Leipzig/Frankfurt. Vor dem Prozess um Lärm und Nachtflüge am Frankfurter Flughafen haben die Streitparteien noch einmal ihre Positionen klargemacht. Während einer der Kläger die Planfeststellung für den Flughafenausbau für verfassungswidrig hält, verteidigte das hessische Wirtschafts- und Verkehrsministerium noch einmal die Linie des Landes. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig befasst sich am Dienstag (13.3.) in mündlicher Verhandlung mit dem Komplex.
Für einen Privatkläger aus dem Frankfurter Villenviertel Lerchesberg kündigte die Würzburger Rechtsanwaltskanzlei Baumann am Montag an, in Leipzig eine Vorlage beim Bundesverfassungsgericht zu beantragen. Es gehe insbesondere um Bestimmungen im Fluglärmschutzgesetz, die Ansprüche auf Schallschutz erst im sechsten Jahr nach Festsetzung des Lärmschutzbereiches verlangten. Damit könne ein Flughafen in Betrieb gehen, ohne dass die Betroffenen vor dem Lärm geschützt seien. Ein weiterer Angriffspunkt sind die Bedarfsprognosen, die dem Ausbau zugrunde gelegt worden waren.
Wichtigster Streitpunkt: Regelung der Nachtflüge
Wichtigster Streitpunkt vor Gericht ist die Regelung der Nachtflüge, von denen das Land mit seinem Beschluss vom Dezember 2007 im Schnitt 150 pro Nacht erlaubt hatte. Davon dürften durchschnittlich 17 zwischen 23.00 und 5.00 Uhr stattfinden, was gegen frühere Absprachen in der Vermittlungsphase (Mediation) zum Ausbau verstößt. Das Land hat die zusätzlichen Nachtflüge mit der bundesweiten Bedeutung des Frankfurter Flughafens für die Luftverkehrswirtschaft begründet. Zuletzt hatte sich das Umweltbundesamt für eine Ausweitung bestehender Nachtflugverbote stark gemacht und eine bundesweite Planung angemahnt.
Das Wirtschaftsministerium betonte erneut, dass es dem Land mit seiner Revision um möglichst schnelle Rechtssicherheit in der Frage der Nachtflüge gehe. Dazu müsse geklärt werden, wie sich bei solchen Infrastrukturplanungen Bundes- und Landesrecht zueinander verhalten. Je klarer die Vorgaben des Gerichts zu den Nachtflügen ausfielen, desto schneller könnten die notwendigen Planergänzungen erarbeitet werden, hatte Minister Dieter Posch kürzlich der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt. Posch will selbst zur Verhandlung nach Leipzig reisen.
Komplexe Materie
Die komplexe Materie wird voraussichtlich vor voll besetzten Rängen verhandelt. Laut Gerichtsverwaltung sind sämtliche 25 Presseplätze und 116 Besucherplätze vergeben. Weitere Interessenten hätten abgewiesen werden müssen, sagte eine Gerichtssprecherin in Leipzig. Ein derartiger Andrang sei nur bei Verfahren zu großen Infrastrukturprojekten üblich, wie zuletzt beim Prozess um den neuen Hauptstadtflughafen in Berlin. Der vierte Senat hat sich auch den Mittwoch für die Verhandlung reserviert. Ein Urteil wird voraussichtlich erst in einigen Wochen verkündet.
Derzeit herrscht am größten deutschen Flughafen ein vorläufiges Nachtflugverbot, das der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) bis zur endgültigen Klärung verhängt hat. Das Land hat gegen den VGH-Spruch Revision eingelegt, acht weitere Kläger wenden sich gegen die ursprüngliche Planfeststellung.