Stammdatenpflege: Wie moderne TMS-Systeme dabei helfen

Eine der drängendsten Herausforderungen in Spedition und Logistik ist die Digitalisierung, die Trends dieser Zeit lauten Automatisierung und/oder der Einsatz von KI-Methoden. Die schönste Digitalisierungsstrategie wird jedoch hinfällig, wenn man die Grundlage dafür nicht im Griff hat: die Stammdatenverwaltung. Aber was sind eigentlich Stammdaten? Das können im Logistikbereich nicht nur Adressen, sondern auch Fahrzeugdaten, Relationen, Tarife, Verpackungen und vieles mehr sein, zählt Uwe Matern auf. "Einfach gesagt: alles, was für meine zentralen Prozesse als Spediteur und in den Bereichen, in denen ich unterwegs bin, relevant ist." Als Spezialist für die Integration von Kunden und Logistik-IT-Systemen hat Matern in der Vergangenheit für Dachser und Kühne + Nagel sowie das Stückgutnetzwerk SIM Cargo gearbeitet und ist seit 2024 als selbstständiger Digitalisierungsberater bei der Beratung Beyond Logistics tätig. "Das fundamentale Kernproblem beim Thema Stammdaten lautet salopp gesagt: Bullshit in - Bullshit out", fügt sein Kooperationspartner Matthias Lehmann hinzu. Er hat über 20 Jahre in verschiedenen IT-Positionen bei Kühne + Nagel gearbeitet, bevor er sich als Digitalisierungsberater selbstständig gemacht hat und nun zusammen mit Matern bei Beyond Logistics arbeitet. "Wenn Stammdaten nicht ordentlich gepflegt sind, werde ich in der Konsequenz in den verschiedenen Prozessen nach hinten raus immer zusätzlichen Aufwand haben", umschreibt Lehmann die Relevanz der Stammdatenpflege. So bekommen Sie die Stammdaten in den Griff Überblick verschaffen: Was sind die für mein Geschäft relevanten Stammdaten und in welchen Systemen werden sie geführt? Identifizieren Sie redundante Daten/Dubletten/Unregelmäßigkeiten und bereinigen Sie diese - dabei helfen moderne TMS-Systeme Legen Sie klare Verantwortlichkeiten fest für die jeweiligen Stammdaten-Bereiche und nutzen Sie das Berechtigungsmanagement in Ihren Systemen Motivieren Sie Ihre Mitarbeitenden: Gepflegte Stammdaten bedeuten weniger Mehrarbeit und effizientere Prozesse! Viele Systeme sind veraltet Das Thema ist dabei komplexer, als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Es werde vor allem immer dann herausfordernd, wenn mehrere Systeme eingesetzt werden, die teils überlappende Funktionalitäten haben, sagt Matern. Ein großes Problem sei aber Folgendes: "Die Hauptsysteme in der Transport- und Logistikbranche sind vielerorts überaltert und können das Thema Adress-Validierung nicht ausreichend abbilden. Auch API-Services, die alles Mögliche gegenchecken, gab es vor 20 Jahren nicht", so Matern. Heute gibt es zum Glück die technischen Möglichkeiten, Stammdaten ordentlich zu pflegen. Ein Unternehmen, das diese Aufgabe sehr ernst nimmt, ist die Spedition Paul Schockemöhle Logistics. "Wir verarbeiten täglich mehrere Tausend Aufträge", sagt Andre Maruska, bei Paul Schockemöhle für die Integration und Weiterentwicklung des TMS-Systems zuständig. Zu allen Kunden seien dort über die reine Adresse hinaus spezielle Informationen hinterlegt, von der Erreichbarkeit der Ladestelle über Be- und Entladezeiten bis hin zum Ansprechpartner. "Umso wichtiger ist, dass bei der Auftragserfassung alles matcht und keine Dubletten entstehen, in denen dann wichtige Informationen wieder fehlen", so Maruska. Seit elf Jahren ist bei dem Logistikdienstleister das TMS SLS Transport des Softwarehauses SLS Works im Einsatz. Mit welchen Validierungsfunktionen das TMS dabei hilft, die Stammdaten gepflegt zu halten, und welche Zuständigkeiten dafür etabliert wurden, erläutert Maruska im Interview (siehe Box). Aber was sollten jene Unternehmen tun, die das Thema Stammdaten bislang eher stiefmütterlich behandelt haben? Wo sollte man anfangen? "Als Erstes sollte man sich einen Überblick verschaffen. Dazu gehört zuallererst: Was zählt in meinen Prozessen überhaupt zu den Stammdaten?", so Matern. Dann müsse man wissen, welche Stammdaten in welchem System geführt und gepflegt werden. Dann gehe es an die Bereinigung. "Ein gängiger Ansatz ist, die Daten in ein externes Programm zu exportieren, etwa als CSV-Datei, und dann abzugleichen", empfiehlt der Digitalisierungsberater. Ein weiterer wichtiger Aspekt: Wird im TMS ein Berechtigungsmanagement aktiv genutzt oder kann jeder Mitarbeitende neue Einträge vornehmen? "Ohne konsequent verfolgtes Berechtigungsmanagement setzt sich der Wildwuchs schließlich fort", so Lehmann. Er führt ein klassisches Beispiel an: der eine schreibt EP, ein anderer EPL, der nächste Euro-P. "Natürlich muss man beim Berechtigungsmanagement die richtige Balance finden", so Lehmann. Beim Abteilungsleiter einen Antrag für