Schwere Zeiten für die Post

Deutsche-Post-Tower in Bonn: Viel steht derzeit auf dem Prüfstand Schwere Zeiten für die Post Frank Appel, Vorstandschef der Deutsche Post DHL, hat ein schweres Erbe angetreten. Derzeit kämpft er an vielen Fronten. Ob und wie viele Stellen das kosten wird, ist offen. Sie soll ,der‘ globale Logistikkonzern und ,die‘ Post für Deutschland sein. Das betonte unlängst Vorstandschef Frank Appel für die Deutsche Post DHL. Große Ziele. Doch der Weg dorthin ist steinig. Denn der Ex-Monopolist kämpft momentan an mehreren Fronten (s. nebenst. Kasten). Bis zu 25.000 Stellen wolle die Post deshalb abbauen. Das behauptete zumindest ein Branchenkenner vor Wochen. Auf Anfrage der VerkehrsRundschau wollte ein Post-Sprecherin dieses Gerücht nicht kommentieren. Auch Andrea Kocsis, Vize-Bundesvorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) zeigt sich auf Anfrage überrascht. „25.000 Stellen? Das ist uns neu. Von diesem Kahlschlag wissen wir nichts.“ Die Fronten verhärten sich Richtig sei, so Kocsis, dass bei DHL strukturbedingt aufgrund der jüngsten Arcandor-Insolvenz unlängst 540 Mitarbeiter abgebaut werden mussten. Von einem darüber hinausgehenden Stellenabbau, so die Verdi-Sprecherin, sei ihr nichts bekannt. Allerdings vermeldete kürzlich Quelle das endgültige Aus. Weitere „mehrere Hundert Mitarbeiter“ werden dadurch ihren Arbeitsplatz verlieren. Das kündigte Appel einen Tag später vor Journalisten in Berlin ist. Und sollte Galeria Kaufhof tatsächlich Arcandor übernehmen, wie dies auf dem BVL-Kongress kolportiert wurde, ist fraglich, wie es mit den 2500 DHL-Mitarbeitern weitergeht. Und der Stellenabbau könnte größere Kreise ziehen. Laut Walter Maderner, Principal bei AT Kearney und Ex-Paketchef der Austria Post werde die Post zum Beispiel selbst ihren Kernbereich Brief und Paket umstrukturieren müssen. Gut möglich, so Maderner, dass der Ex-Monopolist seine komplette Paket- und Briefauslieferung in Zukunft an Dritte vergeben wird. Vorausgesetzt die Briefmengen sinken weiter und die Gespräche mit den Gewerkschaften verlaufen ergebnislos. Selbst Verdi-Frau Kocsis schließt auf Anfrage nicht aus, dass bestimmte Aufgaben in den Briefsortierzentren an Dritte outgesourct und nicht mehr von Post-Mitarbeitern erbracht werden. Schon heute hat die Post 880 der bundesweit insgesamt 7.000 Zustellbezirke fremdvergeben. Eine weitere Fremdvergabe ist laut Maderner gut möglich – zumal alle Post-Wettbewerber in der Zustellung schon mit Subunternehmen zusammenarbeiten. Viele Tausend Mitarbeiter wären davon mittel- und langfristig betroffen. Auch eine weitergehende Zusammenführung der Paket- und Brief-Auslieferung hätte Auswirkungen; eine Maßnahme, die in ländlichen Regionen bereits weitgehend Realität ist; in städtischen Gebieten aber noch weniger. Noch schützt ein zwischen Deutscher Post und Gewerkschaften geschlossener Vertrag die Mitarbeiter im Zustellbereich vor dem Outsourcing. Diese Vereinbarung läuft aber Ende 2009 aus. Sprich: die Post hätte ab 1. Januar 2010 das Recht, ihren Zustellbereich an Dritte zu vergeben. Und die Fronten zwischen Verdi und Post verhärten sich. Beispiel Wochenarbeitszeit: während die Gewerkschaft auf die in 2008 vereinbarte 38,5 Stunden Wochenarbeitszeit für Briefzusteller pocht, fordert Appel 40 Stunden. Beispiel Entgelt: Ursprünglich sollten im Dezember die Löhne für Briefzusteller um drei Prozent steigen, nun will der Post-Chef das Ganze verschieben. Sollte Verdi ablehnen, so Appel auf Anfrage: „Die Option, Arbeit weiter auszulagern, wählen wir nur, falls wir die Kosten wirklich nicht runter kriegen.