So schätzt Nagel den Fahrer wert

Respekt für jeden, der einen Lkw fährt", sagt Thomas Horn, der gerade seine 16. Fahrstunde auf einem Gliederzug absolviert. So will es auch die Nagel-Group verstanden wissen, weshalb man die Fahrer-Akademie gegründet und zum 1. Juni 2018 die Schweriner Fahrschule und Fahrlehrer-Ausbildungsstätte Baade übernommen hat. Schon 1989 hat Rüdiger Baade die Fahrschule gegründet. "Eigentlich war das als Übergang gedacht", erzählt der 64-Jährige. Mit der Firma, für die er als Maschinenbau-Ingenieur gearbeitet hatte, sei es in der Endzeit der DDR bergab gegangen. Aus der Übergangslösung wurde ein Lebenswerk: alle Führerscheinklassen, Grundqualifikation für Lkw- und Bus-Fahrer, Aus- und Weiterbildung, Fahrlehrerausbildung. Man decke das volle Programm ab, sagt er. So hatten sich auch die geschäftlichen Beziehungen zur Nagel-Group entwickelt, und so kam es schließlich zum Verkauf der Fahrschule an die Nagel-Group. Baade bleibt natürlich im Geschäft. Entspannte Stunden "Mit den Ästen ein bisschen auspassen da oben", ermahnt er seinen Fahrschüler Thomas Horn. Horn hat bereits die Grundqualifikation hinter sich und alle anderen Führerscheinklassen fertig. CE ist sein Abschluss. "Meine Frau ist begeistert, dass ich mit 40 Jahren noch mal etwas ganz anderes anfange", sagt Horn, der bisher im Lager arbeitet. Baade, der heute auf dem Beifahrersitz sitzt und nicht in der Mitte, wo die Fahrlehrer-Pedale sind, sagt: "Das sind die entspannten Stunden für einen Fahrlehrer, wenn es dem Ende zugeht." Er habe auch schon auf IFA-Lkw geschult: "Da saßen wir immer rechts mit einem zweiten Lenkrad. Da kam es darauf an, wer mehr Kraft hatte", erinnert er sich. "Sehr gut. Material- und reifenschonend die Kurve genommen", lobt er seinen Schüler. Nils Ortmann, Marketing-Chef des Lebensmittellogistikers Nagel, meint: "Ich glaube, das ist einzigartig, was wir hier anbieten." Immer wieder spricht er von "Wertschätzung für die Fahrer". Wer als Fahrer neu bei Nagel anfängt, solle erst mal eine Woche in Schwerin verbringen, erklärt er. Zunächst mal wolle man den Mitarbeitern zeigen, was an Nagel besonders ist, "welche Werte wir haben". Raik Spengler, Leiter der Nagel-Akademie, ergänzt: "Die Fahrer sollen erst mal ankommen bei Nagel, sich wertgeschätzt und gut aufgehoben fühlen." Rückwärts einparken lernen Das Schulungszentrum in Schwerin will Nagel langsam hochfahren. Zunächst sollen Mitarbeiter aus der Region dort geschult werden - die Nagel-Group hat vier Niederlassungen in der Umgebung. Im Dezember 2018 würden die neu bestellten Schulungsfahrzeuge kommen. Im Oktober soll bereits der erste reine Nagel-Kurs in der Fahrschule starten: Führerschein und beschleunigte Grundqualifikation. Die "Stadt der sieben Seen", werde Schwerin gerne genannt, sagt der gebürtige Schweriner Baade. Obwohl man nur 100.000 Einwohner habe, sei Schwerin flächenmäßig sehr groß. Neben den Seen gebe es sehr viel Grünfläche, die nicht bebaut werden könne, wegen Hochwassergefahr. "Ins Stadtzentrum können wir mit dem Lkw leider nicht fahren", bedauert er. "Wir fahren jetzt erst mal hier weiter, bis ich etwas anderes sage", dirigiert Baade seinen Schüler. "Der ist auch ein Schweriner, der weiß, wohin er muss." Horn nimmt es gelassen, dass er heute nicht allein mit seinem Fahrlehrer im Fahrerhaus sitzt. "Sonst ist die Fahrstunde nicht so, er ist sehr streng", sagt er. Rückwärts einparken an der Rampe sei eine Herausforderung. Und darauf lege Baade großen Wert. "Auflieger oder Gliederzug ist eigentlich egal", meint Baade. Das Schwierige sei das Umpolen im Kopf, wenn man wechsle. "Handstellung verbessern. Nicht mit dem Daumen lenken", ermahnt er. Marketingleiter Ortmann betont, dass es nicht mehr so einfach sei, gutes Personal zu finden. Bei Nagel bilde man deshalb viel aus. Bei rund 12.000 Mitarbeitern europaweit habe man derzeit 600 Auszubildende. Wie viele BKF-Azubis, konnte er aus dem Stegreif nicht sagen. "So um die 50", meint Spengler. "Auf jeden Fall hätten wir mehr eingestellt, wenn wir mehr geeignete Bewerber gehabt hätten", sagt Ortmann. Man schalte zwar immer noch klassische Stellenanzeigen, sagt Ortmann, aber das reiche heutzutage nicht mehr aus. Sehr viel laufe über Social Media, vor allem Facebook. Außerdem habe man die Bewerbungsprozesse vereinfacht. Vom ersten Kontakt bis zum Arbeitsvertrag dauere es im Idealfall nur eine Woche. Fahrer müssten auch keine Zeugnisse oder sonstige Referenzen hochladen. Notfalls könne man das Erstgespräch und die Frage nach Qualifikationen auch telefonisch erledigen. "Manchmal geht das ganz schnell", sagt Ortmann, wenn sich ein Fahrer bei seinem bisherigen Arbeitgeber nicht mehr wohlfühle und etwas Neues suche. Familie und Fahren vereinbaren Bei Nagel lege man großen Wert darauf, dass sich die Fahrer wohlfühlen, sagt Ortmann. 