Berlin. Die SPD-Spitze hat den geplanten Wechsel der Verkehrsstaatssekretärin Katherina Reiche (CDU) in die Wirtschaft kritisiert. „Ich bin dafür, dass die Regierungsmitglieder bei Karenzzeiten eine Vorbildfunktion haben“, sagte der stellvertretende Vorsitzende Ralf Stegner der Deutschen Presse-Agentur.
Beim Wechsel aus der Politik in die Wirtschaft sollen Regierungsmitglieder künftig bei möglichen Interessenkonflikten eine Sperrzeit von mehreren Monaten abwarten. Das Bundeskabinett brachte dazu am heutigen Mittwoch eine Gesetzesänderung auf den Weg, die Kritikern allerdings nicht weit genug geht. Reiche, bisher Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesverkehrsminister, sollte ebenfalls am Mittwoch zur neuen Hauptgeschäftsführerin des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) gewählt werden, der unter anderem Hunderte Stadtwerke vertritt.
Regierung darf Jobwechsel untersagen
Wer innerhalb von 18 Monaten nach dem Ausscheiden aus dem Amt einen Posten außerhalb des öffentlichen Dienstes annehmen will, muss dies der Bundesregierung schriftlich melden. Sieht die Regierung problematische Überschneidungen mit den bisherigen Aufgaben des Ministers oder Staatssekretärs, kann sie den Jobwechsel untersagen - in der Regel für eine Dauer von bis zu einem Jahr. In Ausnahmefällen ist auch eine sogenannte Karenzzeit von bis zu 18 Monaten vorgesehen.
Die Regierung soll in diesen Fällen auf Empfehlung eines beratenden Gremiums entscheiden, das mit drei anerkannten Persönlichkeiten besetzt ist. Ein Regierungsmitglied muss einen möglichen Seitenwechsel schon zu einem frühen Zeitpunkt melden - sobald die Vorbereitungen dafür beginnen oder ihm ein solcher Job in Aussicht gestellt wird. Die Vorgaben gelten für amtierende wie ehemalige Regierungsmitglieder, ebenso für Parlamentarische Staatssekretäre.
SPD: Reiche soll mit gutem Beispiel vorangehen
Sie soll zum 1. September das Amt antreten, was nur einer Karenzzeit von sieben Monaten entspräche. Stegner betonte, Reiche solle schon vor der in der Koalition beabsichtigten Regelung mit gutem Beispiel vorangehen, „statt die Grenzen da zu setzen, was vielleicht gerade noch geht oder akzeptiert wird“, meinte er. „Das diente dem Ansehen der Politik, was dringend notwendig ist.“
CDU verliert den Sitz
Allerdings haben auch schon SPD-Seitenwechsel für Kritik gesorgt, vor allem der von Altkanzler Gerhard Schröder kurz nach seinem Ausscheiden aus der Politik in den Aufsichtsrat von Nord Stream. Bei dem Pipelineprojekt ist der russische Gazprom-Konzern Mehrheitsaktionär. Da Reiche auch ihr Bundestagsmandat aufgeben will, verliert die Unions-Fraktion einen ihrer derzeit 311 Sitze.
Einzig mögliche Nachrückerin wäre die CDU-Politikerin Andrea Voßhoff – sie ist aber Datenschutzbeauftragte und will das bleiben. Die CDU-Landesliste zur Bundestagswahl 2013 umfasste in Brandenburg nur zehn Kandidaten. Neun, darunter Reiche, holten ihre Wahlkreise direkt, übrig blieb lediglich Voßhoff. (dpa)
Wolfgang Trantow