Moskau. Ab dem 15. November 2015 gilt in Russland eine landesweite Maut für Lkw über zwölf Tonnen zulässiges Gesamtgewicht auf föderalen Fernstraßen. Für den 15. Oktober ist die Eröffnung von 138 Kundenzentren angesetzt, wo sich Unternehmen registrieren und die Gebühr im Voraus zahlen können. Das russische Lkw-Mautsystem hört auf den Namen „Platon“ – eine Abkürzung der Worte „plati sa tonnu“ (zu Deutsch: „zahle pro Tonne“).
Allerdings unterscheidet Moskau nicht nach der zulässigen Nutzlast der Fahrzeuge und dem Gewicht der real geladenen Fracht: Zur Kasse gebeten werden Halter von Lastwagen über zwölf Tonnen zulässiges Gesamtgewicht für alle Fahrten über föderale Fernstraßen (mit Ausnahme ohnehin mautpflichtiger Strecken). Davon gibt es in Russland knapp über 50.000 Kilometer. Befreit von der Lkw-Maut sind lediglich Einsatzfahrzeuge von Rettungsdiensten, Polizei und Feuerwehr sowie das Militär.
Der Tarif beträgt nach den gegenwärtigen Plänen 3,73 Rubel pro Kilometer (zirka 5 Cent). Auf diese Weise soll Platon jedes Jahr etwa 40 Milliarden Rubel (rund 560 Millionen Euro) in den staatlichen Straßenbau-Etat spülen. Begründet wird die Einführung der Lkw.Maut mit den durch den Güterverkehr verursachten Straßenschäden. Möglicherweise wird der Tarif in den nächsten Tagen auf Regierungsebene noch minimal korrigiert: Das russische Verkehrsministerium plädiert auf eine Herabsetzung auf 3,60 Rubel.
Informationszentren an den Grenzen
Wie das russische Verkehrsministerium mitteilte, öffnen am 15. Oktober insgesamt 138 Benutzerinformationszentren in allen russischen Regionen und an den wesentlichen Grenzübergängen. Am selben Tag nimmt das Steuer- und Überwachungszentrum von Platon in Twer die Arbeit offiziell auf. Dabei erfolgt auch die formelle Übergabe des in Russland entwickelten Systems von der privaten Investorengesellschaft „RT-Invest Transportnye Sistemy“ an den Staat.
Die Kontrolle der Mautzahlung soll zum einen über stationäre Systeme erfolgen. Allerdings werden von den 481 im Konzessionsvertrag vorgesehenen Mautbrücken zum Lkw-Maut-Start nur 20 in Betrieb sein. Darüber hinaus sollen aber 100 Kontrollfahrzeuge auf den russischen Fernstraßen patrouillieren, heißt es. Mautsünder sollen mit Strafen zwischen 5000 Rubel (rund 70 Euro) für Fahrer und einer Million Rubel (rund 14.000 Euro) für Unternehmen bei wiederholten Verstößen belegt werden.
Zur Bezahlung und Abrechnung der Maut gibt es mehrere Wege: Die meisten russischen Spediteure dürften sich für die Installation einer On-Bord-Unit entscheiden. Die Geräte leihen die Kundenzentren nach Abschluss eines entsprechenden Vertrags kostenlos aus, heißt es. Dann muss der Fahrzeughalten nur dafür sorgen, dass sein Mautkonto ständig hinreichend gefüllt ist, damit das System bei gebührenpflichtigen Fahrten die entsprechenden Abbuchungen vornehmen kann.
Zahlung auch am Terminal und per App möglich
Für seltene oder einmalige Fahrten, unter anderem von ausländischen Fahrzeugen, dient hingegen die Vorabbezahlung einer sogenannten Wegekarte (marschrutnaja karta). Da 35 der vorgesehenen 138 Kundenzentren an russischen Grenzübergängen installiert werden, können Lkw-Fahrer die Formalitäten und Zahlungen vor Ort erledigen. Ein Abweichen von der angemeldeten Fahrtroute ist dann aber nicht zulässig.
Wer hingegen auf der Webseite www.platon.ru (bisher nur auf russisch zugänglich) sein Unternehmen und Fahrzeuge registriert hat, kann die Lkw-Maut-Zahlung auch über Selbstbedienungsterminals oder eine Mobil-App abwickeln. Für ausländische Nutzer gibt es ein russisch- und englischsprachiges Callcenter (erreichbar unter der Telefonnummer: +7/495/540-02-02).
Russische Fuhrunternehmen schimpfen über Mehrkosten
Unter Russlands Speditions- und Transportunternehmern regt sich wegen der zu erwartenden Mehrkosten Widerstand gegen das Lkw-Maut System: Der Regionalverband der sibirischen Transporteure SAAP appellierte in einem offenen Brief an Präsident Wladimir Putin, die Einführung der Straßenbenutzungsgebühr bis 2019 zu verschieben. Außerdem müsse das System mit einer gebührenfreien Testphase von mindestens sechs Monaten in Betrieb genommen werden und statt Vorkasse eine Bezahlung nach erfolgter Fahrt vorsehen.
Die sibirischen Fuhrunternehmen kritisieren auch den Umstand, dass die vorgesehenen Strafen trotz der zu erwartenden Startschwierigkeiten des Systems bereits ab dem 15. November in voller Höhe erhoben werden sollen. Auf einer Versammlung in Nowosibirsk wurde die Einführung von „Platon“ als existenzgefährdend und „Frage von Leben und Tod“ bezeichnet. (ld)