Das Schienennetz soll mit einer „Generalsanierung“ grundlegend zuverlässiger gemacht werden. „So wie es ist, kann es nicht bleiben“, sagte der Bundesverkehrsminister in Berlin. Mehr als jeder dritte Fernzug kam im Mai zu spät - so schlecht war die Quote seit zwölf Jahren nicht mehr. Auch Regionalzüge verspäten sich häufiger. Weil mehr als 200 Güterzüge still stehen, schimpft auch die Industrie über die Bahn.
Prioritäten setzen, stärker bündeln
Das Netz sei jahrelang vernachlässigt und an die absolute Grenze gebracht worden - viele Weichen und Stellwerke seien überaltert und stark störanfällig. Mit der bundeseigenen Deutschen Bahn als Netzbetreiberin sollen ab 2024 besonders hoch belastete Korridore modernisiert und Bauarbeiten viel stärker gebündelt werden. Dazu zählen Abschnitte wie Dortmund-Duisburg-Düsseldorf-Köln oder die Knoten München und Hamburg.
Konkret sollen Bauarbeiten so zusammengefasst werden, dass es nicht später auf demselben Abschnitt wieder neue Störungen wegen dann erst anstehender Arbeiten gibt. Zudem sollen Strecken nicht nur eins zu eins repariert, sondern auch für mehr Leistungsfähigkeit ertüchtigt werden. Erreicht werden soll auch, dass Züge an Baustellen kürzer und dadurch mit weniger Störungen auf das Gegengleis ausweichen müssen.
Kurfristiges Gegensteuern im Bereich Güterverkehr
Als kurzfristige Maßnahmen für den Güterverkehr nennt das vorgestellte Papier „Eckpunkte zur Zukunft der DB und der Schiene“ unter anderem einen Notservice. So soll es im Fall von Baustellen einfacher werden, Nebenstrecken zu nutzen. Das soll möglich werden zum Beispiel mit „eigens bereitgestellter Dieselvorspannung auf nicht elektrifizierter Infrastruktur“. Als eine weitere Maßnahme soll die Disposition verstärkt werden.
Diese kurzfristigen Maßnahmen sollen direkt umgesetzt werden. Zum Teil seien sie bereits eingeleitet worden, so das Eckpunktepapier.
Strecken überlastet
Bahnchef Richard Lutz erläuterte, auf 3500 Streckenkilometern liege die Auslastung derzeit schon ohne Baustellen bei 125 Prozent. Bis Ende des Jahrzehnts drohe dieses hochbelastete Netz auf mehr als 9000 Kilometer anzuwachsen. Die aktuelle Qualität des Schienensystems sei für niemanden akzeptabel. Es brauche ein radikales Umsteuern.
Modernisierung zur Chefsache machen
Wissing sagte, er wolle die Modernisierung des Netzes zur Chefsache machen. Dafür soll im Ministerium eine Steuerungsgruppe eingerichtet werden, die auch als ein Frühwarnsystem über die Umsetzung berichten soll. Der Minister betonte, die notwendigen Mittel für das geplante Vorgehen würden sichergestellt. Nähere Angaben machte er nicht.
BGA: Hoher Stellenwert des Güterverkehrs für zukunftsfähige Schiene
Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) hat in einer ersten Reaktion auf das Eckpunktepapier dazu gemahnt, den Güterverkehr nicht zu vernachlässigen, sondern in der Strategie als gleichwertig zum Fahrgastverkehr zu behandeln.
„Das deutsche Schienennetz ist aktuell überlastet und veraltet“, so Carsten Taucke, Vorsitzender des Verkehrsausschusses des BGA. „Wie sollen Groß- und Außenhändler in Zukunft Transporte vom LKW auf die Schiene verlagern, wenn der Güterverkehr schon heute überlastet ist?"
Besonders wichtig finde sei, dass der Streckenausbau für den Güterverkehr einen ebenso hohen Stellenwert bekommt. „Sonst kann es keine zukunftsfähige Schiene geben.“
Er schlägt vor, stillgelegte Streckenabschnitte wieder in Betrieb zu nehmen: Demnach seien allein in den letzten 20 Jahren rund 6000 Trassenkilometer stillgelegt worden. „Die Reaktivierung von stillgelegten Streckenabschnitten erweitert das Schienennetz und damit die Nutzungsmöglichkeit des Schienengüterverkehrs.“ (mwi/dpa)