“ Das Outsourcing des kompletten Zustellbereichs sei daher eine „ernst zu nehmende Drohkulisse“, sagt Kocsis. Allerdings dürfe die Post Mitarbeitern in diesem Bereich bis Mitte 2011 nicht betriebsbedingt kündigen. Ob sie diese aber in ausgegliederten Tochterfirmen zu schlechteren Bedingungen beschäftigen kann, ist fraglich. Noch verhandelt Verdi darüber mit der Post. Kocsis wörtlich: „Uns ist sehr an einer Lösung am Verhandlungstisch gelegen. Es ist deshalb gut, dass die Gespräche sehr sachlich verlaufen.“ Trotzdem: Der gelbe Riese muss handeln. Aufgrund des steigenden E-Mail-Verkehrs verliert der Konzern jährlich rund fünf Prozent Sendungsvolumina im Kernbereich Brief. Hinzu kommen Rückgänge in anderen Bereichen, etwa im Expressbereich. 28 Prozent Sendungsrückgang hatte die Post laut Maderner allein im Expressgeschäft im zweiten Quartal 2009. Branchenkennern zufolge sollen zudem etliche Landesgesellschaften bei DHL-Freight zur Disposition stehen. Insbesondere in Frank-reich, England und Spanien sollen die Verluste von DHL Freight 2009 gravierend sein. Die Post kommentierte auf Anfrage diese Gerüchte nicht. Auch der Logistik-Großauftrag mit der BMW Group soll dem Bonner Konzern jährliche Verluste von mehreren Millionen Euro bescheren, so ein Branchenkenner. Auch dieses Gerücht kommentierte die Post auf Anfrage nicht. Nur das Paketgeschäft steht, durch den enormen E-Commerce-Boom beflügelt, dem Vernehmen nach gut da. Andererseits sind gerade im Paketgeschäft Wettbewerb und Preiskampf enorm. Kurz: die Deutsche Post kämpft an vielen Fronten – ob und wie viele Arbeitsplätze das kosten wird, ist offen. Die VerkehrsRundschau wird auch darüber berichten. ❙❚■ Eva Hassa Die Herausforderungen für Post-Chef Appel: Briefsparte (inklusive Paket): (Umsatz in 2008: 14,4 Milliarden Euro, davon Paket 2,6 Milliarden Euro). Noch ist das Briefgeschäft der wichtigste Erlösbringer, aber das Sendungsvolumen sinkt jährlich durch die E-Mail-Substitution um rund 5 Prozent. Außerdem dringen zunehmend Mitbewerber in dieses Segment. In der deutschen Briefsparte sind 190.000 Mitarbeiter tätig. Bis Mitte 2011 sind diese laut Verdi vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt. Die Post hätte aber ab 1. Januar 2010 das Recht, ihren Zustellbereich an Dritte fremdzuvergeben. Entsprechende Verträge mit Verdi laufen Ende 2009 aus. Über neue verhandelt derzeit die Post mit Verdi. DHL Supply Chain: (Umsatz 2008: 13,7 Milliarden Euro). Dieser Bereich umfasst u.a. die aufgekauften Exel- und Ex-Williams-Lee-Aktivitäten. Insgesamt beschäftigt die Post 136.000 Mitarbeiter. Davon sind rund 3000 Mitarbeiter in der Arcandor-Logistik tätig. 540 Stellen wurden durch die Arcandor-Insolvenz unlängst abgebaut. Offen ist, was mit den verbliebenen DHL-Mitarbeitern wird, falls Kaufhof Arcandor übernimmt. Durch die Quelle-Pleite verlieren „mehrere Hundert DHL-Mitarbeiter“ ihre Stelle. DHL Global Forwarding Freight: (Umsatz 2008: 14,2 Mil-liarden Euro). Dieser Bereich umfasst v.a. die vormaligen Dan-zas-Aktivitäten. Branchenkennern zufolge stehen etliche Landesgesellschaften zur Disposition. Aus Irland hat sich DHL Freight soeben zurückgezogen. Insbesondere in Frankreich, England und Spanien sollen die Verluste in 2009 gravierend sein. Die Post kommentierte auf Anfrage diese Gerüchte nicht. Express: (Umsatz 2008: 13,6 Milliarden Euro). Die Wirtschaftskrise traf diesen Bereich schwer. In den USA griff Appel 2009 entschlossen durch: Er gab das DHL-Luftfrachtdrehkreuz in Wilmington auf und Medienberichten zufolge auch den inneramerikanischen Pakettransport. Insgesamt streicht DHL Ex-press USA laut Medienberichten in 2009 rund 15.000 Stellen. eh Deutsche Post DHl