2017 habe man in den Niederlassungen der Nagel-Group sogenannte Fuhrpark- und Fahrerbetreuer eingesetzt. Sie sind die Ansprechpartner, die sich die Probleme der Fahrer anhören, um die Prozesse nach Möglichkeit so zu verbessern, dass sie dem Fahrer entgegenkommen. Das könne zum Beispiel bedeuten, dass wir unsere Linienverkehre und Begegnungsverkehre so aufbauen, dass sie den Bedürfnissen der Fahrer entsprechen, sagt Spengler. Thomas Horn würde später gerne im Nahverkehr fahren. "Da ich Familie habe, will ich nichts aufs Spiel setzen", begründet er. "Die Zeiten der Manfred Krugs sind vorbei", sagt Spengler und spielt auf den Darsteller der Fernfahrer-Serie "Auf Achse" an, die einst im Vorabendprogramm des Fernsehsenders ARD lief. "Touren werden in der Nagel-Group so gelegt, dass Arbeit und Familie vereinbar sind", sagt er. So würden sich Netzwerke und Linien entwickeln. Thomas Horn bekennt, er habe sich das anfangs einfacher vorgestellt, Berufskraftfahrer zu werden: "Man setzt sich rein und fährt los." Aber dann: "Spiegel, toter Winkel, Retarder ... Und die Vorschriften sind schon enorm geworden", sagt er unentschlossen, ob er sich darüber beklagen sollte, denn eigentlich seien die Regeln ja ganz gut und zum Schutz der Fahrer. Tiefkühlpizza ist nicht Schokolade Tatsächlich sei alles sehr viel komplizierter geworden als früher, weiß auch Ortmann. Einen Fahrer am ersten Tag einfach mal so auf den Lkw zu setzen und loszuschicken, sei heute undenkbar, wobei in der Lebensmittellogistik natürlich immer schon andere Maßstäbe gegolten hätten. "Die Fahrer-Akademie haben wir gegründet, um gleichbleibend gute Schulungsqualität für alle unsere Fahrer sicherzustellen", sagt Ortmann. Man könne alle Bereiche abdecken, von Grundqualifikation und Führerschein bis zur Weiterbildung. Und man könne einen besonderen Fokus auf das legen, was bei Nagel wichtig sei. Spengler hebt hervor, dass es immer wieder neue Techniken gebe: "Allein das Display auf dem Kühlaggregat sieht heutzutage aus wie ein kleines Smartphone, auf dem verschiedene Kühlzonen dargestellt werden." - "Der Fahrer muss verstehen, warum eine Tiefkühlpizza anders behandelt werden muss als Schokolade", ergänzt Ortmann. Fahrschüler Thomas Horn hat im Moment andere Sorgen. "Rückwärts einparken mag ich am wenigstens", gibt er zu, erntet dafür aber vollstes Verständnis von Ortmann: "Das kann ich nicht mal mit dem Pkw richtig." Baade erinnert daran, was Horn in den ersten Stunden gesagt hatte: "Eigentlich sollte jeder Pkw-Fahrer zumindest einmal versuchen, einen Lkw zu fahren, damit er Respekt bekommt." Horn bekräftigt, er hätte nicht gedacht, dass "manche Pkw-Fahrer so rücksichtslos sind". "Wo liegt der elastische Drehzahlbereich für ökonomisches Fahren?", fragt Baade seinen Schüler. "Richtig, zwischen 1000 und 1500." Der Fahrlehrer ist froh darüber, dass der Fahrerausbildung inzwischen mehr Bedeutung zugemessen wird. "Früher hatte ich gar keine Zeit für so Dinge wie ökonomisches Fahren, heute in der Weiterbildung fünf ganze Tage. Das ist gut", befindet er. "Wir haben sehr viele interne Ausbilder, die wir für die Fortbildung einsetzen, zusätzlich 30 Fahrerbetreuer", betont Ortmann. "Unsere Fahrer bekommen eine Auffrischung der Sozialvorschriften, eine Einweisung in die Fahrzeugtechnik und den richtigen Umgang mit der Ware, den Trennwänden und ihrer Bedeutung. Das Scanning wird erklärt und die rechtlichen Vorschriften für Lebensmittel", zählt Spengler auf. Nach einer Woche gehe es zurück in die Niederlassung, wo der Fahrerbetreuer die speziellen Anforderungen vor Ort erkläre. "Als Fahrer hat man Zukunft" "Wertschätzung ...", sagt Ortmann wieder. Und er gibt zu: "Unsere Motivation, dass sich die Fahrer bei Nagel gut aufgehoben fühlen, ist hoch." Schließlich wolle man den Kunden auch in Zukunft zuverlässige Transporte garantieren. "Lebensmittel haben ein Verfallsdatum." Da dürfe nichts stehen bleiben. "Fahrer können es sich heute aussuchen, wo sie arbeiten", sagt Ortmann. "Als Fahrer hat man Zukunft", ist sich Horn sicher und parkt sauber vor der Nagel-Akademie ein. "Man möchte ja sein eigenes Geld verdienen und nicht auf der Straße leben." Der zweite Teil des Satzes wäre Manfred Krug wohl nicht über die Lippen gekommen. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Nagel-Group www.verkehrsrundschau.de/dossiers

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