Schluss mit "Brückenschmerzen"

Ein Gutachten mehrerer Verbände zur beschleunigten Planung von Infrastrukturprojekten dürfte im Wahlkampf und in Koalitionsverhandlungen für Zündstoff sorgen. So kündigte Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann (CDU) an, er werde sich bei der Formulierung des CDU-Wahlprogramms für eine "massive Änderung des Planungsrechts" einsetzen. Die Grünen wollten sich noch nicht äußern, verwiesen auf ihr noch zu verabschiedendes Wahlprogramm. Die Expertise beschäftigt sich insbesondere mit der erforderlichen Sanierung von etwa 2500 maroden Brücken bei Autobahnen und im Schienenverkehr, die von den Behörden als "nicht ausreichend" oder sogar als "ungenügend" eingestuft werden. Demnach könnten 40 Prozent der Vorhaben schneller verwirklicht werden, wenn diese als Instandhaltungsmaßnahmen ohne aufwendiges Planfeststellungsverfahren klassifiziert würden, betonte Wolf Friedrich Spieth, Partner der internationalen Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, die das Gutachten "Möglichkeiten zur Beschleunigung der Planung und Genehmigung von Verkehrsprojekten" erstellt hatte. Vorgeschlagen wird eine Kombination aus "Gesetzesklarstellungen mit Augenmaß" sowie einer veränderten Anwendung geltender Rechtsvorschriften durch interne Verwaltungsvorschriften und Leitlinien. Mit einer Änderung des Bundesfernstraßengesetzes (FStrG) und des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) könnten bei Brückenbauwerken statt der langwierigen Planfeststellungsverfahren kürzere Plangenehmigungsverfahren eingeleitet werden. Letztere sollten auch bei Umweltverträglichkeitsprüfungen greifen. Nach Beobachtung der Gutachter sind die Gerichte bei Verkehrsprojekten mutiger als die Planungsbehörden, sodass auch diese "Gestaltungsspielräume" genutzt werden sollten, etwa durch interne Leitlinien. Eher zurückhaltend wird eine Beschränkung des Rechtswegs von zwei auf eine Instanz bewertet, um die Verfahren zu beschleunigen. Das zuständige Bundesverwaltungsgericht habe dafür "sachlich einleuchtende Gründe" verlangt. Der aktuelle infrastrukturelle Reformstau könne diese Anforderung erfüllen, heißt es in der Untersuchung. Spieths Fazit: "Deutschland leidet unter Brückenschmerzen." Deutschland muss schneller planen Ferlemann begrüßte die Zielstellung des Gutachtens, das "eins zu eins übernommen werden kann". Er berichtete von den komplizierten Planungen für die Fehmarnbeltquerung, die anders als in Schleswig-Holstein auf dänischer Seite bereits weit fortgeschritten seien. Deutschland müsse in der Planung schneller werden, meinte der CDU-Verkehrspolitiker, der Auseinandersetzungen mit dem Bundesumweltministerium vorhersagte. Michael Knipper, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB), betonte, wenn eine neue Brücke an alter Stelle entstehe, seien langwierige Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfungen nicht nachvollziehbar. Neben dem HDB haben die Straßenverkehrsinitiative Pro Mobilität, der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Bundesverband Baustoffe Steine und Erden (BBS) sowie der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister (Ag-MoVe) die Expertise veranlasst. Von 23 auf 2500 Seiten "Der Zustand deutscher Infrastruktur ist besorgniserregend. Aufgrund zusätzlicher nationaler und europäischer Vorgaben hat sich die Komplexität und damit auch die Verfahrensdauer von Planfeststellungsverfahren in den letzten Jahren immer weiter erhöht. Hatte etwa der Planfeststellungsbeschluss für die Startbahn West im Jahr 1971 nur 23 Seiten, kommt der Planfeststellungsbeschluss für die neue Landebahn des Frankfurter Flughafens im Jahr 2007 auf rund 2500 Seiten".aus dem Gutachten "Möglichkeiten zur Beschleunigung der Planung und Genehmigung von Verkehrsprojekten", Seite 3

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