die Anlage einer neuen Verpackungseinheit zu stellen, wolle schließlich auch keiner. Die Stammdatenpflege endet logistiktypisch natürlich nicht an der eigenen Haustür. "Man muss dafür sorgen, dass jederzeit eine saubere Übersetzung der eigenen Codes in die Codes der anderen Beteiligten stattfindet", betont Matern. Das Zauberwort dafür laute intelligente Integration mittels Schnittstellen und API. "Das kann entweder durch den Einsatz eines modernen TMS erfolgen, welches diese Integrationsmöglichkeiten und entsprechenden Interfaces mitbringt", so Matern. Eine Alternative seien auch Integrations-Software oder -Plattformen, die als Middleware für genau diese Zwecke gemacht sind. Und was sollte ein TMS letztendlich können, um eine hohe Stammdatenqualität zu gewährleisten? Es sollte ausgefeilte Adressprüfungsmechanismen haben, und zwar für Europa beziehungsweise die Regionen, in denen man aktiv ist, so Matern. "Außerdem sollte die Prüfung in den Ebenen so weit heruntergehen, dass sichergestellt wird, dass ich bei den Adressen etwas abholen und abliefern kann." Moderne TMS arbeiten daher oft mit Geocodierung. Lehmann weist darüber hinaus auf die Fahrzeugdaten hin, die genauso essenziell wie Adressdaten seien. "Nicht nur für die Berechnung des CO2-Abdrucks, was immer wichtiger wird, sondern vor allem für den erfolgreichen Einsatz von automatisierter Tourenplanung", führt er aus. Sehr gut wäre auch das Vorhandensein von frei konfigurierbaren Validierungsregeln, um beispielsweise unlogische Eingaben bei der Sendungserfassung gleich abzufangen. Stammdatenpflege bei Paul Schockemöhle Logistics Wie unterstützt Sie Ihr TMS beim Stammdatenabgleich? Die Aufträge werden direkt an unser TMS übertragen oder der Kunde schickt eine Tabelle, die wir importieren. Der in SLS Transport integrierte DataComparer überprüft, ob es den Eintrag schon gibt beziehungsweise eine Adresse auffällige Ähnlichkeiten aufweist. Dann wird keine neue Adresse angelegt, sondern der bestehende, gepflegte Datensatz genommen. Die Parameter für die Suche nach Übereinstimmungen können dabei individuell eingestellt werden. Es gibt neben Adressen noch viele weitere relevante Stammdaten, etwa Lademittel. Wie stellen Sie sicher, dass diese einheitlich im System landen? Über ein hartes Daten-Mapping in den Schnittstellen. Wenn der Kunde etwa "EP" als Ladungsträger angibt, in unserem System für Europaletten aber eine andere Bezeichnung verwendet wird, stellen wir über die Schnittstellenbeschreibung sicher, dass dieser Lademitteltyp trotzdem korrekt erfasst wird. Nehmen Sie Stammdatenbereinigungen vor? Das macht unser Stammdaten-Team sogar einmal im Monat. Im TMS ist ein Tool integriert, mit dem man sich Vorschläge zum Abgleich von Adress-Dubletten rauslesen kann. So können wir auch im Nachhinein Datensätze zusammenführen und dauerhaft für saubere Stammdaten sorgen. Das ist das eine. Das andere ist aber auch die schlichte Menge an Daten, die ein System mit der Zeit anhäuft. Wir haben auch schon einmal in Zusammenarbeit mit unserem TMS-Dienstleister Datensätze, die jahrelang nicht mehr genutzt wurden, bereinigt. Wo ist das Thema Stammdaten in Ihrem Unternehmen aufgehängt? In einer übergreifenden Stabstelle, die aus verschiedenen Key Usern der Abteilungen besteht. Eine Person aus der Disposition etwa hat ein Auge auf die Fahrzeugstammdaten, eine auf die Abrechnungsstammdaten, eine andere kümmert sich um Adressdaten. Diese Mitarbeitenden befassen sich auch nicht 24/7 mit der Stammdatenpflege. Wichtig ist, das Thema mit eindeutigen Zuständigkeiten in die Abteilungen hineinzutragen - denn sonst wird es nicht gemacht. Die Mitarbeitenden mitnehmen Die passende Technik zu implementieren ist das eine - aber irgendwer muss sich schließlich auch um die Stammdatenpflege kümmern. "Leider sind Stammdaten auch das Thema, bei dem sich alle gern wegducken. Hier braucht es aber klare Governance und Verantwortlichkeiten", betont Matern. Er empfiehlt, das Thema in einer Abteilung aufzuhängen, die nicht nur für die operativen Prozesse zuständig ist, sondern übergreifenden Charakter hat. Die Verantwortlichkeit sollte mindestens bei zwei Personen liegen, fügt Lehmann hinzu. "Da geht es nicht nur um das Vier-Augen-Prinzip, sondern auch um die Gewährleistung von Vertretungsregelungen", so der Berater. Sein Partner betont abschließend, bei den Mitarbeitenden für das Potenzial guter Stammdaten zu werben. "Wenn ich die Stammdaten im Griff habe, bekomme ich bessere Integration, bessere Automatisierung und weniger manuelle Aufwände. Diese Aussichten können Motivation genug sein, das Thema Stammdaten konsequenter anzugehen", so Matern.

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