ihr Tipp an andere Unternehmer: "Arbeitet ehrlich und korrekt, dann seid ihr auch über Jahrzehnte erfolgreich." Mehr zu dem Thema unter #Unternehmensführung www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze In dritter Generation lenkt Sonja Bayer die Robert Bayer GmbH in Ehingen (Baden-Württemberg). Der mittelständische Familienbetrieb setzt sich zu 30 Prozent aus einem Busbetrieb und zu 70 Prozent aus einer Tankwagenspedition zusammen. Mehr als 90 Jahre Firmengeschichte Die Anfänge der Robert Bayer GmbH reichen bis ins Jahr 1929 zurück: Damals gründete Robert Bayer senior in Zwiefalten ein Transport-unternehmen. Seit 2002 ist die Enkelin des Firmengründers, Sonja Bayer, Gesellschafterin des Familienbetriebs und in der Geschäftsleitung tätig. Heute setzt sich die Firma mit Sitz in Ehingen an der Donau zu 30 Prozent aus einem Busbetrieb und zu 70 Prozent aus einer Tankwagenspedition für Mineralöltransporte im Südwesten Deutschlands zusammen. 120 Tankwagen von Daimler, die durchschnittlich drei bis vier Jahre alt sind und eine Laufleistung von 200.000 Kilometern pro Jahr haben, sind für die Spedition im Einsatz. Seit diesem Jahr gehören auch 14 Lkw von Iveco mit LNG-Antrieb zum Fuhrpark. Eingesetzt werden alle Fahrzeuge ausschließlich im Nahverkehr im nahezu durchgängigen Schichtbetrieb. In der gesamten Firmengruppe werden rund 600 Mitarbeiter an mehreren Standorten beschäftigt, darunter mehr als 500 Bus- und Lkw-Fahrer. sn

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